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#Kostet der Mindestlohn doch Stellen?

Der Mindestlohn gilt als eine der großen Fehlprognosen von Ökonomen. Bevor er im Jahr 2015 eingeführt wurde, hatten deutsche Volkswirte gewarnt: Eine allgemeine Lohnuntergrenze werde Stellen kosten. Eine Zahl von 200.000 Arbeitsplätzen stand im Raum, sie kam aus dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Andere Ökonomen nannten noch höhere Zahlen. Heute scheint es so, als seien damals gar keine Arbeitsplätze verloren gegangen – und ständig gibt es Debatten über die Erhöhung des Mindestlohns.

Patrick Bernau

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Wert“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Eigentlich sollte der Mindestlohn immer nur ungefähr so weit steigen wie die Tariferhöhungen. Darüber soll die Mindestlohnkommission wachen, die aus Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften besteht, zudem zwei wissen­schaft­lichen Beratern. Doch an dieses Verfahren hat sich die Politik nicht gehalten.

Vergangenen Oktober wurde der Mindestlohn per Gesetz auf 12 Euro erhöht, dabei sähen die Tariflöhne bisher nur einen Mindestlohn von 10,75 Euro vor – und der Mindestlohn ist seitdem doppelt so schnell gestiegen wie die Inflation. Die Gewerkschaften fordern Mindestlöhne von 13,50 bis 14 Euro. Und um Arbeitsplätze sorgt sich niemand mehr. Vielleicht ist das ein bisschen voreilig.

Kurzfristig zu gucken, reicht nicht aus

Dabei war der Mindestlohn in Deutsch­land erst dann ernsthaft in die Diskussion gekommen, als sich unter amerikanischen Ökonomen die Überzeugung durchgesetzt hatte, dass der Mindestlohn keine Arbeitsplätze kostet. Damals veröffentlichten die Ökonomen David Card und Alan Krueger eine Untersuchung von Löhnen in Fast-Food-Restaurants: Im Bundesstaat New Jersey stiegen die Mindestlöhne, im benachbarten Pennsylvania nicht – und die beiden Ökonomen fanden keinen Unterschied in der Beschäftigung zwischen den beiden Bundesstaaten.

Daraus schlossen sie, dass der Mindestlohn keine Arbeitsplätze kostet. Weitere Studien mit ähnlichen Ergebnissen folgten. Im Jahr 2021 bekam Card für diese Arbeiten sogar den Nobel-Gedächtnispreis, Alan Krueger war da schon verstorben.

Doch die kurzfristige Betrachtung reicht nicht unbedingt aus. Das hat damit zu tun, wann Mindestlöhne eingeführt oder stark erhöht werden – nämlich oft in Zeiten, in denen der Arbeitsmarkt sowieso stark ist. Wenn in einem Land viel Angst vor Arbeitslosigkeit herrscht, ist der Mindestlohn weniger beliebt – und wenn die Arbeitsplätze sicher sind, dann wird er oft umso vehementer gefordert.

Mit der Zeit werden die Folgen des Mindestlohns schlechter

Diese Überlegung führt zu einer Studie von Jonathan Meer und Jeremy West aus dem Jahr 2016. Sie haben sich angesehen, welche Folgen Mindestlöhne langfristig für den Arbeitsmarkt haben – über 37 Jahre in allen amerikanischen Bundesstaaten. Sie stellten fest: Der Mindestlohn hat durchaus einen Effekt, auch wenn er nicht sofort sichtbar ist. Auf Dauer kann er Arbeitsplätze kosten, weil diese entweder nach und nach abgebaut werden – etwa wenn eine Stelle nicht nachbesetzt wird – oder gar nicht erst entstehen.

Mit der Zeit wurde die Evidenz für den Mindestlohn noch schlechter: Eine Me­tastudie von 57 Untersuchungen aus den USA fand im vergangenen Jahr bei 80 Prozent der Studien einen negativen Effekt auf die Beschäftigung, davon waren 50 Prozent signifikant.

Und wie ist die Lage in Deutschland?

Und wie ist die Lage in Deutschland nun? Auf den ersten Blick heißt es wieder: nix passiert. Einige Minijobs seien verloren gegangen, vielleicht sogar durch neue volle Stellen ersetzt worden. „Die vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns getroffenen Vorhersagen von substan­ziellen negativen Beschäftigungseffekten durch den Mindestlohn sind somit bislang nicht festzustellen“, heißt es im Bericht der Mindestlohnkommission. Doch das Bild ändert sich, wenn man die zugrunde liegenden Studien genauer ansieht.

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