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#Kanzlerin ohne Konfetti

Kanzlerin ohne Konfetti

Alles schon entschieden? Zuletzt waren sie nicht mehr ganz so laut, die Stimmen aus Politik, Pu­blizistik und Demoskopie, die den Eindruck erwecken wollten, Olaf Scholz sei schon der sichere Sieger der Bundestagswahl – und Armin Laschet der geborene Verlierer. Dem ersten Liebling des linken Lagers, Annalena Baerbock, wurde ebenfalls nicht mehr mit der anfänglichen Gewissheit prophezeit, sie werde als zweite Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Geschichte schreiben. Angesichts der vielen Bürger, die sich bis zuletzt unentschlossen zeigten, sind Überraschungen in allen Richtungen möglich, in der Kanzler- wie in der Koalitionsfrage.

Sicher ist nur eines: Angela Merkel wird nur noch bis zur Wahl ihres Nachfolgers im Bundestag die Regierungsgeschäfte führen. Das könnte sie noch monatelang tun müssen. Dann ist ihre Ära endgültig vorbei. Das Land wird jedoch noch nicht am nächsten Tag aus dem Schatten treten, den ihre anderthalb Jahrzehnte währende Kanzlerschaft wirft.

Merkel vermittelte lange nicht den Eindruck, als sorge sie sich um ihr politisches Vermächtnis. Sichtbarstes Zeichen dafür war ihre Erklärung, sich nicht in die Nachfolgefrage einmischen zu wollen. Als Annegret Kramp-Karrenbauer CDU-Vorsitzende wurde, meinte man zwar im Gesicht der Kanzlerin echte Freude erkennen zu können. Die hatte freilich auch damit zu tun, dass sie nicht ihrem alten Widersacher Friedrich Merz gratulieren musste.

Doch auch „AKK“ erfuhr von Merkel keine Unterstützung, ja nicht einmal Schonung. „Kohls Mädchen“ hatte es seinerzeit ohne Hilfe von Seilschaften und sogar gegen den Widerstand des sich für mächtig haltenden „Andenpaktes“ an die Spitze erst der CDU und dann der Bundesregierung geschafft. Diese Prüfung wollte die Kanzlerin weder Kramp-Karrenbauer noch später Armin Laschet ersparen.

In der Todeszone der Hochgebirgspolitik

Hätte Kramp-Karrenbauer Merkel so gnadenlos zum Rückzug zwingen sollen, wie Letztere Kohl und Schäuble? Der Saarländerin fehlte der Schneid, die Härte und die Risikobereitschaft. Das dürfte, so paradox das klingen mag, Merkel in ihrem Urteil bestärkt haben, Kramp-Karrenbauer habe doch nicht das Zeug zur Kanzlerin. So denkt man in der Todeszone der Hochgebirgspolitik. Dem spätberufenen Laschet mangelte es allein schon an der Zeit für eine Palastrevolte. Und wer wollte das Blut einer Kanzlerin an den Händen kleben haben, von der die Deutschen jedenfalls zu Beginn der Pandemie sagten: „Wie gut, dass sie noch da ist!“?

Vor solchem Frevel schreckten sogar Saskia Esken und Kevin Kühnert zurück. Die hätten eher die Koalition platzen lassen, als der Auswechslung Merkels gegen einen neuen Hoffnungsträger aus der Union zuzustimmen. Der hätte dann vom Amtsbonus profitiert, der Laschet schmerzlich fehlt. Scholz dagegen konnte jetzt als Vizekanzler antreten. Diesen Trumpf wusste er auszuspielen. Die SPD, die ihn bis heute nicht liebt, wahrte, ganz untypisch, eiserne Disziplin. Und Scholz hatte noch einen weiteren unbezahlbaren Vorteil: In seinem Rücken gab es keinen Söder.

Merkels Neutralität in der Nachfolgefrage, die sie erst in den letzten Wochen des Wahlkampfs punktuell aufgab, als Scholz allzu dreist den Erbprinzen spielte, kann man Nichteinmischung nennen, aber auch Einmischung durch Nichtempfehlung. Dass Merkel sich zunächst gar nicht engagierte, führte sogar zu Spekulationen, sie sei in der Kandidatenfrage insgeheim nicht für Laschet gewesen, einen ihrer treuesten Unterstützer in der Flüchtlingskrise, sondern für den CSU-Chef, der ihre Politik damals scharf kritisiert hatte. Zuletzt war Söder freilich voll des Lobes für Merkel, die die Deutschen gut „beschützt“ habe. Sogar Sympathien für Scholz wurden Merkel unterstellt.

Olaf Scholz und sein Vorbild Helmut Schmidt

Auch Scholzens „Erbschleicherei“ (so Söder) war natürlich kühl kalkuliert. Merkel hat mit ihrem präsidialen, aber unprätentiösen Habitus und ihrem pragmatischen Regierungsstil nachhaltig die Vorstellung der Deutschen geprägt, wie eine Kanzlerin beziehungsweise ein Kanzler zu sein habe: unaufgeregt, sachlich, ausgleichend. Diesem Idealbild wollten alle drei Kandidaten möglichst nahekommen. Dem Hanseaten Scholz gelang das im Wahlkampf am besten. Auch nannte der SPD-Kandidat nicht zufällig Helmut Schmidt als Vorbild, den er, aber wer weiß das schon noch, als ul­tralinker Jungsozialist in der Nachrüstungsschlacht bis zum bitteren Ende (für Schmidt) bekämpft hatte.

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