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#Lösung des Dezemberrätsels – Kritisch gedacht

Lösung des Dezemberrätsels – Kritisch gedacht

Zuerst einmal muss ich mich entschuldigen: Die Lösung des Dezemberrätsels, die ich für Ende 2015 angekündigt hatte, ließ lange auf sich warten. Mir kamen irgendwie die Weihnachtsferien dazwischen, und eine Menge Arbeit, und die übliche Prokrastination… Und dann hatte ich auch das Gefühl, dass es eigentlich nichts mehr aufzulösen gäbe, da eine hartnäckige Bande von Rätslern am Ende gemeinsam ohnehin schon alles gesagt hatte, was zu sagen war.

Trotzdem, hier also jetzt die “offizielle” Auflösung:

Anna kann gegen einen klugen Bernd ihre Gewinnwahrscheinlichkeit tatsächlich über 50% heben, allerdings nur geringfügig darüber. Dazu müssen wir zunächst klären, was ein “kluger Bernd” eigentlich sein soll. Hinter dieser Formulierung steht die Annahme, Bernd sei gewissermaßen hyperrational – er antizipiert die von Anna gewählte Strategie und reagiert optimal (für ihn gewinnmaximierend) darauf. Annas Ziel ist es also, ihre Gewinnchance durch geschickte Strategiewahl zu erhöhen, gegeben dass Bernd optimal darauf reagiert. Hier sind wir übrigens schon mitten in der Spieltheorie, es handelt sich nämlich technisch ausgedrückt um ein endliches 2-Personen-Konstantsummenspiel, das mit John von Neumanns (1928) Minimax-Theorem lösbar ist.

Bevor wir uns geeignete Strategien für Anna – und für Bernd – überlegen, müssen wir definieren, was überhaupt eine Strategie ist. Als “reine Strategie” bezeichnen wir einen “Verhaltensplan”, also einen vorab festgelegten und deterministischen Plan, der beschreibt, welches Zahlenpaar man wählt (für Bernd) bzw. ob man tauscht oder nicht, wenn man eine bestimmte Zahl sieht (für Anna). Für Bernd ist eine reine Strategie also einfach ein Paar (X,Y) mit X < Y von Zahlen zwischen 1 und 1000, er hat demnach 1000 x 999 / 2 = 499500 reine Strategien. Das klingt zwar nach einer ganzen Menge, ist aber nichts im Vergleich zur Anzahl von Annas möglichen reinen Strategien. Im Grunde kann Anna nämlich eine von 1000 Zahlen sehen, und für jeden dieser 1000 Fälle muss sie sich überlegen, ob sie den entsprechenden Zettel behält oder tauscht. Das sind insgesamt 2^1000 mögliche Strategien, also

1071508607186267320948425049060001810561404811705533607443750388370351051 12493612249319837881569585812759467291755314682518714528569231404359845775 7469857480393456777482423098542107460506237114187795418215304647498358194 1267398767559165543946077062914571196477686542167660429831652624386837205 668069376, was doch deutlich mehr ist.

Allerdings kann keine einzige dieser Strategien Annas Gewinnchance gegen den klugen Bernd erhöhen. Denn für jede dieser reinen Strategien kann Bernd seine beiden Zahlen so wählen, dass Annas Strategie ihr lediglich eine 50%ige Gewinnwahrscheinlichkeit beschert. Wenn Annas Strategie z.B. lautet: “Tausche bei 12, 134 und allen Zahlen größer als 788, ansonsten behalte”, dann kann Bernd z.B. mit der Strategie (401, 645) kontern (oder mit unzähligen anderen). Anna wird dann jedenfalls behalten, und es bleibt bei ihrer 50% Gewinnchance. Ähnliches gilt für jede andere von Annas reinen Strategien.

Glücklicherweise hat Anna aber noch die Möglichkeit, ihre reinen Strategien zu “mischen”. Unter einer “gemischten Strategie” versteht man eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf den reinen Strategien. Anna hat also nicht nur ihre reinen Strategien zur Auswahl, sondern auch unendlich viele gemischte Strategien. Eine solche gemischte Strategie könnte z.B. lauten “Mit Wahrscheinlichkeit 1/3 tausche ich bei 3, 4 und 5, mit Wahrscheinlichkeit 2/3 tausche ich bei 498, 532 und allem von 933 bis 951.” Der Clou dabei ist: Wenn Anna eine gemischte Strategie spielt, dann wird ihr tatsächliches Verhalten zufällig und kann dadurch von Bernd nicht antizipiert werden. (Auch hyperrationale Spieler sind keine Hellseher.)

Anna kann jetzt durch die Wahl einer gemischten Strategie ihre Gewinnchance tatsächlich über 50% heben. Das geht z.B. durch jene Strategie, die wir die Z-Strategie nennen wollen. Sie lautet: “Ich wähle zufällig (gleichverteilt) eine Zahl Z zwischen 1 und 999. Wenn die Zahl auf meinem Zettel kleiner oder gleich Z ist, dann tausche ich, ansonsten behalte ich.” Egal welches Zahlenpaar (X,Y) Bernd nun wählt, gibt es immer eine strikt positive Wahrscheinlichkeit, dass Annas Z in den Bereich X <= Z < Y fällt. Wenn das passiert, dann tauscht Anna, falls sie X zieht, behält aber, falls sie Y zieht, d.h. sie gewinnt dann auf jeden Fall. Wenn Annas Z nicht in diesen Bereich fällt, dann tauscht sie entweder auf jeden Fall oder behält auf jeden Fall, und wahrt damit ihre 50% Chance. Insgesamt hat sie also eine Gewinnwahrscheinlichkeit von mehr als 50%.

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