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#Kaiserslautern reißt sich selber ab

Kaiserslautern reißt sich selber ab

Wer eine solche Aufforderung ignoriert, muss sich seiner Machtposition sicher sein, sehr sicher sogar. Am 22. März hatte der Stadtrat von Kaiserslautern mit Vierfünftelmehrheit gefordert, den Abriss eines Schlüsselbaus des bedeutenden Architekten und städtischen Oberbaudirektors Hermann Hussong für einige Wochen auszusetzen. Damit sollte Zeit gewonnen werden, um zu prüfen, wie er womöglich noch zu retten wäre. Doch die Abbrucharbeiten am sogenannten Kolonnengebäude des Roten Kreuzes wurden im Auftrag der Investoren, die dort große Neubauten mit Wohnungen errichten wollen, unbeeindruckt fortgesetzt. Erst bauten Handwerker einzelne wertvollere Sandsteinelemente der Fassade des Gebäudes aus, dann wurde die Heizung demontiert, und am Freitag rissen Bagger das Dachgeschoss ein. Kurz, das Kolonnenhaus – eine bemerkenswerte Kombination von Heimatstil und Neuer Sachlichkeit – ist eine Ruine, seine Rettung nunmehr nahezu unmöglich. „Fakten schaffen“, sagt man dazu.

Matthias Alexander

Rein rechtlich ist an dem Vorgehen auf den ersten Blick nichts auszusetzen, eine Abrissgenehmigung liegt vor. Dass es sich dennoch um einen Skandal handelt, liegt an der politischen Dimension des Falles. Präsident des DRK in Kaiserslautern, das als Ko-Investor der Neubauten auf seinem Areal in Erscheinung tritt, ist Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD). Und der ist in seinem politischen Amt Chef der Verwaltung und somit der Unteren Denkmalschutzbehörde. Diese wiederum hat verabsäumt, 1996 dafür zu sorgen, dass der fraglos denkmalwürdige Hussong-Bau in die Denkmalliste aufgenommen wurden, und sie ist auch später nicht tätig geworden, obwohl ein Blick auf das Gebäude oder ersatzweise in die Bauakten gereicht hätte, um es als Hussong zu identifizieren.

Das uninformiert gelassene Stadtparlament winkte 2016 einen Bebauungsplan für eine extrem verdichtete und somit lukrative Ausnutzung des Grundstücks durch, die den Abriss des Hussong-Baus voraussetzte. Erst die Intervention des Architekturhistorikers Matthias Schirren von der TU Kaiserslautern hob vor kurzem ins allgemeine Bewusstsein, welcher bauhistorische Verlust drohte. Daraufhin forderte die Koalition von CDU, Grünen und Freien Wählern vor einer Woche im Stadtrat eine Neubewertung der Lage, und in einer ungewöhnlichen Solidaritätsaktion schloss sich auch die Linke der Mehrheit an.

Das Deutsche Rote Kreuz bleibt unbeeindruckt

Das geschah in einem durchaus konstruktiven Geist, man verkündete, den Abriss nur für den Fall verhindern zu wollen, dass sich in vertretbarer Zeit eine vernünftige Ersatzlösung fände. So kam die Idee auf, in der Kolonne ein Jugendhaus anzusiedeln und den Investoren im Gegenzug dessen bisheriges Areal zur Bebauung anzubieten. Die städtische Wohnungsgesellschaft signalisierte, einen Teil der Räumlichkeiten für eine Hussong-Ausstellung nutzen zu wollen.

Als sich im Lauf der vergangenen Woche abzeichnete, dass sich der Oberbürgermeister, das DRK und dessen Ko-Investoren auf solche Überlegungen nicht einlassen wollten, sondern den Abriss fortsetzten, erhöhten die fünf in dieser Sache vereinigten Fraktionen am Donnerstag den Druck. In einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärte Tobias Wiesemann, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, das Bebauungsplan-Verfahren für das DRK-Grundstück noch einmal aufrollen zu wollen. Und der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Littig deutete an, für den Fall, dass der Kolonnen-Bau ohne weiteres abgerissen werde, seine Energie in die Aufklärung der Hintergründe in den Geschäftsbeziehungen zwischen dem Oberbürgermeister-Präsidenten und den Ko-Investoren und deren Umfeld zu stecken. Die zeigten sich unbeeindruckt, wie die Fortsetzung der Abrissarbeiten am Freitag zeigte.

Zur Investoren-Gruppe, die unter dem Namen Innovative Wohnbau auftritt, gehört auch der Bauträger F.K. Horn. Und damit ist die baukulturelle Dimension des Falls berührt. Das Unternehmen, das in Kaiserslautern bemerkenswert oft zum Zug kommt, steht für deprimierende Kisten-Architektur ohne städtebauliches Gespür. Die Bebauung des DRK-Areals fügt sich da nahtlos ein; nur dass es sich nicht um eine Siedlung am Stadtrand handelt, sondern um ein gewachsenes Quartier von der Wende des neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert.

Es gab also mehr als einen Anlass für die Demonstration, zu der sich am Sonntag eine stattliche Menge von Bürgern vor dem Kolonnenhaus einfand. Ob diese Ansammlung die bemerkenswerte Indolenz des Stadtoberhaupts wohl doch noch ins Wanken bringt? Schließlich waren auch sozialdemokratische Stadtratsmitglieder dabei, die bisher zum Oberbürgermeister gehalten hatten, über dessen rücksichtsloses Vorgehen jedoch ebenso irritiert sind wie viele Bürger. Offenkundig ist in Kaiserlautern einiges aufzuarbeiten.

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