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#Kernkraft im Wahlkampf: CDU fordert Grüne heraus

Kernkraft im Wahlkampf: CDU fordert Grüne heraus

In den als inhaltsleer und personenfixiert verschrienen Wahlkampf schleicht sich seit einigen Wochen ein Thema ein, das es verdient, ungeheuerlich genannt zu werden. Ein Thema, das gesellschafts- und erst recht parteipolitisch keines mehr sein darf, technisch nur noch mit großen Mühen eines werden könnte, aber angesichts der Herausforderungen durch Energie- und Mobilitätswende faktisch eines ist: die Infragestellung des Atomausstiegs.

Armin Laschet, der Kanzlerkandidat der Union, der sich als politischer Versöhner einen Ruf gemacht hat, spricht dieses Riesenthema seit Wochen in seinen Reden an. Er macht das zurückhaltend, fordert nicht etwa mit rhetorischen Faustschlägen die Aufrechterhaltung der Atomstromerzeugung, die im kommenden Jahr endgültig enden soll. Aber mit einer gewissen Penetranz trägt er seine Überzeugung vor, dass es verkehrt gewesen sei, erst aus der Kernkraft, dann aus der Kohlekraft ausgestiegen zu sein. Umgekehrt wäre besser.

Angesichts des enormen Strombedarfs, der zu decken ist, wenn nicht mehr eine Million Elektroautos über Deutschlands Straßen rollen, sondern zehn oder zwanzig Millionen, der aber ebenso entstünde, wenn „grüner Wasserstoff“ das Speicher- und Antriebsmittel der Zukunft würde, und der ohnehin wegen der rasant zunehmenden Durchdringung der Alltagswelt mit stromfressenden Computern längst besteht, ist die Frage, wo dieser Strom herkommen soll, nicht nur zulässig, sondern zwingend. Dies könnte zum Megathema des Wahlkampfes werden. Wieso ist es das nicht?

Ein Viertel hält den Verzicht für falsch

Eine Allensbach-Umfrage aus dem Juni dieses Jahres – in Auftrag gegeben allerdings von Atomkraftbefürwortern – kam zu dem Ergebnis, dass 56 Prozent der Befragten den 2011 von Bundeskanzlerin Angela Merkel durchgedrückten Verzicht auf die Atomstromerzeugung nach wie vor richtig finden. 25 Prozent sind allerdings vom Gegenteil überzeugt. Das sind zwar klare Mehrheiten, aber ein Viertel der Befragten ist auch keine Quantité négligeable, über die man nur lächeln könnte. Hinzu kommt, dass viele andere Länder nach wie vor auf Atomkraftwerke setzen – nicht sehr lange vor dem Ausstieg hatte auch Merkels schwarz-gelbe Koalition noch eine Laufzeitverlängerung beschlossen.

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Insgesamt gilt es seither als gesellschaftlicher Konsens, dass die Deutschen keinen Atomstrom mehr wollen. Seit 1980 im ersten Programm der Grünen mit Blick auf die Monopolstellung der Energieversorgungsunternehmen von der „Diktatur aus der Steckdose“ die Rede war, entwickelte sich die Debatte in diese Richtung. „Im vollausgebauten Atomstaat sind aus zwingenden Gründen demokratische Grundrechte und bürgerliche Freiheiten nicht mehr möglich“, formulierten die damals neben dem Thema Frieden ganz auf den Atomausstieg fixierten Grünen. Damit war der Ton gesetzt: Es ging von Anfang an nicht um eine technische Frage, wie am besten Energie in einem wirtschaftlichen Hochleistungsland erzeugt wird. Es ging um eine Glaubensfrage.

Ist die Sache vom Tisch?

Gut drei Jahrzehnte später war es ausgerechnet eine CDU-Kanzlerin, eine Physikerin noch dazu, die nicht nur den Atomkraftwerken, sondern vor allem dem gesellschaftspolitisch von der Konkurrenz besetzten Thema den Stecker ziehen wollte. Mit Erfolg. Seither scheint die Sache vom Tisch. Noch ist das letzte AKW zwar nicht abgeschaltet, aber auch die Betreiber leben längst in einer anderen Gegenwart und Zukunft. Laschet pflegt seine Ausführungen zur „falschen“ Reihenfolge des Ausstiegs deshalb mit der Bemerkung zu ergänzen, dass die Sache entschieden sei und der Vergangenheit angehöre.

Wieso greift er das Thema dann immer wieder auf? Die Angriffe der Grünen, die Laschet vorwerfen, beim Ausstieg aus der Kohleverstromung nicht entschlossen genug gehandelt zu haben, lassen sich auf diese Weise wirkungsvoll kontern. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident hat hier nicht nur einiges vorzuweisen, sondern kann den Spieß sogar umdrehen. Denn der Vorwurf lautet nun: Wenn die Grünen nicht so hartnäckig ein gesellschaftliches Anti-Atomstrom-Klima erzeugt hätten, könnte man in viel höherem Maße auf Strom aus Kohlekraftwerken verzichten, als das heute der Fall ist.

Mit anderen Worten: Viel Zeit für rechtzeitigen Klimaschutz wurde sinnlos vertan. Nicht zuletzt die Bilder aus dem verwüsteten Ahrtal dürften bei vielen Menschen die Frage aufgeworfen haben, ob eine starke Verminderung des Kohlestroms mit einigen zusätzlichen Jahren Atomstrom am Ende nicht die klügere Entscheidung gewesen wäre.

Dass Laschet seine Analyse bisher so defensiv vorträgt, dürfte nicht nur daran liegen, dass er der Ansicht ist, die Angelegenheit sei ein für alle Mal erledigt in Deutschland. Eine scharfe Offensive gegen den Ausstieg von 2011 wäre in einem ziemlich spektakulären Fall offene Kritik an Angela Merkel. Deren Unterstützung will Laschet im Wahlkampf aber nicht aufs Spiel setzen. So wird die Atomstromerzeugung wohl bis auf Weiteres ein verbotenes Thema bleiben.

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