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#Migration in Großbritannien: Debatte um Bibby Stockholm

Der Reederei- und Dienstleistungskonzern Bibby, ein in Liverpool beheimatetes Familienunternehmen mit zwei Jahrhunderte alter Geschichte, hat vor einigen Monaten einen neuen Kunden gewonnen: das britische Innenministerium. Bibby, dessen Frachter einst Rekorde auf den Weltmeeren aufstellten, wie die Strecke Liverpool – Burma in 23 Tagen, macht seit vier Jahrzehnten auch eher statische Geschäfte. Die Firma betreibt sechs große Pontons, auf denen bis zu vier Stockwerke als Unterkünfte für Montagearbeiter gestapelt sind.

Das Unternehmen gibt an, seine schwimmenden Behausungen fänden beim Bau von Windrädern auf See, in der Ölförderung, in Werften und – etwas unbestimmt – für „humanitäre Zwecke“ Verwendung. Für die letzte erwähnte Aufgabe hat die britische Regierung jetzt vorerst einen der Pontons gemietet. Auf der „Bibby Stockholm“ sollen bis zu 500 Migranten untergebracht werden und dort warten, bis über ihre Aufnahme oder Abschiebung entschieden ist.

Der britische Premierminister Rishi Sunak und mehr noch seine Innenministerin Suella Braverman haben sich seit Beginn des Jahres selbst unter Druck gesetzt mit dem Versprechen, sie wollten die illegale Einwanderung auf die britischen Inseln halbieren, die Schlepper vor allem von der französischen Küste aus organisieren. Im vergangenen Jahr überquerten knapp 46.000 Migranten in Schlauchbooten und Kähnen den Kanal. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden mehr als 12.000 Ankömmlinge gezählt, das Innenministerium kalkuliert jedoch mit der Möglichkeit, dass es bis zum Jahresende wieder 40.000 werden könnten.

Regierung setzt auf Abschreckung

In ihrem Bemühen, die illegalen Überfahrten zu unterbinden, setzen Sunak und Braverman vor allem auf Abschreckung. Die schon vom früheren Premierminister Boris Johnson geborene Idee, abgelehnte Asylsuchende, die nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können, stattdessen in Ruanda anzusiedeln, ist bislang vor Gericht aufgehalten worden. Immerhin billigte vor zwei Wochen auch das Oberhaus den Gesetzentwurf der Regierung, künftig allen Migranten, die an der Küste anlanden, das Recht auf einen Asylantrag zu verweigern, sie sogleich zu internieren und nach Afrika zu schicken.

Doch weil das nicht geschieht, richtet die Innenministerin derzeit ihren Eifer darauf, die Unterbringung der Angelandeten möglichst unkomfortabel erscheinen zu lassen. Neben der Bibby Stockholm, die im Hafen von Portland an der britischen Südküste vertäut ist, sind Kasernen in zwei früheren Fliegerhorsten der Royal Air Force als Unterkünfte in Aussicht genommen worden. Doch an allen Orten zeigte sich Widerspruch.

Während der konservative Parlamentsabgeordnete für Portland argumentierte, die kleine Hafenstadt sei mit Hunderten Zuzüglern überfordert, erschienen vor dem stillgelegten RAF-Stützpunkt Scampton Rechtsextremisten mit einem Anführer, der Oberlippenbärtchen und Seitenscheitel trägt und damit bewusst an Adolf Hitler erinnert. Zugleich argumentierten Gegner der Unterbringung, Scampton sei einst Basis der ruhmvollen „Dambuster“ gewesen, jener britischen Bomberbesatzungen, die mit speziell entwickelten Sprengladungen im Zweiten Weltkrieg die deutschen Talsperren an Möhne und Eder zerstörten.

Angst vor einem „schwimmenden Grenfell“

Auf der zweiten einstigen Luftwaffenbasis in Wethersfield wurden inzwischen die ersten Migranten aufgenommen (gegen diese Unterkunft hatten unter anderen Außenminister James Cleverly und die frühere Innenministerin Priti Patel Einwände erhoben, die dort ihre Wahlkreise haben). Sie erhielten ein „Willkommenspaket“, das neben Toilettenartikeln auch Hinweise enthielt, wie man sich in England als „ein guter Nachbar“ verhalte. Die jüngste Meldung aus We­thersfield lautete, unter den Untergekommenen seien einige Fälle von Tuberkulose diagnostiziert worden.

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