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#Merkel und das unperfekte Leben

Merkel und das unperfekte Leben

Die Sorgen der Studenten in der Corona-Pandemie sind unterschiedlich ausgeprägt. Während die einen mit der Einstellung der Präsenzlehre und den Schließungen der Bibliotheken einigermaßen zurechtkommen, müssen Studenten der Lebenswissenschaften und der Medizin mit deutlichen Erschwernissen und auch Studienverlängerungen rechnen. Die Kanzlerin hat sich am Dienstagmorgen anderthalb Stunden Zeit genommen, um mit Studenten und Hochschullehrern aus unterschiedlichen Städten und Fächern zu sprechen, um zu erfahren, was gut funktioniert und wo politisch nachgebessert werden muss.

Heike Schmoll

Heike Schmoll

Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

Für die Überbrückungshilfen des Bundes, organisiert durch die Studentenwerke, haben die Teilnehmer des Gesprächs kein gutes Wort übrig. Aus einigen Bundesländern berichten Studenten über hohe Semestergebühren inklusive Semesterticket für den öffentlichen Nahverkehr, das sie jetzt nicht brauchen und einige auch in finanzielle Probleme bringt, weil der Nebenjob etwa in der Gastronomie weggefallen ist.

„Erkennbar schlechter vorbereitet als asiatische Länder“

Ein Student der Wirtschafts- und Staatswissenschaften aus Passau ist davon nicht betroffen. Trotz des Corona-Hotspots, in dem seine Universität liegt, laufe der Uni-Alltag halbwegs. Ihn beschäftigt die schlechte Internetverbindung und die wachsenden psychischen Probleme in der Gesellschaft. Die Pandemie sei ein Stresstest für die ganze Welt, auch für Deutschland, das „erkennbar schlechter vorbereitet war als asiatische Länder“, sagt Merkel.

Was dem Studenten allerdings „extreme Angst“ mache, fährt er fort, seien die Verschwörungstheoretiker. Ob die Kanzlerin eine Idee habe, wie sie in die Welt der Fakten zurückgeholt werden könnten, fragt er. „Ich habe darauf die perfekte Antwort nicht“, entgegnet sie. Es sei sehr schwer, jemanden aus einer Welt ohne Fakten zurückzuholen. Eine solche Denkweise sei ein „Angriff auf unsere ganze Lebensweise seit der Zeit der Aufklärung“, sagt die Kanzlerin. Die Frage sei, wie man in eine Welt gerate, die mit unserer faktenbasierten Sprache gar nicht erreicht werde, meint die Physikerin.




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Es gebe bei Anhängern solcher Denkmuster „eine richtige Diskussionsverweigerung“. Auch diese Menschen seien Bürger. Sie in die Welt des gegenseitigen Zuhörens zu führen, werde sehr schwer. Dazu gehöre auch mehr Verständnis für die Rolle sozialer Medien. Hier gebe es Räume, in denen Betroffene nur bestätigt würden. Eine Studentin der Karlsruher PH, die Kulturvermittlung studiert und auf geöffnete Museen angewiesen ist – selbst im Rollstuhl und Risikopatientin – berichtet darüber, wie allein gelassen sie sich fühlt. Merkel ermuntert sie, sich immer wieder Gehör zu verschaffen. In Deutschland gehörten 27 Millionen Menschen zur Risikogruppe, eine Randgruppe sei das keineswegs.

Merkel sieht zwei „Schulen“ in der Pandemiebekämpfung: Diejenigen, die vulnerable Gruppen so gut schützen und „wegsperren“ wollten, dass sie selbst möglichst ungestört weiterleben könnten und diejenigen, die alles in Bewegung setzen, um die Infektionszahlen zu senken, zu denen sie sich selbst zählt. „Das Leben ist immer unperfektes Leben“, sagt Merkel fast schon pastoral.

„Da reden wir nochmal mit ihrer Universität“

Eine angehende Zahnmedizinerin im neunten Semester aus Frankfurt berichtet, dass sie täglich mit FFP2-Maske und Visier stundenlang halbtags in einem Raum Patienten behandelt, in dem sich an die hundert Menschen befinden. Die Corona-Warn-App zeige Dauer-Rot, bis zu 15 Risikobegegnungen. Während die Humanmedizin-Studenten an der gleichen Universität sich kostenlos testen lassen dürfen, müssen die angehenden Zahnmediziner die Tests selbst bezahlen. „Das kann ja nicht sein, dass Sie Ihre Tests selbst bezahlen müssen! Das klingt ja wirklich komisch. Da reden wir nochmal mit ihrer Universität“, kommentiert die Kanzlerin.

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Eine Professorin aus Hamburg beklagt, dass es nur in wenigen Ländern rechtlich abgesicherte Online-Prüfungen gibt. Dazu zählen Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Hessen. Merkel kündigt dazu Gesprächs zwischen Bund und Ländern an, um einheitliche Regelungen für Online-Prüfungen zu entwickeln. Schließlich werde man mit der Pandemie sicher noch bis Juni zu tun haben.

Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Halle-Wittenberg, der die Bildungsplattform für Sachsen-Anhalt aufgebaut hat, wies auf die Schwierigkeiten der Lehramtsstudenten hin, die nun nicht in Schulen gehen können und berichtete von der Scheu vieler Lehrer, ihren Unterricht zu diesem Zweck filmen zu lassen. „Ich glaube, wir brauchen ganz andere Lehrinhalte“, meinte die Kanzlerin dazu und erkundigte sich, ob der Austausch über amerikanische Cloud-Dienste stattfinde. Das ist nicht der Fall.

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