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#Kanzlerin auf großer Bühne

Kanzlerin auf großer Bühne

Im Herbst 2002 verlor Angela Merkel eine Wahl und gewann einen Freund. Der Niederlage bei der Bundestagswahl im September war am Jahresanfang schon der von ihrer Partei erzwungene Verzicht auf die eigene Kanzlerkandidatur vorausgegangen. Im November aber flog die CDU-Vorsitzende Merkel nach Paris. Sie wollte dort Jacques Chirac, dem französischen Präsidenten, der seine Wiederwahl gerade gewonnen hatte, bei dessen Bemühen behilflich sein, aus seinen Anhängern eine neue Partei zu formen. Drei Jahre später, im Herbst 2005, gewann auch Angela Merkel eine Wahl. Und bald noch einen Freund, den britischen Premierminister Tony Blair.

Beiden erwies die frisch ins Amt gekommene Bundeskanzlerin sogleich einen Freundschaftsdienst. Auf dem nächsten EU-Gipfel, ihrem ersten als deutsche Regierungschefin, löste sie den Knoten, den Blair, Chirac und andere zuvor in einem ernsten Streit um den nächsten Sieben-Jahres-Haushalt der Europäischen Union gewunden hatten. Dieser Erfolg, errungen nach weniger als drei Monaten in ihrer Amtszeit als Kanzlerin, begründete das außenpolitische Renommee Angela Merkels – ein Ansehen, zu dem sie gründliche Vorbereitung und persönliche Eigenschaften beigetragen hat.

Die außenpolitische Lernkurve der ostdeutschen CDU-Politikerin hat ihren Nullpunkt, falls frühe private Streifzüge durch die Sowjetunion nicht mitzählen, im Jahr 1990. Damals bot sich Merkel als stellvertretender Regierungssprecherin des letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière erstmals die Gelegenheit, in einer Regierungsfunktion Außenpolitik aus der Nähe zu betrachten. Sie flog mit de Maizière nach Washington, New York und Moskau – und gab ihrer Umgebung schon zu jener Zeit Beispiele ihres angstfreien Pragmatismus, indem sie etwa den aus Ost-Berlin mitgereisten Journalisten, je eine Handvoll Ost- und Westdeutsche, kurzerhand den Status von Delegationsmitgliedern verlieh. So konnten diese das Ende der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen über die Einheit Deutschlands direkt im Vestibül des Sitzungssaales eines Moskauer Hotels verfolgen. Und anschließend bei einem improvisierten Empfang in Gegenwart des sowjetischen Präsidenten Gorbatschow auf den erfolgreichen Abschluss anstoßen.

In der Zeit als Bundesministerin in Bonn erfuhr Merkel anschließend außenpolitischen Anschauungsunterricht am Kabinettstisch. Zum Vermächtnis Helmut Kohls zählte zuallererst dessen enge und feste Verbundenheit mit Frankreich. Seine Nach-Nachfolgerin machte sich das zu eigen, ohne sich je von französischen Attitüden – weder der Courteoisie, noch des Chauvinismus – irritieren zu lassen. Den Handkuss Chriacs nahm Merkel mit dem Anflug eines Lächelns entgegen, die 10000 Anhänger seiner Partei-Gründungsversammlung sprach sie 2002 in unerschrockenem Französisch an. Sie war damals noch drei Jahre von ihrer eigenen Kanzlerschaft entfernt, aber schon in Sorge, dass sich die französischen Konservativen eher in Richtung Spanien und Italien orientieren und damit die deutsche Position in der Europäischen Union erschweren könnten.

In den sechzehn Jahren ihrer Regierungszeit hat Merkel stets darauf geachtet, dass Deutschland und Frankreich möglichst nah beieinander sind – auch wenn die Sprunghaftigkeit Nicolas Sarkozys, das Phlegma François Hollandes, das Ungestüm Emmanuel Macrons das erschwert haben mögen. Merkel hat auf französisches Bitten hin die Bundeswehr nach Afrika geschickt, sie hat umgekehrt den französischen Präsidenten mitgenommen nach Moskau und Minsk, um gemeinsam den Konflikt im Osten der Ukraine einzudämmen. Nur einmal kam es zu einem krachenden Scheitern. Als Sarkozy, gemeinsam vor allem mit der britischen Regierung, den Militäreinsatz in Libyen betrieb, folgte Merkel ihm nicht.

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