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#Das System, das zum Tod George Floyds führte

Es ist gut drei Jahre her, dass Derek Chauvin neun Minuten und 29 Sekunden lang auf dem Hals George Floyds kniete. Dass der weiße Polizeibeamte auch dann nicht von dem Schwarzen abließ, als dieser mehr als zwanzig Mal rief, dass er keine Luft bekomme. Dass Floyds Tod auf den Straßen von Minneapolis die größten Bürgerrechtsproteste der Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahrzehnten hervorrief. „George Floyd sollte noch am Leben sein“, sagte der amerikanische Justizminister Merrick Garland, als er am Freitag in Minneapolis bei einer Pressekonferenz vor das Mikrofon trat. Dann setzte er zu einer vernichtenden Bestandsaufnahme der Zustände in der Polizeibehörde von Minneapolis an.

Sofia Dreisbach

Politische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Was Garland vortrug, war das Ergebnis einer zwei Jahre dauernden Untersuchung des Justizministeriums zu verfassungswidrigen und rechtswidrigen Praktiken der Polizei in der größten Stadt Minnesotas. Ein 89 Seiten langer Bericht kommt zu dem Ergebnis, die „systemischen Probleme“ der Polizeibehörde hätten „ermöglicht, was George Floyd widerfahren ist“. Es gebe eine „routinemäßige Anwendung übermäßiger Gewalt“, sagte Garland. Außerdem gebe es ein Muster der Diskriminierung von Schwarzen, Indigenen und Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten.

Besonders hart gegen Schwarze und Indigene

Videoaufnahmen des Vorfalls vom 15. Mai 2020 zeigen, wie Floyd den Beamten verzweifelt bittet, von ihm abzulassen. „I can’t breathe“ („Ich kriege keine Luft“) wurde zum Ruf der Hunderttausenden Demonstranten gegen Rassismus und Polizeigewalt in Amerika und auf der ganzen Welt. In dem Bericht heißt es nun, solche Vorfälle habe es häufiger gegeben. In „zahlreichen“ Fällen hätten die Beamten der Polizei Minneapolis auf den Hinweis, dass jemand keine Luft mehr kriege, geantwortet: „Du kriegst Luft. Du redest doch gerade.“ Über Jahre habe man „gefährliche Techniken und Waffen gegen Menschen eingesetzt, die höchsten ein Bagatelldelikt und manchmal gar kein Delikt begangen haben“, heißt es weiter.

Dabei gehen die Beamten besonders hart gegen Schwarze und Indigene vor. Anstatt nach Floyds Tod mehr Transparenz walten zu lassen, gab es innerhalb der Polizei in Minneapolis offenbar Versuche, möglicherweise rassistisches Verhalten zu verschleiern. Vor Mai 2020 wurde bei rund 71 Prozent der Verkehrskontrollen am Tag die ethnische Zugehörigkeit der Menschen notiert, wie es die Auflagen der Polizei verlangen – danach jedoch nur noch in einem Drittel der Fälle. Insgesamt urteilt das Justizministerium, die Aufarbeitung von Fehlverhalten innerhalb der Behörde sei „unentschuldbar langsam“. In mehr als der Hälfte der Fälle dauerte es mindestens ein Jahr, bis sie abgeschlossen wurden, ein Viertel blieb für mindestens zwei Jahre in der Schwebe. Ausbilder, gegen die ermittelt wurde, durften ihre Arbeit weiter ausüben.

In Untersuchungen würden außerdem oft „wesentliche Schritte“ ausgelassen. Der Bericht nennt als Beispiel eine Beschwerde, die mit einer Grillparty zusammenhängt. Bei dieser soll ein Beamter einen Mann von hinten ans Bein getreten, ihn so zu Fall gebracht und sich anschließend mit dem Knie auf dessen Wirbelsäule gekniet haben. Ein zweiter Polizist soll dem Mann Dreck ins Gesicht gekickt haben, ein Zeuge berichtete außerdem von Tritten in den Bauch. Es sei jedoch keiner der anwesenden acht Beamten zu dem Vorfall befragt worden. Stattdessen empfahl der Ermittler die Einstellung des Verfahrens, weil der Fall den Zeitraum überschritten habe, „in dem mögliche Maßnahmen gegen einen der beteiligten Beamten ergriffen werden könnten“. Zwei Jahre nach Einreichen der Beschwerde wies die Polizeibehörde diese ab.

Rassist und stolz darauf

Der Bericht hebt hervor, dass Menschen in Minneapolis seit Jahren auf rassistisches und von übermäßiger Gewalt geprägtes Verhalten der Polizei hinweisen. Doch trotz der Beschwerden und anderer Berichte, die rassistisches Verhalten nahelegen, sei die Behörde das „Problem der Voreingenommenheit“ nicht angemessen angegangen. Einige Beamte hätten die Angst geäußert, als rassistisch wahrgenommen zu werden – „auch wenn sie uns gegenüber Bemerkungen machten, die ihrerseits Voreingenommenheit und Verachtung gegenüber den Menschen, deren Helfer sie sein sollten, erkennen ließen“, heißt es in dem Bericht. Bei der Kontrolle eines Autos mit vier Schwarzen im Jahr 2015 drohte der Beamte diesen etwa mit gezogener Waffe: „Wenn ihr mich verarscht, breche ich euch schneller die Beine, als ihr weglaufen könnt.“ Einer der jungen Männer sagte damals: „Junge, du bist ein Rassist.“ Der Polizist antwortete: „Ja, und ich bin stolz darauf.“ Erst als Wochen später Videoaufnahmen der Szene öffentlich wurden, leitete die Polizeibehörde eine Untersuchung ein und feuerte den Beamten schließlich.

Die Ergebnisse der Untersuchung beruhen auf der Durchsicht Tausender Dokumente und Akten, den Aufnahmen von Kameras, die Polizisten während Einsätzen bei sich tragen, von Daten, Gesprächen mit Beamten, Beschäftigten im Gesundheitswesen und Menschen aus Minneapolis. In der Zusammenfassung heißt es, es gebe „begründeten Anlass zu der Annahme, dass die Polizeibehörde von Minneapolis und die Stadt ein Verhaltensmuster und Praktiken an den Tag legen, die Menschen ihrer verfassungsmäßigen Rechte beraubt“.

Es fehle an Maßnahmen, um derlei Machtmissbrauch zu verhindern. Als Ergebnis der Untersuchung haben sich das Justizministerium, die Stadt Minneapolis und die Polizeibehörde darauf geeinigt, dass Reformen von einem unabhängigen Beobachter begleitet werden. Polizeichef Brian O’Hara, der seit November 2022 im Dienst ist, äußerte nach dem Bericht, er sei bestrebt, „die Art von Polizeibehörde zu schaffen, die jeder Einwohner von Minneapolis verdient“.

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