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#Lagerfeld kommt in die Blockchain

Lagerfeld kommt in die Blockchain

Er war immer dabei. Wenn Karl Lagerfeld Fotos in seinem Studio an der Rue de Lille in Paris aufnahm, hatte Éric Pfrunder schon alles vorbereitet. Wenn der Chanel-Chefdesigner Modeshootings in Monaco oder auf Rügen, in Vermont oder in Wien machte – Pfrunder hatte als „Directeur de l’Image“ des Modehauses alles im Blick. Denn er war „der Vorarbeiter“, wie Lagerfeld den Franzosen im Spaß auf Deutsch nannte. Der Modeschöpfer selbst war der „Heimarbeiter“, denn meist zeichnete er zu Hause, und Gerhard Steidl, der in seinem Verlag in Göttingen aus vielen Fotos Bildbände machte, nannte er den „Ausarbeiter“.

Alfons Kaiser

Alfons Kaiser

Verantwortlicher Redakteur für das Ressort „Deutschland und die Welt“ und das Frankfurter Allgemeine Magazin.

Seitdem Karl Lagerfeld 1983 bei Chanel begonnen hatte, stand Éric Pfrunder an seiner Seite, 36 Jahre lang. Als der Modeschöpfer am 19. Februar 2019 starb, war Pfrunder bei ihm im Krankenhaus: Mit Lagerfelds Chanel-Assistentin Virginie Viard bangte er im Nebenzimmer, während Sébastien Jondeau am Sterbebett saß.

„Es gibt noch so viele Geschichten zu erzählen“, sagt Pfrunder im Videotelefonat. Denn es waren gute Jahrzehnte: Die Luxusbranche wuchs unaufhaltsam, Chanel vervielfachte seine Umsätze, und Lagerfeld stieg zum größten Modemacher auf. Pfrunder hat schöne Erinnerungen daran: Alle Rechte der Lagerfeld-Fotos liegen nicht etwa bei den mutmaßlich sieben Erben, nicht bei den Marken Karl Lagerfeld oder Chanel, sondern bei ihm. Und mit seinen Kindern Candice, Tess und Jasper arbeitet Éric Pfrunder daran, dieses fotografische Erbe zu bewahren. Nun hat er Zeit dafür: Seit Januar arbeitet er nicht mehr für Chanel, wo er zuletzt ein großes Team leitete.

Mehr als 80.000 Negative

Fotos mögen für die Ewigkeit gedacht sein, sind aber vergänglich. Wie soll man sie vor dem Verfall retten? Schließlich handelt es sich allein um mehr als 80.000 Negative – Lagerfeld begann zwar im Jahr 2000 mit der Digitalfotografie, nahm aber auch weiter analog auf. Zum Glück lernte Pfrunders Sohn Jasper vor einiger Zeit in Paris Marjorie Hernández kennen, die 2018 mit Fabian Vogelsteller in Berlin das Blockchain-Unternehmen Lukso gegründet hatte. Nun digitalisieren sie das Erbe gemeinsam – und authentifizieren es mit Blockchain-Technologie.

Die ewige Kanzlerin hätte es ja gar nicht nötig, so nett zu den anderen zu sein. Das wusste auch Karl Lagerfeld. Auch zu einer Ausgabe über Männer fiel Karl Lagerfeld 2014 etwas ein: nämlich eine Frau. Was heißt eine Frau? Die Frau! Lagerfeld, der Angela Merkel schon als Flamenco-Tänzerin in Szene gesetzt und sie in Überlebensgröße dem französischen Präsidenten gegenübergestellt hatte, arbeitete hier ihre eigentliche Rolle heraus: „Sie ist der Boss“, sagte der Modeschöpfer. Ihre Insignien scheint die mit dem Habitus eines Mannes ausgestattete Bundeskanzlerin voller Stolz zu tragen: den schwarz-rot-goldenen Schlips, die Krawattennadel mit dem Euro-Symbol, die Europa-Fahne als Einstecktuch, die Blume im Knopfloch als Erinnerung an die SPD und das grünliche Hemd als Mahnung, dass es eine Partei mit solcher Farbe ja auch noch gibt. Eigentlich hätte die ewige Kanzlerin es gar nicht nötig, so nett zu den anderen zu sein. Aber wer weiß: Vielleicht gehören die symbolischen Grüße zu einer Machttechnik, die andere Männer gar nicht beherrschen. (kai.)



