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#Lügen für die Wahrheit

„Lügen für die Wahrheit“

Was ist echt, was ist wahr? Wer ist man wirklich? Und kann es sein, dass man lügen muss, um die Wahrheit zu erzählen? Ob es an der Angst vor Fake News liegt, an Instagramfiltern oder einfach daran, dass für die Fiktion diese Frage immer ziemlich zentral ist: Gerade handeln sehr viele Filme davon, was man glauben kann und welche Identitäten als echt gelten können.

Natürlich ist in Spielfilmen selbst sowieso schon mal gar nichts wahr. Identitäten werden dort lieber entzogen als offenbart. Aber vielleicht sind sie gerade deshalb ein so gutes Medium, um darüber nachzudenken, was diese Echtheit gefährdet, was sie ist oder sein könnte. Ob man sie überhaupt braucht. Und wenn ja, um welchen Preis.

Eine frühe Filmszene in „Wie im echten Leben“ von Emmanuel Carrère zeigt die Hauptfigur Marianne (Juliette Bi­noche) bei einer Jobmesse im nordfranzösischen Caen. Was ihre größten Schwächen und Stärken seien, wird sie gefragt, und sie gibt die perfekten Antworten, zu denen ihr die Mitarbeiterin der Arbeitsagentur geraten hat: Dynamisch, fröhlich und teamfähig ist sie. Vielleicht ein wenig zu perfektionistisch. Und ehrgeizig. Sie wolle für den Branchenbesten arbeiten.

Das klinge nicht schlecht, sagt man ihr: Vielleicht – wohlgemerkt: vielleicht – rufe man sie zurück. Es geht um einen Job als Reinigungskraft. „Das ist ein kompetitiver Sektor, das ist die Zukunft.“ Marianne fragt dann Cédric (Didier Pupin), den sie auch auf der Jobmesse kennenlernt, was er als seine Stärken und Schwächen nenne.

Hélène Lambert und Juliette Binoche in dem französischen Film „Wie im echten Leben“ von Emmanuel Carrère.


Hélène Lambert und Juliette Binoche in dem französischen Film „Wie im echten Leben“ von Emmanuel Carrère.
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Bild: Neue Visionen Filmverleih

„La franchise“, „die Ehrlichkeit“, ist seine Antwort auf beide Fragen. Marianne sagt: „Hm, ich und die Ehrlichkeit – das ist keine so einfache Sache.“ Sie lüge schon manchmal. Irgendwann allerdings sage sie dann immer die Wahrheit. „Dann ist es doch keine Lüge“, sagt Cédric.

Das Geheimnis der Journalistin

Die Szene ist eine von vielen Vorausdeutungen auf Mariannes Geheimnis. Zwar sucht sie gerade tatsächlich eine Arbeit in Caen, wohnt in einem kleinen, kargen Zimmer und hat an Kontakten bloß die Menschen, die sie über die Arbeitssuche kennenlernt.

Die Geschichte von ihrem Mann, dessen Buchhaltung sie machte und der eines Tages die Nachbarin bei sich einziehen ließ, sodass Marianne ihr Dorf verlassen musste und nun ohne Haus, ohne Geld und ohne offizielle Arbeitserfahrung dasteht, ist allerdings erfunden.

Tatsächlich ist Marianne Winckler Buchautorin und Journalistin, eine investigative Reporterin, die eine Rolle spielt, um von den Arbeitsbedingungen im Niedriglohnsektor zu berichten – genau wie Florence Aubenas, auf deren Buch „Le quai de Ouistreham“ der Film basiert.

Marianne findet Arbeit und verliert sie wieder. „Widersprechen Sie nicht Leuten, die intelligenter sind als Sie!“, entgegnet man ihr, als sie eine ungerechte Behandlung benennt. Die Herausforderung, das begreift man mit ihr, ist nicht etwa die Bereitschaft, als Putzfrau zu arbeiten, es sind die Zeitnot bei der Arbeit und die Verachtung der Vorgesetzten.

Dann beginnt sie im Reinigungsteam der Fähre zu arbeiten, die täglich am Quai de Ouistreham anlegt. Die Arbeit ist hart, körperlich die härteste bisher: Nur anderthalb Stunden Zeit sind zwischen dem Moment, in dem die Passagiere das Schiff verlassen, und der Ankunft der nächsten Reisenden.

Verachtung der Vorgesetzten

Das macht vier Minuten pro Kabine, um die Stockbetten frisch zu beziehen, Boden, Bad und Toilette zu reinigen. Weshalb die Reisenden nicht einmal die Spülung der Toiletten betätigten, sondern das ihnen überließen, könne sie einfach nicht verstehen, wundert sich Marianne. Das sei eben, um sie zu ärgern, antwortet ihre Kollegin.

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