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#Mars: Heißer Druck aus der Tiefe

„Mars: Heißer Druck aus der Tiefe

Da tut sich offenbar noch etwas: Unter den nördlichen Ebenen des Mars könnte ein sogenannter Mantelplume die Kruste nach oben drücken und damit die bisherigen Spuren junger vulkanischer und seismischer Aktivitäten in dem Gebiet erklären. Dies geht aus einer Analyse der Topografie, Schwerkraft und Geologie der Region Elysium Planitia hervor sowie aus einem geophysikalischen Modell, das den möglichen Prozess beschreibt. Die Ergebnisse haben eine wichtige Bedeutung für das Verständnis der planetaren Entwicklung und sogar für die Einschätzung der Lebensfreundlichkeit des Mars, sagen die Wissenschaftler.

Zumindest oberflächlich betrachtet wirkt unser Nachbarplanet heute starr und inaktiv. Allerdings zeichnet sich auch deutlich ab, dass das nicht immer so war: Überreste von teils gigantischen Vulkankegeln und Gesteinsablagerungen auf seiner Oberfläche zeugen von der „heißblütigen“ Vergangenheit des Mars. Doch diese markanten Spuren des Vulkanismus sind uralt. Der Mars besitzt zwar wohl noch Glut im Inneren, doch lange ging man davon aus, dass sie sich nicht mehr äußerlich bemerkbar macht. Denn dem Planeten fehlt ein Aspekt, der im Fall der Erde für den Großteil des Vulkanismus verantwortlich ist: Durch die Verschiebungen der Erdplatten im Rahmen der Plattentektonik kommt es zu seismischer und vulkanischer Aktivität. Das Fehlen solcher Prozesse auf dem Mars führte dazu, dass er lange für einen weitgehend starren Planeten gehalten wurde, auf dem in den letzten drei Milliarden Jahren nicht mehr viel passiert ist.

Doch Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre widersprachen dann diesem Image: Der NASA-Lander InSight, der sich seit 2018 auf dem Mars befindet, stellte deutliche seismische Aktivität im Untergrund fest. Die Erschütterungen scheinen dabei von einem nahe gelegenen System aus Spalten namens Cerberus Fossae auszugehen. Von dort gab es auch weitere interessante Befunde: „Frühere Arbeiten unserer Forschergruppe haben dort Hinweise auf den jüngsten bekannten Vulkanausbruch auf dem Mars gefunden. Er verursachte eine kleine Eruption vulkanischer Asche möglicherweise vor nur etwa 53.000 Jahren, was in geologischer Zeitrechnung im Grunde genommen gestern ist“, sagt Jeffrey Andrews-Hanna von der University of Arizona in Tucson. Gemeinsam mit seinem Kollegen Adrien Broquet ist er in der aktuellen Studie nun der Frage nachgegangen, was hinter den jungen geologischen Aktivitäten auf dem Mars stecken könnte.

Was verursacht die Aktivität?

Auf der Erde sind neben der Plattentektonik auch sogenannte Mantelplumes als Ursache für Vulkanismus und Erdbeben bekannt. „Da wir wissen, dass es auf dem Mars keine Plattentektonik gibt, haben wir untersucht, ob die Aktivität, die wir in der Region Cerberus Fossae sehen, das Ergebnis eines Mantelplumes sein könnte“, sagt Broquet. Wie die Wissenschaftler erklären, kann man sich dieses geologische Phänomen vorstellen wie die warmen Gebilde, die in einer Lavalampe aufsteigen. Mantelplumes sind große Blasen aus heißem Gesteinsmaterial, die durch ihre geringere Dichte aus dem Inneren eines Planeten aufsteigen und sich durch seinen Mantel drücken. Dabei können sie die Kruste anheben und damit Erdbeben, Verwerfungen und Vulkanausbrüche verursachen. Auf der Erde ist beispielsweise die Inselkette von Hawaii entstanden, als die Pazifische Platte langsam über einen Mantelplume driftete. „Es ist bekannt, dass Mantelplumes auf der Erde und der Venus aktiv sind“, so Andrews-Hanna. Ob dies auch noch auf dem vermeintlich kalten Mars möglich ist, haben er und sein Kollege nun systematisch ausgelotet. Sie analysierten dazu Informationen zur Topografie, Schwerkraftanomalien und zur Geologie der Region Elysium Planitia und entwickelten geophysikalische Modelle.

Wie Broquet und Andrews-Hanna berichten, gibt es Hinweise auf eine starke Anhebung in dem Bereich, die für die Wirkung eines Plumes sprechen: Die Oberfläche scheint um mehr als anderthalb Kilometer nach oben gedrückt worden zu sein. Die Analyse feiner Schwankungen im Schwerefeld deutet dabei darauf hin, dass diese Hebung auf etwas im Inneren des Planeten zurückzuführen ist. Weitere Untersuchungsergebnisse deuten zudem auf relativ junge Prozesse hin: Der Boden von Einschlagskratern ist in dem Bereich in charakteristischer Weise geneigt, berichten die Forscher. Daraus geht hervor, dass etwas die Oberfläche nach der Entstehung der Einschlagsstellen nach oben gedrückt hat.

Ein riesiger heißer „Pilz“ zeichnet sich ab

Inwieweit ein Mantelplume dies verursacht haben könnte, loteten die Wissenschaftler dann anhand eines Modells möglicher Prozesse genauer aus, in das sie komplexe geophysikalische Daten integrierten. Wie sie berichten, lassen sich die Merkmale der Region durch einen aktiven Mantelplume erklären, dessen Kopf einen Bereich mit einem Durchmesser von etwa 4000 Kilometern betrifft. „In Bezug auf das, was man bei einem aktiven Mantelplume erwartet, erfüllen die Merkmale von Elysium Planitia alle Voraussetzungen“, sagt Broquet. Das pilzförmige Gebilde könnte demnach von aus der Tiefe aufsteigendem Material gebildet werden, das 95 bis 285 Kelvin wärmer ist als seine Umgebung. Das Zentrum des Kopfes liegt dabei direkt unter dem Bereich der Cerberus Fossae, geht aus dem Modell hervor.

Dies erklärt die anhaltende geologische Aktivität vor Ort, einschließlich der von InSight entdeckten Marsbeben, sagen die Forscher. „Wenn wir es hier mit einem aktiven Mantelplume auf dem Mars zu tun haben, bedeutet dies einen Paradigmenwechsel für unser Verständnis der geologischen Entwicklung des Planeten“, so Broquet. Wie die Forscher betonen, bleiben bisher allerdings die genauen Faktoren unklar, die zur Entstehung eines so riesigen Plumes führen können. „Es ist eine Fläche des Mars betroffen, die in etwa der Größe der Vereinigten Staaten entspricht. Zukünftige Studien werden einen Weg finden müssen, um einen sehr großen Mantelplume zu erklären, der dort nicht zu erwarten war“, sagt Broquet.

Die Ergebnisse könnten den Forschern zufolge auch eine Bedeutung für die Suche nach Lebensspuren auf dem Mars haben. Denn ein Plume könnte in der Region verborgenes Eis im Untergrund schmelzen lassen sowie chemische Reaktionen in Gang setzen. „Bestimmte Mikroben können auf der Erde bei solchen Bedingungen existieren – und das könnte somit auch auf dem Mars der Fall sein“, sagt Andrews-Hanna. „Ein aktiver Mantelplume unter der Marsoberfläche wirft komplexe Fragen darüber auf, wie sich der Planet im Laufe der Zeit entwickelt hat“, so der Wissenschaftler.

Quelle: University of Arizona, Fachartikel: Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-022-01836-3

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