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#Josef Soretts „Black is a Church“

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„No Justice, No Peace“ – keine Gerechtigkeit, kein Frieden – auf kaum einer amerikanischen Demonstration gegen Rassismus und soziale Ungerechtigkeit fehlt dieser Ausruf. Justin Jones, einer der beiden schwarzen Abgeordneten, die die Republikaner im Frühjahr aus dem Parlament von Tennessee ausschlossen, rief die Bedeutung der Worte in Erinnerung, als er sie mit dem Bibelvers aus Jeremia 6:14 verknüpfte: „…und trösten mein Volk in seinem Unglück, dass sie es gering achten sollen, und sagen: ‚Friede! Friede!‘, und ist doch nicht Friede.“

Jones, ehemaliger Theologiestudent, ist einer von vielen Politikern und Aktivisten, die an Traditionen der afroamerikanischen Kirchen anknüpfen, wenn sie Anhänger mobilisieren und ihre Anliegen erklären wollen. Die Beziehungen zwischen Bürgerrechtsbewegung und schwarzen Kirchen haben viele Wissenschaftler untersucht – auch Josef Sorett, Dekan des Columbia College an der Columbia Universität in New York. In seinem neuen Buch, „Black is a Church“, nähert er sich den schwarzen Kirchen aus einer anderen Perspektive: Der Religionswissenschaftler will zeigen, wie das afroamerikanische Christentum nicht nur den Protest, sondern viele andere Bereiche des säkularen Lebens und der Identität schwarzer Amerikaner prägte und prägt – selbst dann, wenn sie nicht religiös sind. Den Titel des Buches könnte man grob übersetzen mit „Schwarzsein ist eine Kirche“ – wobei „Church“ umgangssprachlich häufig verwendet wird, um zu kennzeichnen, was wichtig, schön oder heilig ist. Sorett will zeigen, wie das schwarze Christentum, genauer der dominierende Afroprotestantismus, Alltag, Subjektivität und Kultur bestimmte.

Breiten Raum gibt er dabei literarischen Zeugnissen und Debatten der letzten 250 Jahre. Den Anfang machen die sogenannten slave narratives, das erste eigene literarische Genre der Afroamerikaner. Die Literaturkritik sah diese Schriften ehemals Versklavter stets auch als spirituelle Erzählungen an, weil sie häufig den Weg und die Beziehung der Verfasser zum Christentum beschreiben. Sorett zufolge zeige sich in ihnen aber auch, wie säkulare schwarze Subjektivität von protestantischen Kulturtechniken beeinflusst wurde. Er folgt Henry Louis Gates, der Ende der 1980er-Jahre den ersten typischen Text des Genres identifizierte, den autobiographischen Bericht von James Albert Ukawsaw Gronniosaw, entstanden um 1770. Der Westafrikaner wurde von einem niederländischen Menschenhändler nach Barbados gebracht, später wurde er in New Jersey versklavt. Dieser und andere autobiographische Texte zeichnen den Weg in die Freiheit nach – Bildung und Religiosität spielen dabei oft eine zentrale Rolle.

Ekstatische Formen der Religiosität

Sorett betont, dass sich unter schwarzen Christen früh eine Unterscheidung zwischen „guter“ und „schlechter“ Religiosität herausbilde – schließlich waren auch die Sklavenhalter häufig Christen und begründeten ihr Handeln mit vermeintlich christlichen Anschauungen. Dagegen setzten Befreite und Abolitionisten ein widerständiges Christentum, das aus den biblischen Schriften Hoffnung auf Befreiung schöpfte – aber auch moralische Alltagslehren gegenseitiger Hilfe. Sorett zeigt, dass so auch die Alltagskultur von religiösen Formen beeinflusst war – auch von solchen, die die Menschen aus Afrika mitbrachten und zum Teil in die neue Religion integrierten.

Josef Sorett: „Black is a Church“. Christianity and the Contours of African American Life.


Josef Sorett: „Black is a Church“. Christianity and the Contours of African American Life.
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Bild: Oxford University Press

Die Unterhaltungsbranche in ihrer heutigen Form sei ebenfalls nicht ohne die Kirche denkbar – das gilt auch für weiße evangelikale Kirchen, deren „Revival“-Veranstaltungen die öffentliche Kultur seit dem achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert prägten. Für Schwarze waren die Kirchen oftmals die einzigen Orte, wo Unterhaltung, vor allem in Form von Musik und Tanz, stattfinden konnte. Viele ihrer berühmtesten Kulturinstitutionen nahmen ihren Anfang in den Räumen der Kirche – zum Beispiel das Dance Theater of Harlem in den 1960er-Jahren. Ende des neunzehnten Jahrhunderts bildete der Afroprotestantismus laut Sorett bereits ein System sozialer Interaktionen, Normen und Selbstbeschreibungen, das auch die säkulare Kul­turproduktion des zwanzigsten Jahr­hunderts entscheidend beeinflussen sollte. Der Autor zeigt, wie Bürgerrechtler und Wissenschaftler die Beziehung zum Christentum verhandelten – allen voran W.E.B. Du Bois, der 1903 in „The Souls of Black Folk“ die schwarze Kirche im Süden als Zentrum des sozialen Lebens beschrieb.

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