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#Jetzt trifft England auch noch die Hafenkrise

Jetzt trifft England auch noch die Hafenkrise

Auch das noch: Die weltgrößte Reederei Maersk steuert den wichtigsten britischen Containerhafen Felixstowe mit ihren Großschiffen nicht mehr an, sondern lenkt sie zum Kontinent um. Felixstowe ist mit einem Rückstau an Containern verstopft, weil es auf der Insel an Lastwagenfahrern mangelt und Arbeiter in Corona-Quarantäne festsitzen. Nun wächst die Sorge, dass sich die Logistikkrise verschärft. Schon ist die Rede davon, dass zum Weihnachtsfest Geschenke nicht mehr rechtzeitig ankommen. „Es wird dieses Weihnachten Lücken in den Regalen geben“, sagt ein Logistikmanager.

In dem südenglischen Hafen Felix­stowe werden normalerweise 36 Prozent der Containerschiffsladungen für die Insel gelöscht. Spielzeuge aus Asien, Elektronik, Möbel, Fahrräder und Haushaltsgeräte kommen hier an, insgesamt 2000 Schiffe im Jahr. Maersk-Manager Lars Mikael Jensen erklärte jetzt die Kehrtwende: „Wir mussten die Operationen stoppen, weil es keinen Platz mehr gab, um die Fracht zu entladen.“

Auch in anderen Seehäfen auf der Welt von China bis Amerika und Europa ist die Lage angespannt. Auch Hamburg und Rotterdam haben zeitweise gemeldet, dass sich Schiffe stauen. Felixstowe sei aber eines der drei am schwersten betroffenen Terminals der Welt, heißt es von Maersk. Jetzt wird die Reederei ihre Riesenschiffe nach Rotterdam oder Antwerpen umleiten und dann die Ladung mit kleineren Schiffen auf die Insel weitertransportiert. Der Umweg kostet zusätzlich Zeit und Geld.

Etwa 100.000 Lastwagenfahrer fehlen

Nach Angaben aus Felixstowe dauert es derzeit bis zu zehn Tage, bis Ladungen gelöscht und auf Lastern weitertransportiert werden können. Die Regierung von Boris Johnson versuchte am Mittwoch, Ängste zu zerstreuen. Tory-Parteichef Oliver Dowden rief die Briten auf, „ganz normal für Weihnachten einzukaufen“. Die Situation in den Häfen bessere sich schon. Nach Angaben des Betreiberunternehmens Associated British Ports, dem 21 Häfen einschließlich Cardiff, Hull und Southampton gehören, laufen alle seine Standorte „derzeit ohne Verzögerungen oder Unterbrechungen“. Allerdings häufen sich die Berichte über Staus. Auch in den Häfen Dover und Portsmouth, über die viele Lebensmittel aus Europa nach Britannien eingeführt werden, macht der Fahrermangel zu schaffen.

Die Logistikkrise ist im Vereinigten Königreich seit einigen Wochen ein Dauerthema. Etwa 100.000 Lastwagenfahrer fehlen, teils weil Ausländer nach dem Brexit wegzogen, teils wegen coronabedingt ausgefallener Ausbildungen, teils weil Fahrer in Rente gehen oder sich andere Stellen suchen. Die Logistikketten sind nun zum Zerreißen gespannt. Ende September brach die Versorgung an Tankstellen für zwei Wochen zusammen, nachdem Millionen Autofahrer panikartig die Zapfsäulen des Landes gestürmt hatten. Inzwischen sind neun von zehn Tankstellen wieder normal befüllt, doch noch immer gibt es vereinzelt geschlossene Zapfsäulen, vor allem in London und im Südosten des Landes.

Manche Familie kauft jetzt schon Truthahn oder Braten

Die Lebensmittelindustrie und die Supermärkte klagen besonders über die angespannten Liefersituation und steigenden Kosten. In vielen Geschäften sind nicht alle Regale komplett gefüllt. Mal fehlen eine paar Paletten Mineralwasser, mal Milchflaschen; Lücken gibt es auch bei frischem Obst und Gemüse, seltener bei Fleisch. Manager der großen vier Supermarktketten Tesco, Sainsbury’s, Asda und Morrison, aber auch der deutschen Rivalen Aldi und Lidl, wollen sich nicht gerne öffentlich zu Lücken äußern. Hinter vorgehaltener Hand klagen einige, wie sie mit Beschaffungs- und Lieferengpässen kämpfen. Intern gibt es durchaus Sorgen, dass in der Vorweihnachtszeit ein Sturm von Kunden die Märkte überwältigen könnte. Manche Familie kauft jetzt schon Truthahn oder andere Braten und lagert sie in Tiefkühltruhen. Zwei Drittel der Briten sind laut einer Umfrage des Grocer-Magazins besorgt, dass es zum Fest Engpässe geben werde.

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Bislang hält sich die von manchen beschworene Lebensmittelkrise noch in Grenzen. Das Statistikamt ONS befragte dazu Anfang Oktober 3300 Bürger. Die Mehrheit (57 Prozent) berichtete, dass sie alles kaufen konnte, was sie brauchte. Knapp die Hälfte berichtet aber von einer etwas reduzierten Auswahl. Jeder siebte Befragte musste mehr als ein Geschäft besuchen, um alles einzukaufen, was er brauchte.

Unternehmen weichen auf die Schiene aus

Laut Angaben der Einzelhandelsanalysten von NielsenIQ können die großen Supermärkte in normalen Zeiten 98,5 Prozent aller Produkte immer vorrätig halten, zeitweilig fiel diese Verfügbarkeitsquote aber auf 95 bis 90 Prozent. Die Situation sei „ein bisschen verrückt“, sagt Ben Morrison, der Chef der Einzelhandelsanalysten. Laut einer Nielsen-Berechnung hatten die vier großen Supermarktketten in den ersten neun Monaten des Jahres 2 Milliarden Pfund Umsatzeinbußen wegen fehlender Lieferungen. Kleine Geschäfte nehmen teils Importprodukte aus Europa aus dem Sortiment, weil die seit dem Brexit nötigen Zollerklärungen zu aufwendig waren.

Am Mittwoch gaben neue Wachstumszahlen vom August der britischen Wirtschaft etwas Zuversicht. Die noch im Sommer prognostizierte Erholung um 7 Prozent im Gesamtjahr erscheint aber kaum noch erreichbar. Angesichts der Logistikprobleme auf der Straße weichen manche Unternehmen auf die Schiene aus. Die Supermarktkette Tesco kündigte an, dass sie vermehrt Güter per Zug transportieren wird.

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