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#Die Friedensbewegung ließ sich von Moskau instrumentalisieren

So viele Demonstranten wie in den 1980er-Jahren werden sich an den Ostermärschen in den nächsten Tagen nicht beteiligen. Damals nahmen 200.000 Friedensbewegte an den Märschen in der Bundesrepublik teil. Darunter waren Christen, Grüne, Sozialdemokraten, Gewerkschafter. Gesteuert aber war die Sache von Moskau. Die Sowjetunion hatte die atomar bestückbare Langstreckenrakete SS-20 entwickelt, die alle wichtigen Ziele in den NATO-Staaten Europas vernichten konnte. Nun wollte sie diesen Rüstungsvorsprung verteidigen und die Nachrüstung durch Pershing-II-Raketen und Cruise Missiles verhindern.

Dafür sollte die Öffentlichkeit in Westeuropa, nicht zuletzt in der Bundes­repu­blik, so beeinflusst werden, dass die Nachrüstung politisch nicht durchsetzbar sein würde. So wurde im Oktober 1979 in Moskau eine Kampagne gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen beschlossen. Im Dezember wurden die Bruderparteien im Westen instruiert, taktische Bündnisse mit den Sozialdemokraten einzugehen. So konnte der Eindruck verwischt werden, die Friedensbewegung sei von Kommunisten gesteuert.

Wie die DKP ein breites Bündnis schmiedete

In der Bundesrepublik kam die Aufgabe der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) zu, die das Geld von der DDR beziehungsweise der Sowjetunion erhielt. Die kleine Partei konnte über Vorfeldorganisationen wie der „Deutschen Friedens-Union“ die Ostermarsch-Bewegung steuern, indem sie die Zentrale Informationsstelle der Friedensbewegung in Frankfurt und die regionalen Koordinierungsbüros mit ihren Gefolgsleuten besetzte.

Die Meisterleistung der DKP – und damit Ostberlins und Moskaus – war jedoch der Krefelder Appell von 1981. Ihn organisierte der ehemalige Wehrmachtoberst Josef Weber, der 1985 den Lenin-Preis der Sowjetunion erhielt. „Der Atomtod bedroht uns alle“ lautete das Motto des Appells, der die sowjetische „Vorrüstung“ verschwieg. Bis 1983 unterzeichneten ihn mehr als vier Millionen Menschen. Verfasst wurde er neben Weber vom ehemaligen Bundeswehrgeneral Gert Bastian, der zusammen mit der grünen Ikone Petra Kelly als Feigenblatt für die Aktion herhielt. Bastian war auch einer der „Generale für den Frieden“, eine Organisation, die vom Stasi-Agenten und „Friedensforscher“ Gerhard Kade gegründet wurde, der als Agent „Robust“ auch für den KGB tätig war.

Der DKP gelang es, ein breites Bündnis zu schmieden, dem große Teile der linken SPD angehörten. Bundeskanzler Helmut Schmidt fand für die Nachrüstung kaum noch Unterstützung in der eigenen Partei. Zwar war die Bundestagsfraktion der SPD wenig erbaut davon, dass der SPD-Vordenker Erhard Eppler an der von der DKP gesteuerten Friedensdemonstration am 10. Oktober 1981 in Bonn teilnahm. Doch Parteichef Willy Brandt nahm Eppler in Schutz.

Während der Ostermärsche der folgenden Jahre sprachen Sozialdemokraten immer wieder gemeinsam mit Kommunisten auf Kundgebungen, auch Gerhard Schröder, der damalige Chef des SPD-Bezirks Hannover. Bei der Großkundgebung im Oktober 1983 in Bonn traten Willy Brandt und ein DKP-Mitglied auf. Man suche keine Bündnisse, laufe aber auch nicht aus der Friedensbewegung davon, „weil dort auch ein paar Kommunisten beteiligt sind“, sagte er.

Der Versuch, alte Erfolgsmuster neu zu nutzen

Der nächste Bundeskanzler Helmut Kohl setzte freilich den Nachrüstungsbeschluss durch. Und in der DDR wurde unter anderen Vorzeichen eine eigene Friedensbewegung stark, die Anteil am Zusammenbruch des SED-Regimes hatte. Nach der Wiedervereinigung herrschte Flaute bei den Ostermärschen. Auf der Abschlusskundgebung 1995 in Frankfurt wurden noch 70 Teilnehmer gezählt.

Zwei Männer trugen zu einer Renaissance bei. George W. Bush war mit dem Irakkrieg 2003 eine Art Glücksfall für die Friedensbewegung, die in der Bedeutungslosigkeit zu versinken drohte. Der zweite ist Wladimir Putin, der die antiwestliche Propaganda mithilfe der extremen Rechten und Linken in den Demokratien des Westens verstärkte. Anders als in den 1980er-Jahren, als die „Deutsche Volkszeitung“, der Verlag Pahl-Rugenstein oder die „Blätter für deutsche und internationale Politik“ die sowjetische Propaganda transportierten, setzte das Putin-Regime auf digitale Desinformation.

In der SPD glaubten zudem viele weiter an die „Friedenspolitik“ Putins. In seinen 2015 veröffentlichten Erinnerungen schrieb Erhard Eppler, Putins Aggression in der Ostukraine sei Ausdruck „einer energischen und teilweise erfolgreichen Defensive“. Krim-Annexion und Putins Krieg im Donbass sah Eppler „als defensive Antwort auf den erkennbaren Versuch der Nato, sich bis nach Zentralrussland auszudehnen und damit die rote Linie Russlands zu überwinden“.

Manche versuchten, alte Erfolgsmuster zu nutzen. Im November 2021 wurde ein „Neuer Krefelder Appell“ veröffentlicht, der sich unter der Überschrift „Den Kriegstreibern in den Arm fallen“ gegen die USA und die NATO richtete. Als Unterzeichner finden sich dort der „Querdenker“ Michael Ballweg, der für Verschwörungstheorien bekannte Journalist Mathias Bröckers oder der Theologe Eugen Drewermann. Der Appell fand nur gut 6000 Unterzeichner.

Im Angesicht von links-rechter Querfront und dem Krieg in der Ukraine zeigt sich die Friedensbewegung gespalten. In Potsdam hat sich die Linkspartei dieser Tage von der dortigen „Friedenskoordination“ losgesagt, weil sie die Linken-Abgeordnete und Russland-Apologetin Sevim Dagdelen als Rednerin eingeladen hatte. Und in Hamburg nehmen der DGB und Linke nicht am Ostermarsch teil, weil die Initiatoren Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen und den russischen Angriffskrieg nicht verurteilen.

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