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#Kampf an der inneren Front

„Der Krieg ernährt den Krieg“, heißt es seit der Antike. Die Maschinerie aus Politikern, Bürokraten und Soldaten will gefüttert sein, und auch in der Ukraine sind manche in Versuchung, noch einen Schlag extra zu nehmen. Zum Beispiel bestimmte Unternehmer. Während die Kanonen donnern, kämpfen sie für das, was sie für ihren Anteil halten.

Gerhard Gnauck

Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.

So auch der Milliardär Kostjantyn Schewago. Begonnen hatte er in den Neunzigerjahren im Finanzsektor. Damals, als nach dem Zusammenbruch der sowjetischen Planwirtschaft alles am Boden lag, konnte man mit den richtigen Verbindungen schnell zu Geld kommen. Später ließ sich Schewago – das war damals Standard für die Superreichen – ins Parlament wählen; die Immunität als Abgeordneter schützte vor Strafverfolgung. Bald wurde der heute 49 Jahre alte Mann zu den fünf reichsten Bürgern der Ukraine gezählt. Er besitzt eine große Yacht und verbringt einen Teil seiner Zeit in Courchevel. Der französische Wintersportort geriet vor Jahren in die Schlagzeilen, weil dort russische Oligarchen Sexpartys mit Scharen junger Frauen veranstalteten.

Nach der proeuropäischen Majdan-Revolution von 2014 aber begann das System der Oligarchen in der Ukraine zu zerfallen. 2019 kam dann Präsident Wolodymyr Selenskyj und seine Partei an die Macht, und zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten errang Schewago kein Mandat. Im letzten Winter schließlich wurde er auf Antrag der Kiewer Behörden von der französischen Polizei in Courchevel festgenommen. Es ging um die Veruntreuung großer Summen in früheren Jahren. Die juristische Schlacht um seine Auslieferung gewann er aber und blieb im Ausland. In Kiew rätselte man, wo sich der Unternehmer aufhalte.

„Groß angelegte Korruption am Obersten Gerichtshof“

Und dann geschah etwas, womit Reiche und Einflussreiche in der Ukraine heute rechnen müssen. Mitte Mai wurde der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Wsewolod Knjasew, wegen mutmaßlicher Bestechlichkeit festgenommen. Zwei Behörden, geschaffen nach der Revolution von 2014, hatten das in die Wege geleitet: die Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsfälle SAP und das Nationale Anti-Korruptions-Büro NABU. Ihre Chefs traten in Kiew vor die Kameras und verkündeten, dies sei „der spektakulärste Fall in unserer bisherigen Arbeit“. Das NABU veröffentlichte als erstes Beweisstück ein Foto von Dollarbündeln, symmetrisch angeordnet auf einer Couch. Es gehe um „groß angelegte Korruption im Obersten Gerichtshof“. Richter Knjasew und weitere Kollegen seien mutmaßlich in eine Affäre verstrickt, bei der die – auf mehrere Beteiligte aufzuteilende – Schmiergeldsumme etwa 2,5 Millionen Euro betragen haben soll. Die Beschuldigten weisen das zurück.

Der frühere Richter Wsewolod Knjasew bei einer gerichtlichen Anhörung im Mai 2023


Der frühere Richter Wsewolod Knjasew bei einer gerichtlichen Anhörung im Mai 2023
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Bild: Reuters

Führt die Spur zu Schewago? – Auch er bestreitet jede Schuld, aber die Ermittler haben inzwischen ihre Version präsentiert: Das Bestechungsgeld sei von Personen gekommen, die eine Gerichtsentscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen wollten. Das Gericht hatte im März über Rechte an 40 Prozent des Metallurgieunternehmens Ferrexpo in der Stadt Poltawa verhandelt. Es gab Schewago damals recht. Inzwischen aber ist eine Anwaltskanzlei ins Visier der Ermittler geraten, die den vermuteten Schmiergeldfluss zwischen Unternehmer und Gerichtsvorsitzendem vermittelt haben soll. Das war in der Ukraine früher so üblich: Anwälte legten nicht Recht aus, sondern waren Geldboten zwischen Prozessparteien und Richtern.

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