#In alter Freundschaft
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„In alter Freundschaft“
Im Bundestagswahlkampf haben sich Grüne und SPD geweigert, ein Bündnis mit der Linkspartei auszuschließen. Politiker beider Parteien sprachen damals zwar offen darüber, dass es in den Feldern der Außen- und Verteidigungspolitik schwierig werden dürfte, auf einen Nenner zu kommen. In diesen Tagen sind Grüne und Sozialdemokraten erleichtert, dass diese Option nicht auf dem Tisch lag. Das sehen auch Politiker der Linken so. „Wenn wir jetzt in der Regierung wären – das wäre eine absolute Katastrophe“, sagte der Außenpolitiker Gregor Gysi Anfang März der Zeitung „Die Welt“. Sahra Wagenknecht konnte da nicht zustimmen. Sie hielt es auch drei Wochen nach Kriegsbeginn für „wünschenswert, wenn es in der deutschen Regierung mehr Kräfte gäbe, die jetzt nicht auf Hochrüstung, sondern auf Verhandlungen und Deeskalation setzen würden“.
Die Linkspartei war schon vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine in einem desolaten Zustand. Den internen Streit haben auch die beiden neuen Parteivorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow nicht in den Griff bekommen, bei Landtagswahlen in Ostdeutschland verzeichnete die Partei herbe Verluste, in den Bundestag zogen sie im September nur noch dank dreier Direktmandate ein. Der Kriegsbeginn wirkte wie ein Katalysator. Die Kluft zwischen den Pragmatikern und den Ideologen in der Partei riss noch weiter auf, öffentliche Beschimpfungen wurden ausgetauscht. Die erste Quittung kam bei den Wahlen im Saarland: Die Partei verlor mehr als zehn Prozentpunkte und flog aus dem Landtag.
Es war absehbar, dass die Linke sich in dieser Frage nicht einig sein würde
Dabei hatte sich die Parteispitze direkt nach dem Einmarsch der russischen Truppen bemüht, gegenüber Russland einen neuen Ton anzuschlagen. Am Vormittag des 24. Februar verurteilten die beiden Parteichefinnen zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch die Bombenangriffe und den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine „auf das Schärfste“. „Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen.“ In der Bundestagsdebatte am 27. Februar, in der Kanzler Scholz die „Zeitenwende“ verkündete, bekannte Mohamed Ali, Putin falsch eingeschätzt zu haben, und signalisierte Bereitschaft für Sanktionen.
Es war absehbar, dass die Linke sich in dieser Frage nicht einig sein würde, auch wenn es an den ersten Tagen nach Kriegsbeginn relativ ruhig blieb. Doch schon wenige Tage später veröffentlichte eine Gruppe von Linken-Abgeordneten um Wagenknecht eine Erklärung, die nicht nur die geplanten Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland kritisiert, sondern auch der amerikanischen Politik, insbesondere der Entscheidung einer NATO-Ost-Erweiterung, eine „maßgebliche Mitverantwortung“ für die Eskalation zuschreibt. Gysi warf diesen Abgeordneten „völlige Emotionslosigkeit hinsichtlich des Angriffskrieges, der Toten, der Verletzten und dem Leid“ vor. Sie seien nur daran interessiert, ihre „alte Ideologie in jeder Hinsicht zu retten“. Wagenknecht wiederum zeigte sich „entsetzt“ über diesen Brief.
Eine Folge des Antiamerikanismus
Kurz darauf gab der Ältestenrat der Linkspartei eine Mitteilung heraus, in der zu lesen war: „Die Frage, wie weit der Krieg in der Ukraine nun ein Einmarsch russischer Truppen ist oder sich als ein innerer Bürgerkrieg der Kräfte in den neuen Ost-Staaten und faschistischen Elementen im Westen der Ukraine darstellt, steht im Raum.“ Hans Modrow, Vorsitzender des Gremiums und früherer DDR-Ministerpräsident, hatte den Satz aufgeschrieben – unabgestimmt, wie es hieß. Er wurde später verändert, die Parteivorsitzenden kündigten an, den Ältestenrat der Partei neu aufzustellen.
Solche Beispiele zeigen, dass die Linke auch nach massenhaften Kriegsverbrechen in der Ukraine unfähig ist, mit ihrer Russland-freundlichen Tradition zu brechen. Mit der Sowjetunion verbinden viele Linke nach wie vor in einer Linie die Befreiung vom Nationalsozialismus. Vor allem in Westdeutschland ist die Zuwendung zu Russland auch eine Folge des Antiamerikanismus, der seit dem Vietnamkrieg grassierte. Diese Feind-und- Freund-Bilder lebten im Spektrum der heutigen Linkspartei auch nach Wiedervereinigung und später dem Zusammenschluss von WASG und PDS fort. Im Programm für die Bundestagswahl 2021 forderte die Linke die Auflösung der NATO, die durch „ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands“ ersetzt werden soll. Angestrebt wird eine „Politik der Entspannung gegenüber Russland statt weiterer Eskalation und Truppenaufmärsche oder Manöver an dessen Westgrenze“. Die Linke wirft der NATO vor, in ihren Strategiepapieren Russland und China als Feindbilder zu beschreiben. „Wir stellen uns gegen alle Formen des Imperialismus.“
Noch zwei Wochen vor Kriegsbeginn hatten etliche Linke, unter ihnen Gysi, den Aufruf mit der Überschrift „Friedenspolitik statt Kriegshysterie“ unterzeichnet. Darin heißt es, die „einseitige Schuldzuweisung an Russland“ vonseiten westlicher Regierungen und Medien nehme zunehmend „den Charakter von Kriegspropaganda“ an. Trotz der Militärmanöver in der Nähe zur Ukraine habe Russland kein Interesse an einem Krieg. Diese Position hatte Wagenknecht auch noch wenige Tage vor Kriegsausbruch in einer Talkshow verkündet.
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