Bilderstrecke



Aus dem F.A.Z.-Magazin
:


Karl Lagerfelds Karlikaturen als Galerie

Diese Technik hat Vorteile gegenüber einer Online-Datenbank, die durch Hacker angreifbar ist. Die Bilder digital zu kopieren und zu verbreiten ist zwar praktisch. Aber so fertigt man unzählige Replikas an. In der Mode und in der Kunst wird aber nicht der Kopie Wert beigemessen, sondern dem Original. Wie macht man aus den vielen Archivbildern digitale Unikate, die man wie Kunstwerke kuratieren, präsentieren, verleihen und verkaufen kann? Und wie kann man gleichzeitig die Geschichten, die Pfrunder zu erzählen hat, mit den einzelnen Bildern verknüpfen?

Mit der Blockchain soll das gehen. Man kann sich diese Technologie als eine Kette von Daten vorstellen. Diese Daten sind ähnlich einem Wäschezeichen in der Kleidung an ein digitales Gut geheftet, etwa eine Fotografie. Auf dem Datenlabel stehen beliebig viele Informationen. Zum Beispiel, wer wann wen wo fotografiert hat; wem die Fotografie gehört; welchen Wert sie hat und welche technischen Daten. Diese Kette kann im Laufe der Zeit länger werden. Jedes Original bekommt eine digitale Blockchain-Identität und damit eine eindeutige Quelle. So wird ein Foto faktisch zu einem Unikat. Es erhält „eine singuläre, nicht replizierbare Identität“, wie Marjorie Hernández sagt. Zuvor konnte man den Wert digitaler Güter etwa über den Zugang steuern, mit der Blockchain bekommen sie digitale Authentizität. Der Wert der Güter lässt sich mit Tokens, also Wertmarken, visualisieren. Lukso schafft so eine dezentralisierte Infrastruktur und vereinfacht den Zugang.

„Was würde Karl jetzt machen?“

Grundsätzlich ist die Blockchain-Technologie auch für Luxushäuser wie Chanel interessant. Zum Beispiel könnte man aus Pixelkleidern Unikate machen. Die Übertragung von haptischen Erlebnissen ins Digitale ist bislang noch eine Herausforderung. Aber das Digitale birgt ungeahnte Potentiale, auch wenn man sie noch nicht versteht. „Ich lerne jeden Tag dazu“ – so drückt es Pfrunder aus. Wichtig ist ihm nur, dass die Fotos gesichert sind.

Am Anfang fragte er sich: „Was würde Karl jetzt machen?“ Und weil Lagerfeld sich schon früh für neue Technologien interessierte, sagte Pfrunder zu. Mittlerweile ist er so eng mit dem Berliner Unternehmen verbunden, dass er in dessen Beirat berufen wurde.

„Daten sind auch Storytelling“, sagt Hernández. „Und Éric ist ein Meister darin, schöne Geschichten zu erzählen.“ Die Erinnerung trägt er jeden Tag mit sich. Über Video ist zu erkennen, dass Pfrunder wieder eines der maßgefertigten Hemden mit hohem Kragen von Hilditch & Key trägt, die er jedes Jahr zu Dutzenden von seinem Mitstreiter und Freund geschenkt bekam. Er hat noch Hunderte davon. „Eigentlich“, sagt sein Sohn Jasper, „sollten wir die für dich digitalisieren.“

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