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#Kommentar zum stationären Handel: Nach dem Ladenschluss

Kommentar zum stationären Handel: Nach dem Ladenschluss

Noch am Samstag warnten mehrere stationäre Handelsketten in einem offenen Brief an die Bundesregierung vor einem Lockdown für die Branche. Das „wäre das Ende der Innenstädte, wie wir sie heute kennen“, klagten die Unternehmen, darunter die Modekette New Yorker und Discounter Tedi. Damit könnten sie recht haben, denn das Klagen der Händler fand kein Gehör. Mitte der Woche mussten alle Einzelhandelsgeschäfte wieder schließen, die nicht dem täglichen Bedarf dienen. Vorerst bis zum 10. Januar, doch sehr wahrscheinlich dürfte diese Frist noch mal verlängert werden.

Obwohl die Vertreter der Branche das Einkaufen durch Hygieneauflagen für sicher erachten und über den Lockdown schimpfen, sollte jedem mit einem Blick auf die hohen Infektionszahlen klar sein, dass das die richtige Entscheidung war. Menschen stecken sich dort an, wo Menschen aufeinandertreffen. Und das kann leider trotz vorbeugender Hygienemaßnahmen auch im Laden oder auf dem Weg dahin der Fall sein.

Für die Branche hätte es keinen schlechteren Zeitpunkt für den verschärften Lockdown geben können. November und Dezember gelten als die umsatzstärksten Monate des Jahres. Trotz der angekündigten Überbrückungshilfen des Staates werden sich einige Unternehmen davon schwerlich erholen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) hält bis zu 250.000 Arbeitsplätze im Innenstadthandel für gefährdet.

Händler liegen mit Vorwurf falsch

Über all das dürfen die Einzelhändler zu Recht klagen. Aber mit einem Vorwurf liegen die Händler falsch: Sie sehen ihre Interessen in der Krise nicht genügend vertreten. „Das Versagen der Corona-Politik darf nicht zum Verhängnis des deutschen innerstädtischen Handels werden“, heißt es in ihrem offenen Brief weiter. Doch sollten sie anerkennen, dass die Ladengeschäfte beim Teil-Lockdown ab November noch offen bleiben durften, obwohl der Kauf von Textilien oder Möbeln nicht systemrelevant ist. Andere Branchen wie die Gastronomie mussten vorher schließen.

Dass der Handel zunächst geschont wurde, haben die Händler auch der Einflussnahme ihres Lobbyverbandes HDE zu verdanken. Die Geschäfte offen zu lassen war ein Versuch, die Existenz vieler Unternehmer und Angestellten zu retten – und die Innenstadt vor einer möglichen Verödung zu bewahren. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete den Erhalt des stationären Einzelhandels noch im November sogar als „patriotische Aufgabe“. In einer Innenstadt, in der es nur noch große Filialketten gibt, möchte er nicht leben.

Wandel gehört zum Wettbewerb

Bei allem Patriotismus sollte eines nicht vergessen werden: Der Einzelhandel stand nie still. Wie die klassischen Tante-Emma-Läden haben mittlerweile auch die Warenhäuser ihre beste Zeit hinter sich, niemand sieht in ihnen mehr die modernste Art des Konsums. Große Händler wie Hertie oder Schlecker sind verschwunden, neue Läden eröffnen fortwährend. Wandel gehört zum Wettbewerb, er ist eine Reaktion auf sich wandelnde Bedürfnisse der Kunden und neue technologische Möglichkeiten. Zu langsam und unentschlossen ist aber bisher die Antwort des stationären Einzelhandels auf die wachsende Online-Konkurrenz ausgefallen. Diese Schwäche hat Corona gnadenlos offengelegt.

Es gab schon vor der Pandemie immer weniger Einzelhändler, die allein von ihrem stationären Geschäft gut leben konnten. Dazu zählt etwa die als verschwiegen geltende Modekette New Yorker. Doch mehrheitlich hat der stationäre Handel den digitalen Anschluss verpasst. Nach einer kürzlich veröffentlichten Umfrage unter 1400 Händlern haben nur 39 Prozent einen eigenen Onlineshop. Wie ist das möglich, wenn selbst der wichtige Weihnachtsumsatz seit Jahren immer häufiger online generiert wird? Wer nicht im Internet präsent ist, der erreicht viele Kunden nicht mehr. Das gilt schon seit vielen Jahren, die Corona-Krise beschleunigt dies. Der vorweihnachtliche Ladenschluss treibt nun auch Konsumenten ins Internet, die sich mit dem Einkaufserlebnis dort bisher nicht so recht anfreunden wollten oder konnten.

Für einen Abgesang auf das stationäre Ladengeschäft ist es aber zu früh. Ladengeschäfte und Online-Kanäle schließen sich nicht aus, es braucht beides. Möbelhäuser wie Ikea haben in der Pandemie gezeigt, dass es funktionieren kann: Während die Filialen im ersten Lockdown schließen mussten, bestellten die Kunden ihre Möbel nach Hause. Wer nicht warten wollte, hat die Ware vor der Filiale abgeholt. In diesem Jahr verkaufte das Unternehmen so viel über das Internet wie nie zuvor. Investiert wird trotzdem weiter in das stationäre Geschäft und in digitale Ladenkonzepte. Halten werden sich die Einzelhändler, die beide Kanäle kombinieren. Dadurch wird sich wohl auch die Innenstadt, wie wir sie heute kennen, verändern – vielleicht sogar zum Besseren.

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