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#Macrons Zuversicht müssen jetzt Taten folgen

Der Optimismus des französischen Präsidenten muss ankommen. In der EU insgesamt – aber vor allem in Berlin.

Emmanuel Macron hat die Bühne des Weltwirtschaftsforums genutzt, um sich in Abwesenheit des deutschen Bundeskanzlers als Repräsentant eines optimistischen, kämpferischen und der Zukunft zugewandten Europas zu präsentieren. Damit setzte Macron einen Kontrapunkt zu den nicht selten quälerischen Debatten über eine nachhaltige Schwäche Europas, die in vielen Gesprächen in Davos leider auch mit einer erschreckenden Schwäche Deutschlands gleichgesetzt wird. Macron erwähnte Deutschland kaum und pries stattdessen die wirtschaftlichen Fortschritte Frankreichs.

In Paris ist schon seit einiger Zeit der Eindruck verbreitet, die Fragmentierung der Welt in Kombination mit einer gänzlich irrationalen nationalen Energiepolitik habe Deutschlands Wirtschaftsmodell und damit seine Vormachtstellung in der Europäischen Union nachhaltig erschüttert, während in Berlin mit Blick auf Frankreich gerne in erster Linie auf eine sehr hohe Staatsverschuldung verwiesen wird.

Die kursierenden Geschichten über offenkundige Eifersüchteleien zwischen Macron und Scholz sind mittlerweile Legion. Dass man auf diese Weise nicht weiterkommt, müsste in Paris wie in Berlin eigentlich bekannt sein.

Selbstzerstörerische Russophilie

Macrons Davoser Rede enthielt eine Botschaft, die es verdient, in ganz Europa aufgenommen zu werden: Europa verspielt seine Zukunft, wenn es wie das Kaninchen vor der Schlange verängstigt auf eine zweite Amtszeit Donald Trumps und auf einen weiteren Vormarsch von Populisten und Extremisten an der Wahlurne schaut. Stattdessen müsste sich Europa seiner Stärken besinnen, sie bündeln, seine Interessen selbstbewusst nach außen vertreten und sich im Inneren in der Sache entschieden gegen jene wenden, die eine Zukunft in der nationalen Wagenburg – und man müsste für Deutschland ergänzen: in selbstzerstörerischer Russophilie – suchen.

Auf Worten alleine ist ein starkes und selbstbewusstes Europa nicht zu bauen. Wenn Macron fordert, Europa müsse einen Beitrag für einen Frieden im Nahen Osten leisten und unbedingt verhindern helfen, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinnt, wird er im Bundeskanzleramt nicht auf Widerstand stoßen. Ganz im Gegenteil übertrifft die deutsche Militärhilfe für die Ukraine die französische ganz erheblich.

Macrons Überzeugung, der beste Beitrag gegen den Populismus sei die Schaffung gut bezahlter und sicherer Arbeitsplätze, wird wohl auch im Kanzleramt geteilt. Und dies nachdem die SPD über Jahre zu ihrem Schaden erfahren hat, was es an der Wahlurne bedeutet, wenn man vor allem als Partei von Transferempfängern und nicht länger als Partei von Arbeitnehmern wahrgenommen wird.

Berlin und Paris sollten endlich zusammenfinden

Die wirtschaftliche Wiederbelebung eines alternden und verkrusteten Kontinents ist allerdings keine Kleinigkeit; sie wird gerade von Deutschland und Frankreich Mut zu Veränderungen verlangen. In Paris wie in Berlin blickt man mit glänzenden Augen auf Joe Bidens expansive Finanzpolitik (die ihm im Wahlkampf möglicherweise wenig helfen wird).

Anstatt end- und folgenlos über die Schuldenbremse (Berlin) oder Eurobonds (Paris) zu sinnieren, sollte die von der Wirtschaft seit Langem zurecht geforderte und von den Regierungen blockierte Vollendung des gemeinsamen Binnenmarkts entschlossen vorangetrieben werden. Europa mangelt es nicht an privatem Kapital zur Finanzierung notwendiger Investitionen, aber es fehlt an einer Kapitalmarkt- und Bankenunion, die eine effiziente Verwendung des Kapitals erheblich erleichterte. Zur Vollendung des Binnenmarkts gehörte auch eine entschie­dene Deregulierung und ein Zurück­drängen der Bürokratie.

Hierfür müsste in Frankreich allen Fortschritten zum Trotz mehr Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Märkten entstehen. In Deutschland wäre endgültig Abschied zu nehmen von der intellektuellen Beschränktheit eines Diskurses, der Europa in erster Linie als eine Veranstaltung zur Ausplünderung Deutschlands durch Südeuropa interpretiert.

Wohl nicht zufällig hat Bundesbankpräsident Joachim Nagel das diesjährige Weltwirtschaftsforum genutzt, um Offenheit gegenüber der Bankenunion zu signalisieren. Die schlimmsten Wunden hat sich Deutschland vielmehr selbst geschlagen, als es überheblich auf warnende Stimmen aus Europa nicht hören wollte: etwa in der Energiepolitik, aber auch in der Migrationspolitik ab 2015.

Vielleicht braucht Europa gelegentlich eine Anfeuerung wie die Rede Macrons. Vor allem aber müssen den Worten überzeugende Taten folgen. Und Berlin und Paris sollten endlich zusammenfinden.

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