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#Kann Schlaf Probleme lösen?

Kann Schlaf Probleme lösen?

Kann Schlaf Probleme lösen?

Schlaf mal eine Nacht darüber!“ Schlaf fördert kreative Denkansätze, heißt es. Doch was sagt die Wissenschaft zu dieser Volksweisheit?

 

Wer den sprichwörtlichen Knoten im Kopf hat, sollte am besten einfach schlafen gehen: Die nächtliche Ruhepause hilft erwiesenermaßen beim Lösen von Problemen und fördert kreative Denkansätze. Doch wie genau funktioniert das? Um diese Frage zu beantworten, haben Forscher nun zahlreiche Studien ausgewertet – und ein interessantes Erklärungsmodell entwickelt. Es zeigt, wie uns Tiefschlaf und Traumschlaf gemeinsam beim Querdenken helfen könnten.

Eine gute Portion Schlaf kann wahre Wunder bewirken: Über Nacht erscheinen verzwickte Situationen plötzlich in einem neuen Licht, die Lösung für ein kompliziertes Problem fällt uns wie die sprichwörtlichen Schuppen von den Augen und in unserem Kopf hat sich eine kreative Idee eingepflanzt. Der altbekannte Ratschlag „Erstmal drüber schlafen“ ist tatsächlich hilfreich – das hat auch die Wissenschaft längst bewiesen. „Stellen Sie sich vor, Sie versuchen ein Rätsel zu lösen“, sagt Penny Lewis von der Cardiff University. „Sie haben alle Informationen, die Sie dafür benötigen, stecken aber trotzdem fest. Denn um auf die Lösung zu kommen, müssen Sie die Informationen neu strukturieren – zum Beispiel, indem Sie neue Zusammenhänge zwischen ihnen finden.“ Studien belegen, dass diese Art der Restrukturierung oft im Schlaf stattfindet. Damit scheint die nächtliche Ruhepause kreative Problemlösestrategien entscheidend zu fördern. Kurzum: Schlaf hilft uns beim Querdenken.

Strittig war bisher allerdings, welche Phase des Schlafs für diesen Effekt verantwortlich ist: Spielt eher der von intensiven Träumen und schnellen Augenbewegungen geprägte REM-Schlaf eine Rolle dafür oder ist doch der ruhigere Non-REM-Schlaf wichtiger? Um das herauszufinden, haben Lewis und ihre Kollegen nun zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Schlaf und Kreativität ausgewertet – und anhand ihrer Ergebnisse ein Erklärungsmodell entworfen. Es zeigt, was in den beiden Schlafstadien im Gehirn passieren könnte. Das Ergebnis in Kurzform: Der Non-REM-Schlaf unterstützt uns dabei, Informationen in sinnvollen Kategorien zu ordnen. Der REM-Schlaf dagegen hilft uns, über diese Kategorien hinauszublicken und unerwartete Verbindungen zu entdecken.

Flexibles Schubladendenken

Vorherige Forschungsarbeiten belegen, dass während des Non-REM-Schlafs im Hippocampus gespeicherte Erinnerungen wieder und wieder im Cortex abgespult werden. Bei diesem Vorgang bemerken wir Ähnlichkeiten zwischen Gedächtnisinhalten – und diese Information wird gespeichert. Beide Hirnbereiche kommunizieren in dieser Phase intensiv miteinander. Die Wissenschaftler postulieren nun: Der Hippocampus könnte gezielt kontrollieren, was im Schlaf abgespielt wird. Demnach scheint er bevorzugt solche Dinge abspielen zu lassen, die ähnlich sind oder thematisch zusammenpassen. Dadurch fällt es uns leichter, solche Verbindungen zu erkennen und sie zu verwenden, um sogenannte Schemata zu bilden. Solche Wissensstrukturen kann man sich wie unterschiedlich etikettierte Schubladen eines Schranks vorstellen, in denen zugehörige Dinge gesammelt werden – egal ob Informationen über bestimmte Objekte oder Konzepte.

Im Traumschlaf dagegen arbeiten Hippocampus und Cortex nicht so eng zusammen. Lewis und ihre Kollegen vermuten daher, dass der Cortex nun frei entscheiden kann, in welcher Kombination er Erinnerungen abspielt. Es spielt nun keine Rolle mehr, ob die Gedächtnisinhalte auf den ersten Blick ähnlich sind oder nicht. So legen einige Studien nahe, dass sogenannte PGO-Wellen bestimmte Bereiche der Hirnrinde rein zufällig aktivieren. Diese Hirnwellen treten im REM-Schlaf gehäuft auf und könnten das Abspielen von Erinnerungen aus unterschiedlichen Schemata auslösen, wie die Wissenschaftler berichten. „Wir wissen, dass Dinge, die uns beschäftigen, im Gehirn besonders prominent erscheinen und vermehrt während des Schlafs abgespielt werden“, erklärt Lewis. „Unsere Hypothese geht nun von Folgendem aus: Wenn ein anderer Inhalt zufällig im Cortex aktiviert wird und dieser Inhalt ein ähnliches Element besitzt, wird eine Verbindung hergestellt.“

Analogie zwischen Atomaufbau und Sonnensystem

Als Folge ordnen wir Dinge gemeinsam in eine Schublade ein, die zuvor nicht oder erst viel später dort gelandet wären. Diese überraschenden Verknüpfungen könnten die entscheidenden kreativen Sprünge darstellen, die fürs Problemlösen häufig so wichtig sind. Die Forscherin veranschaulicht dies mit einem Beispiel: Der Physiker Ernest Rutherford basierte sein berühmtes Atommodell auf etwas, das zunächst keinen Bezug dazu zu haben scheint – dem Sonnensystem. Im Non-REM-Schlaf wäre Rutherfords Wissen über Atome und das Sonnensystem daher in unterschiedlichen Schemata kategorisiert worden. Im Traumschlaf dann könnten Inhalte zu Atomen zufällig gemeinsam mit Inhalten zum Sonnensystem abgespielt worden sein – und den Forscher auf den entscheidenden Zusammenhang gestoßen haben.

Wie das Team betont, sind demnach beide Formen des Schlafs wichtig. Denn erst durch das Abstrahieren von Informationen nach Kategorien ist es uns später möglich, auch überraschende strukturelle Analogien zwischen diesen Informationen zu erkennen. Im Wechselspiel von Non-REM- und REM-Schlaf werden neu entdeckte Verbindungen genutzt, um zuvor generierte Schemata umzustrukturieren. „Wir postulieren: Es ist der Wechsel zwischen der Schemata-Bildung und dem Herstellen von Verbindungen zwischen diesen Schemata und anderen, im Cortex repräsentierten Informationen, die entscheidend sind für die komplex verknüpften Abbildungen im Gehirn, die das menschliche Denken charakterisieren“, schließen Lewis und ihre Kollegen. Ob ihr Modell wirklich stimmt, sollen zukünftige Experimente zeigen.

Quelle: Penelope Lewis (Cardiff University) et al., Trends in Cognitive Sciences, doi: 10.1016/j.tics.2018.03.009

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