Nachrichten

#„Kanonenfutter für Putin will ich niemals werden“

An den 24. Februar 2022 erinnert sich Dmitrij Nowikow genau. In seiner Heimatstadt Toljatti an der Wolga geht er damals in die 11. Klasse, die letzte vor dem Schulabschluss. Es ist der Tag, an dem Russland die Ukraine überfällt. Sein Lehrer sei damals mit versteinertem Gesicht vor die Klasse getreten und habe so getan, als ob nichts geschehen sei, erzählt der heute 19 Jahre alte Russe im Gespräch in Berlin.

Eine Lehrerin habe der Klasse zu verstehen gegeben, dass sie angehalten sei, den Schülern Lügen über den Krieg aufzutischen, das aber eigentlich gar nicht wolle. „Wollt ihr die Propaganda hören oder nicht?“, habe sie gefragt. Dmitrij Nowikow wollte nicht. Er sagt, das Putin-Regime sei auf Angst gegründet. Und dass die meisten Russen leider Opfer der täglichen Propaganda geworden seien.

Das sei aber keine Entschuldigung für ihr Verhalten, im Gegenteil, sagt der junge Mann mit dunkler Hornbrille und Hoodie: „Dass wir Russen eine kollektive Verantwortung für diesen Krieg übernehmen müssen, das ist unausweichlich.“ In Russland wird er von der Polizei gesucht. Ihm droht eine Gefängnisstrafe von mehreren Jahren. Denn er ist ein Fahnenflüchtiger.

Die Eltern entscheiden, ihren Sohn in Sicherheit zu bringen

Noch vor dem Schulabschluss im Juni 2022 erhält Nowikow im Mai die Vorladung ins Rekrutierungsbüro zur Musterung, mit 18 Jahren werden alle russischen Männer wehrpflichtig. Dmitrij geht zur medizinischen Untersuchung, im Herbst soll er seinen Wehrdienst antreten. Den Sommer verbringt er mit seinen Eltern auf dem Land.

Dmitrij Nowikow, 19 Jahre alt, ist mit einem spanischen Touristenvisum über Kasachstan nach Deutschland gekommen.


Dmitrij Nowikow, 19 Jahre alt, ist mit einem spanischen Touristenvisum über Kasachstan nach Deutschland gekommen.
:


Bild: Jens Gyarmaty

Als er wieder zu Hause ist, tun die Eltern alles, damit der Sohn sich dem Zugriff des Militärs entziehen kann. Sie machen abends kein Licht in der Wohnung, und wenn es an der Tür klingelt, öffnen sie nicht. Von Putins Propaganda hatten sich die Eltern schon lange verabschiedet, den Fernseher zehn Jahre zuvor abgeschafft.

Als am 21. September 2022 die sogenannte Teilmobilmachung verkündet wird, entscheiden die Eltern, ihren Sohn in Sicherheit zu bringen. Mit seiner Mutter fährt Dmitrij Nowikow ins mehr als 1000 Kilometer entfernte Nachbarland Kasachstan. Ein spanisches Schengenvisum für den Sohn konnten sie zuvor im Konsulat in der Gebietshauptstadt Samara beantragen. Von der kasachischen Hauptstadt Astana fliegt der junge Mann im Dezember nach Madrid und von dort weiter nach Berlin, wo er Asyl beantragt.

Dmitrij Nowikow ist nur einer von vielen Russen, die nicht gegen die Ukraine kämpfen wollen und deshalb das Land fluchtartig verlassen haben. Auch Arsenij Schipkow hat das getan. Der 21 Jahre alte Mann aus der Millionenstadt Jekaterinburg im Ural stammt nach eigenen Angaben aus einer Familie, die in Opposition zum Putin-Regime steht. Sein Vater, so erzählt Schipkow in Berlin, sei ein Geschäftsmann, der wegen seiner politischen Haltung sein Unternehmen habe aufgeben müssen.

Er selbst habe nach dem Überfall auf die Ukraine den Krieg in den sozialen Medien kritisiert. Daraufhin habe ihn ein Polizist zu Hause aufgesucht und ihm mit schlimmen Konsequenzen gedroht, wenn er nicht damit aufhöre. Auch seine Eltern entscheiden, den Sohn im Ausland in Sicherheit zu bringen.

Mehr Asylanträge in Deutschland seit Oktober

Am 22. September, dem Tag nach dem Einberufungsbefehl, packt Arsenij Schipkow seine Sachen und fährt mit seinem Vater über die Grenze nach Kasachstan in die Grenzstadt Qostanai. Dort sind alle Hotels durch die erste Welle von Flüchtlingen aus Russland überfüllt, Arsenij Schipkow und sein Vater haben Mühe, noch ein Zimmer zu finden.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!