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#Peniswürmer erfanden Einsiedlerkrebs-Konzept

Peniswürmer erfanden Einsiedlerkrebs-Konzept

Die Schneckenhäuser-bewohnenden Strandkrebse sind das berühmteste Beispiel: Manche Meerestiere eignen sich leere Behausungen anderer an. Diese Strategie ist offenbar erstaunlich alt, belegt nun eine Studie: Schon vor etwa 500 Millionen Jahren quartierten sich demnach Vertreter der auch Peniswürmer genannten Priapuliden in fremden Schalen ein. Vermutlich schützten sich die skurril geformten Wesen dadurch vor Feinden. Der Befund belegt damit auch die bereits beachtliche Komplexität des Lebens in den Meeren des Kambriums, sagen die Forscher.

Statt selbst Schutzstrukturen hervorzubringen, übernehmen sie die leeren Schalen von Muscheln und Schnecken: Diese Strategie ist heute vor allem bei Vertretern der marinen Gliedertiere verbreitet. Einsiedlerkrebs und Co nutzen die harten Strukturen, um ihren empfindlichen Hinterleib zu schützen und sich bei Gefahr schnell zurückziehen zu können. Auf der Grundlage von Fossilienfunden ging man bisher von einer vergleichsweise jungen evolutionären Erfindung aus: Die Krebstiere haben das Konzept wohl erst im Zeitalter des Jura entwickelt. Doch wie aus der Studie eines internationalen Forscherteams nun hervorgeht, hatten offenbar bereits Lebewesen des Kambriums einige hundert Millionen Jahre vor den Krebsen das Einsiedler-Prinzip hervorgebracht.

Priapswürmer in annektierten Häuschen

Die Ergebnisse basieren auf der Untersuchung von Funden, die aus einer Fossilienlagerstätte im Süden Chinas stammen und auf ein Alter von etwa 500 Millionen Jahren datiert wurden. Wie die Wissenschaftler berichten, ist das Besondere an diesen Überresten, dass sich neben Schalen von Meerestieren auch manchmal Spuren weicher Gewebe erhalten haben. So sind auch Spuren von Wesen erhalten geblieben, die die Wissenschaftler den Priapswürmern (Priapulida) zuordnen konnten. Auch heute gibt es noch Vertreter dieser skurrilen Meerestiere, die in Sedimenten leben – in Schalen steckende Arten gibt es hingegen nicht mehr. Wegen ihres an das männliche Geschlechtsorgan erinnernden Aussehens wurden diese Wesen nach dem griechischen Gott der Manneskraft – Priapos – benannt. Daraus ergibt sich auch die Bezeichnung „Peniswürmer“.

Aus Fossilfunden ist bereits bekannt, dass die Entwicklungsgeschichte der Priapswürmer auf das Kambrium zurückgeht. Das Wissenschaftlerteam hat nun allerdings vier fossile Exemplare eines urzeitlichen Vertreters dieser Wesen entdeckt, die eine besondere Lage aufweisen: Diese etwa zwei Zentimeter großen Priapswürmer stecken in den konischen Schalen von sogenannten Hyolithen – schalenlebenden Weichtieren, die damals offenbar auf dem Meeresboden weit verbreitet waren. „Alle drei Exemplare sitzen in denselben Arten von Schalen sowie in derselben Position und Ausrichtung“, berichtet Co-Autor Martin Smith von der Duham University.

Frühe Erfindung nach der Kambrischen Explosion

Die Größe und Form der Peniswürmer scheint an die jeweilige Schale angepasst zu sein und eine Verdickung am Ende der wurmartigen Körper könnte der Verankerung in der Schale gedient haben, schreiben die Wissenschaftler. „Die einzige plausible Erklärung scheint zu sein, dass die Schalen das Zuhause dieser Priapswürmer bildeten“, sagt Smith. Demnach handelt es sich um einen Fall der parallelen Evolution: Schon im Kambrium haben Lebewesen offenbar eine Strategie entwickelt, die viel später Krebstiere erneut hervorgebracht haben, konstatieren die Wissenschaftler.

„Das war eine echte Überraschung“, betont Smith. Wie er erklärt, handelt es sich um eine erstaunlich frühe Entwicklung in der Evolutionsgeschichte. Denn sie stammt aus der Zeit kurz nach der sogenannten Kambrischen Explosion, bei der erstmals höher entwickelte Tierformen entstanden sind. „Nicht lange bevor diese Schalen-Bewohner existierten, gab es nichts Komplexeres als Algen oder Quallen“, sagt Smith. Die Wissenschaftler gehen zudem davon aus, dass sich diese Vertreter der Priapswürmer durch das Einsiedlerkrebs-Konzept schützten. Demnach gab es offenbar auch bereits entsprechende Feinde.

„Es erscheint erstaunlich, dass sich so kurz nach dem Auftauchen der ersten komplexen Tiere schon vielschichtige und gefährliche Ökosysteme abzeichnen, die normalerweise mit viel jüngeren Perioden der Erdgeschichte in Verbindung gebracht werden“, so Smith. Dies verdeutlicht, wie überraschend schnell und flexibel Evolutionsprozesse ablaufen können, schreiben die Wissenschaftler abschließend.

Quelle: Durham University, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2021.10.003

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