Nachrichten

#Kommentar zu Vorwürfen gegen Till Lindemann und Rammstein

Er war nicht mehr jung, er war Ende Fünfzig. Und er brauchte auch nicht das Geld, denn er war Millionär. Trotzdem hat der Sänger der Rockband „Rammstein“, Till Lindemann, vor drei Jahren einen Pornofilm gedreht.

Sein Verlag, Kiepenheuer & Witsch, der scheinheiligerweise so tut, als habe er davon erst soeben erfahren, hat ihm deshalb gerade die Zusammenarbeit aufgekündigt. Im gut fünfminütigen Video nämlich kommt mehrfach ein Gedichtband vor, den Lindemann bei „KiWi“ veröffentlicht hat.

Doch selbst wenn er nicht vorkäme, wäre es zu verstehen, dass der Verlag auf Distanz zu Lindemann geht. Denn der Streifen, in dessen Hintergrund Musik von Lindemann läuft, ist ein gewalttätiges und den Genuss an Gewalt ausstellendes Machwerk von erheblicher Widerwärtigkeit.

Es werden darin Frauen gequält. Seine gesungene Frage „Kann ein Herz aus Stein sein?“ hat er damit selbst beantwortet. Es kann.

Ein Mann, der Frauen erniedrigt und Schmerz bereitet

Die Ausrede, von solchen Inszenierungen leben zu müssen, hat Lindemann, wie gesagt, nicht. Mit stumpfem Monstergesicht dominiert er die Darstellerinnen vielmehr, weil es ihm offenkundig eine Befriedigung ist, sich so gefilmt zu sehen: als Mann, der Frauen erniedrigt und Schmerz bereitet. Der Film ist ein Dokument dessen, was Teile der Gesellschaft für normal oder interessant abnorm oder „geil“ halten. Wenn Lindemann Freunde hat, sollten sie ihm gleichwohl raten, sich in eine Therapie zu begeben.

Das Ganze ist dieser Tage aufgekommen, weil die Besucherin eines Konzertes von „Rammstein“ in Vilnius im Internet eine ziemlich diffuse Beschwerde geäußert hat.

Sie war eingeladen worden, sich in einen Nahbereich der Bühne zu begeben. Dort wurde ihr Schnaps ausgeschenkt. Als sie das Begehren Lindemanns nach Geschlechtsverkehr ablehnte, habe dieser zornig reagiert. Danach will sie das Bewusstsein verloren haben.

Dennoch teilt sie mit, Lindemann habe sie nicht berührt, und sie erhebe auch keine Anklage gegen ihn. Das muss sich auf die Zeit bis zur Ohnmacht beziehen, denn danach war sie ja eben nicht mehr bei Bewusstsein. Die blauen Flecken, die sie im Internet vorzeigt, muss ihr irgendjemand beigebracht haben.

Der Verdacht, sie sei eventuell ohnmächtig gemacht worden, hängt in der Luft, auch wenn es heißt, Spuren von Drogen seien bei ihr nicht festgestellt worden.

Inzwischen haben sich andere junge Frauen gemeldet, die von Ähnlichem (Rekrutierung während des Konzerts, Party auf der Hinterbühne, viel Alkohol und Aufforderung zum Geschlechtsverkehr) berichten. Mal mit Bewusstseinsverlust, mal ohne. Mal mit einem insistierenden Lindemann, mal mit einem, der einen Korb akzeptiert, wenn er ihn erhält. Zu polizeilichen Ermittlungen scheint es nie gekommen zu sein.

Vielleicht auch deshalb nicht, weil es keinen Straftatbestand „Ausschenken von Alkohol, um die Chancen auf Geschlechtsverkehr zu erhöhen“ gibt. Insofern hängt viel an der Frage, ob auf Lindemanns Hinterbühnen-Partys ausgeschenkt wurde, was der Volksmund K.O.-Tropfen nennt und Lindemann in einem seiner Verse exakter „Rohypnol“. Dann nämlich handelte es sich nicht um Machtmissbrauch, sondern um Gewalt und um ein Verbrechen.

Dass viel von Machtmissbrauch gesprochen wird, hängt damit zusammen, dass oft die juristischen Mittel fehlen, Leuten wie Lindemann zu Leibe zu rücken. Man klagt, ohne anklagen zu können.

Bei anderen moralischen Beschwerden, die gerade im Umlauf sind, verhält es sich genauso. So wird von „kultureller Aneignung“ gesprochen, weil Klagegründe des Urheber- oder Marken- oder Beleidigungsrechts fehlen. Der Gebrauch mancher Worte („Mohrenapotheke“, „Indianer“, „Eskimo“ etc.) wird moralisch als Beleidigung gebrandmarkt, weil es keine Möglichkeit gibt, ihren Gebrauch rechtlich als Beleidigung zu verhindern.

Man spricht von Gewalt, aber in einem höheren Sinne, der rechtlich nicht rekonstruierbar ist. Moralische Verachtung etabliert insofern eine Ersatzjudikative. Wir können nichts machen, aber dafür können wir uns empören.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!