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#Meine kleine Welt (2) – Eine Dampfturbine ausschalten – Quo Vadis

Meine kleine Welt (2) – Eine Dampfturbine ausschalten – Quo Vadis

In der elektrischen Energietechnik des Jahres 2017, in der Wärmekraftwerke immer noch mit weitem Abstand an der Spitze der Erzeuger stehen, gibt es wohl keine wichtigere Maschine als die Verbindung von Dampfturbine und Synchronmaschine zum sogenannten Turbosatz. Egal ob fossil befeuert oder nuklear, ob CSP– oder Müllkraftwerk – am Ende des Prozesses sitzt stets ein Turbosatz, der aus Wärme Strom macht.

Dampfturbinen sind empfindliche Maschinen, sorgfältig montiert aus präzise gefertigten Teilen, auf die große Kräfte wirken. Hauptbestandteil sind der Läufer, ein großes Schmiedestück an dem mehrere Hundert genau ausgerichtete Schaufeln sitzen und das Gehäuse, in dem er sich bewegt. Der Läufer muss auf Bruchteile eines Milimeters genau auf das Gehäuse ausgerichtet werden, damit er sich sauber drehen kann, er muss genau gefertigt sein, um Unwucht zu vermeiden. Und die Arbeitsmaschine muss ebenfalls sehr präzise ausgerichtet werden, was Längs- und Querversatz angeht. Ich hatte ein Mal die Gelegenheit, den Handwerkern über die Schulter zu gucken, wie sie das machen und es ist faszinierend, riesen Kerlen mit Armen wie anderer Leute Beine dabei zuzusehen, wie sie an riesen Maschinen mit ganz feinem Uhrmacherwerkzeug arbeiten. Ich habe noch nie so ruhige Hände gesehen. Da sind Gehirnchirurgen am Werk. Sagenhaft.

Ein Turbinenläufer aus einem Kernkraftwerk in Originalgröße - zu besichtigen im Technikmuseum Speyer (Bildlizenz: CC BY 3.0)

Ein Turbinenläufer aus einem Kernkraftwerk in Originalgröße – zu besichtigen im Technikmuseum Speyer (Qulle: Wikipedia, Bildlizenz: CC BY 3.0)

Wenn das Kraftwerk läuft, dreht sich der Turbosatz mit 3.000 bzw. in Amerika 3.600 oder bei sehr großen Maschinen 1.500 bzw. 1.800 Umdrehungen pro Minute. Von der Drehzahl hängt die Frequenz des erzeugten Stromes ab (oder eigentlich richtiger: Von der Drehzahl hängt die Frequenz der in den Generatorwicklungen induzierten Wechselspannung ab). Turbinen reagieren empfindlich auf drei Störungen:

  • Schwingungen Quer zur Rotationsachse
  • axiale Verschiebung
  • Plötzlicher Lastabwurf

Schwingungen sind glaube ich selbsterklärend – die Maschine vibriert, das führt zu Verlusten, Beanspruchung des Materials und Beschädigungen. Der Axialschub ist die fast noch wichtigere Größe, denn er reagiert empfindlich auf die Leistung der Turbine, die Verbindung zur Arbeitsmaschine, ihre Ausrichtung und die Güte von Lagern und Dichtungen. Ändert sich die axiale Ausrichtung der Maschine bedeutet das, dass in Längsrichtung Kräfte auf den Läufer wirken, die für einen merklichen Versatz sorgen. Bildlich gesprochen wird der Läufer gegen das Gehäuse gepresst. Das ist nicht erwünscht, denn es beansprucht das Material und kann zu Schäden an der Maschine bis zur Zerstörung führen.

Am schwierigsten umzusetzen ist aber der Überdrehzahlschutz bei plötzlichem Lastabwurf. Wenn man mal im Internet bei den einschlägigen Herstellern von Messinstrumenten für Schwingungen und Axialschub die Messbereiche nachschlägt, findet man schnell, dass wir hier über Verschiebungen und Schwingungsamplituden im Bereich von 100 µm reden. Ja, Mikrometer. Ein zwanzig Meter langer Turbosatz darf sich nur um einige 10 Mikrometer in axialer Richtung verschieben. Dass man so was überhaupt bauen kann finde ich erstaunlich.

Sind Axialschub und Schwingungen zum Großteil durch die Turbine selbst bestimmt, hängt das Verhalten beim Lastabwurf allein an der Arbeitsmaschine. Im Fall eines Wärmekraftwerks ist das immer eine Synchronmaschine. Es kann aber auch etwas anderes sein, etwa eine große Pumpe oder ein Verdichter. In der chemischen Industrie, wo oft viel Reaktionswärme abgeführt werden muss, setzt man immer wieder Dampfturbinen zum Antrieb großer Maschinen ein. Weil Kraftwerke aber der typische Fall sind und die größten Baugrößen dort eingesetzt werden, beziehe ich mich für das folgende vor allem auf sie.

Lastabwurf bedeutet folgendes: Wenn das Kraftwerk normal am Netz ist, speist der Generator eine gewisse elektrische Leistung ein. Um diese elektrische Leistung zu erzeugen, wird heißer Wasserdampf unter hohem Druck in die Turbine geleitet und dort entspannt. Dabei wird er abgekühlt und die Energie, die in der Wärme steckte, wird in mechanische Energie umgesetzt – sie ist es, die den Läufer und damit den daran gekuppelten Generator in Rotation versetzt. Wenn jetzt aus irgendeinem Grund der Generator sich schlagartig vom Netz trennen muss – etwa, weil sein eigener Maschinenschutz ausgelöst hat, weil der Maschinentransformator abraucht oder gar der 5-Stufen-Plan einsetzt, wird auch die Leistung, die die Dampfturbine aufbringen muss schlagartig reduziert.

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