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#„Liebe es, wenn es auf Leidensbereitschaft ankommt“

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„Liebe es, wenn es auf Leidensbereitschaft ankommt“

Wann Jonas Rutsch sich beruflich am wohlsten fühlt? Nicht wenn es ruhig zugeht im Rennen, die Sonne scheint und der Asphalt eben ist. Sondern wenn es Schlag auf Schlag geht, Mann gegen Mann und die Taktik keine Rolle mehr spielt. „Ich liebe es, wenn alle auf dem Rad nahezu tot sind und es nur noch auf Stärke und Leidensbereitschaft ankommt. Und das findet man von Kilometer 230 an bei Paris-Roubaix“, sagt der 23-Jährige aus erstmaliger Erfahrung. Als Rutsch zu Jahresbeginn 2020 im Profizirkus ankam, war er fasziniert und beseelt von der Aussicht, seine Fähigkeiten bei der „Königin der Klassiker“ ausprobieren zu können.

Mit seinen im Peloton ungewöhnlichen Körpermaßen von 1,97 Metern und 82 Kilogramm hat er beste Voraussetzungen für den knüppelharten Ritt über die 30 Pflastersektoren. Im vergangenen Jahr jedoch fiel Paris-Roubaix aus, in diesem Jahr wurde es in den Herbst verschoben. Als das Rennen am Sonntag bei Regen gestartet wurde und sich zu einer epischen Schlammschlacht verwandelte, zeigte Debütant Rutsch eine enorm starke Leistung. Im Ziel im Velodrom von Roubaix war er nach über sechs Stunden Schwerstarbeit im Sattel Elfter und bester Deutscher.

Und zeigte sich auch ein paar Tage danach im Gespräch mit der F.A.Z. noch enttäuscht, dass es nicht zu mehr gereicht hat. Im letzten Rennviertel lag der Odenwälder sogar mal auf Platz fünf, doch ein früher Sturz und zwei Defekte raubten ihm zu viele Kräfte. „Roubaix lügt nicht. Dort kann sich niemand verstecken. Es ist wie ein 257 Kilometer langes Zeitfahren. Da halten sich am Ende nur wenige Handvoll Fahrer vorne – zu denen kann ich mich nun zählen“, sagt der Profi vom Team EF Education-Nippo, dessen Vertrag in Kürze verlängert werden soll.

„Ich habe nur noch getreten“

Wenn Rutsch dieser Tage nach einer langen Saison die Füße hochlegt und das Rad erstmal stehenlässt, dann in der guten Gewissheit „für mich und das Team, das auf vielem gut aufzubauen ist. Dass ich voll angekommen bin und ein Maß an Talent und Ambition erkennbar ist“, sagt der gebürtige Erbacher. Dies hätte er gerne in dieser Saison noch „mit einem Topresultat doppelt unterstrichen“, wie er sagt. Doch der starke Eindruck, den er im Sommer bei der Tour de France, seiner ersten dreiwöchigen Landesrundfahrt, hinterließ und sein Husarenritt in der „Hölle des Nordens“ am Sonntag, haben ihn zu einem hochrespektierten Rennfahrer hierzulande gemacht.

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Das Erlebnis und Ergebnis in Roubaix stellten auch die Enttäuschung in den Schatten, dass er eine Woche zuvor vom Bund Deutscher Radfahrer nicht für die Weltmeisterschaften in Flandern nominiert worden war. Denn diese Ausgabe von Paris-Roubaix, die ins kollektive Radsportgedächtnis eingehen wird, hat auch Rutsch neue Facetten seines Jobs nahegebracht. „Es war eine besondere Erfahrung. Ich habe irgendwann nicht mehr viel mitbekommen rechts und links und Drumherum und habe nur noch getreten“, sagt er.

Als sich in einem Begleitfahrzeug die Lauffläche eines Reifens ablöste und Fahrer dadurch zu Fall kamen, dachte Rutsch zunächst, er sei „schon im Delirium oder einer Fata Morgana aufgesessen“. Doch der radfahrerische Grenzgang auf tückisch glattem Kopfsteinpflaster sollte noch mehr Höhen und Tiefen für ihn bereithalten. Einmal seien vor ihm so viele Profis zu Fall gekommen, dass der Pflastersektor wie verbarrikadiert war.

„Weil man bei diesem Tempo und den Bedingungen die Bremse besser nicht anfasst, bin ich recht kontrolliert auf einen Acker abgeflogen“, so Rutsch, der sich auf den Pavés häufig als Zugpferd an die Spitze einer Gruppe setzte, um die beste Linie zu finden und seinen eigenen Rhythmus treten zu können. In den sozialen Netzwerken wurde noch an den Tagen danach gewitzelt, dass Rutsch vermutlich noch immer eine Gruppe Radler irgendwo in Nordfrankreich anführt. „Das ist sicher meine Schwäche, dass ich aus Nervosität und Respekt vor dem Rennen viele Körner verschwendet habe“, sagt er. „Aber ich wollte auf keinen Fall stürzen.“ Das ist ihm gelungen – und noch viel mehr.

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