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#Intensivmediziner fordern bessere Koordinierung von Klinik-Kapazitäten

Intensivmediziner fordern bessere Koordinierung von Klinik-Kapazitäten

Angesichts exponentiell steigender nachgewiesener Infektionen mit dem Sars-Cov2-Virus fordern führende Intensivmediziner, die Verlegung von Covid-Patienten besser zu koordinieren. Götz Geldner, der Präsident des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten verlangt eine durchdachte Verlegungsplanung. „Anders als in der ersten Pandemie-Welle wollen wir ja den Regelbetrieb in den Krankenhäusern zu 60 bis 70 Prozent aufrechterhalten, das heißt, wir müssen die Kapazitäten für Covid-Patienten viel besser koordinieren.“ Es gebe zwar das Divi-Intensivregister, in dem die Kliniken freie Intensiv- und Beatmungsbetten tagesaktuell meldeten, das sei aber nur eine unzulängliche Bestandserhebung.

Rüdiger Soldt

Nach Ansicht von Hartmut Bürkle, dem Direktor der Klinik für Intensivmedizin und Anästhesiologie am Universitätsklinikum Freiburg, kann ein gutes Verlegungsmanagement einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, um die Letalität unter schwerkranken Covid-Patienten deutlich zu senken: „Die nachweisbare Übersterblichkeit in der ersten Pandemie-Phase lag auch daran, dass kritisch Erkrankte nicht gezielt genug auf die Zentren mit der größten Behandlungskompetenz verteilt wurden.“ Das sind in Baden-Württemberg neben den fünf Universitätskliniken etwa 40 weitere Zentren mit entsprechenden Kompetenzen zur Beatmung von Patienten mit schwerem Lungenversagen und zur Sauerstoff-Anreicherung außerhalb des Körpers.

Diese Kliniken, so Bürkle, hätten auch die Kompetenz, Covid-19 permanent „klinisch-wissenschaftlich“ zu analysieren. „Wir können die Letalität von Covid-19-Patienten in der Intensivmedizin – im Vergleich zur ersten Pandemie-Welle – um bis zu 50 Prozent reduzieren, wenn wir alle unsere bisherigen Erkenntnisse zur Therapie dieser Systemerkrankung einsetzen und für eine gute Verteilung dieser Patienten sorgen“, sagte Bürkle der F.A.Z.

Beatmung per se sei kein Qualitätsmerkmal, sie helfe zunächst nur, die vitalen Funktionen der kritisch Erkrankten zu stützen. „Schwer erkrankten Covid-19-Patienten hilft nur ein Intensivbett, das auch ein Intensivbehandlungsbett ist.“ Das stehe in hochspezialisierten Kliniken und nicht in kleinen Krankenhäusern.

Beim Intensivpflegepersonal herrscht weiter Personalknappheit

Geldner, Bürkle und viele seiner Kollegen halten nicht nur das Divi-Register, sondern auch die Koordinierung durch die Oberleitstelle im Rettungswesen für unzulänglich; seit Wochen kursiert in den Unikliniken und Ministerien ein Strategiepapier „COfit“ zu der Problematik. Den baden-württembergischen Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) konnte das Papier, das der F.A.Z. vorliegt, nicht zu einer Strategieänderung bewegen. Ein Sprecher des Ministeriums teilte hierzu mit: „Die Krankenhäuser in Baden-Württemberg haben bislang mit dem aufgezeigten Weg die Pandemie sehr gut bewältigt und auch die Koordinationsaufgaben sind ausreichend erfüllt.“

Die Online-Flatrate: F+


Dass die Ärzte so stark auf eine bessere Koordinierung dringen, hat verschiedene Gründe: Beim Intensivpflegepersonal herrscht weiter Personalknappheit, die Stationen sind mit bis zu 30 Prozent unterbesetzt. Sie können deshalb häufig alle an das Divi-Register gemeldeten Intensiv- und Beatmungsbetten gar nicht im vollen Umfang pflegerisch betreuen, jedenfalls dann, wenn sie weiterhin Patienten im Regelbetrieb versorgen wollen.

Bei der Beibehaltung des normalen OP-Programms können jetzt, anders als im März und April, zum Beispiel OP-Pfleger und Anästhesiepfleger aus den Operationssälen nicht auf den Intensivstationen aushelfen. Leider hätten nicht alle Bundesländer, anders als Bayern oder Hessen, besondere Covid-Therapiezentren ausgewiesen, sagt Geldner.

Patienten sollen in fünf Kategorien eingeteilt werden

„Wenn wir die Patienten gut versorgen wollen, dann müssen wir sie gut verteilen. Es ist im Moment fraglich, ob uns das im November und Dezember noch gelingt.“ Als vorbildlich gilt bei diesem Thema ausnahmsweise mal das Land Berlin, wo die Krankenhäuser bezüglich der Therapie von Covid-Patienten zumindest in drei Kategorien unterteilt wurden.

Geldner und Bürkle schlagen vor, Covid-Patienten in fünf Kategorien einzuteilen: Schwerkranke Patienten, die beatmet werden müssen und deren Blut zusätzlich außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert werden muss. Covid-Patienten, für die eine Beatmung ausreichend ist. An dem Virus erkrankte Menschen, die auf einer normalen Isolierstation behandelt werden müssen. Patienten, die infiziert sind und schwache Symptome aufweisen, die aber wegen einer anderen Erkrankung behandelt werden müssen. Und schließlich „Post-Covid-Kranke“, die den Infekt überstanden haben, aber noch ansteckend sind.

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Die Verlegung in spezielle Reha-Heime ist wichtig, um in den Covid-Versorgungszentren Kapazitäten freizuhalten. „Die Koordinierung funktioniert allein über kollegiale Absprachen nicht, dazu muss es einen Koordinator mit Durchgriffsrechten am besten auf der Ebene jedes Landes geben“, sagte Geldner.

Das Problem der zweiten Pandemie-Welle sei nicht ein Mangel an Geld oder an Beatmungsgeräten, dramatische Engpässe gebe es beim Intensivpflegepersonal. Deshalb muss es nach Auffassung von Bürkle und Geldner wesentlich mehr Corona-Schnelltests geben, weil die Kliniken der Maximalversorgung und die Unikliniken es sich nicht leisten können, Ärzte, Physiotherapeuten und Pfleger bei einem Sars-Cov2-Verdacht bis zu sechs Tage in Quarantäne zu schicken.

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