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#Mit Georgsband und Russlandfahne

„Mit Georgsband und Russlandfahne“

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine scheint zu einer neuen Form des Protests in Deutschland zu führen: Autokorsos mit Russlandflaggen. Nach einer ersten solchen Demonstration in Berlin am vergangenen Sonntag kam es am Wochenende in weiteren Städten zu Kundge­bungen nach diesem Muster. Die größte fand in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover statt, wo nach Einschätzung der Polizei rund 600 Personen in rund 350 Fahrzeugen durch die Stadt fuhren. Die Teilnehmer sammelten sich zunächst an ei­nem größeren Parkplatz im Stadtteil Linden-Limmer, wo sie Russlandfahnen schwenkten und über Lautsprecher nationalistisches Liedgut in russischer Sprache abspielten. Angereist waren auch einige Rocker in schweren Lederkutten sowie Personen in Militärkleidung und mit Fahnen, auf denen der russische Bär die Zähne fletscht.

Reinhard Bingener

Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

Einer der Organisatoren hielt von der Ladefläche eines amerikanischen Pick- ups eine Rede und sagte, man sei „nicht hier, um über den Krieg zu sprechen“, sondern über die Diskriminierung der russischstämmigen Bevölkerung in Deutschland. Auf den völkerrechtswid­rigen Krieg des Kremls und die mutmaß­lichen Kriegsverbrechen an der ukrai­nischen Zivilbevölkerung ging der Redner in seinem Beitrag nicht ein. Stattdessen klagte er, dass russlanddeutsche Familien „an Kindergärten, an Schulen, am Ar­beitsplatz und an öffentlichen Orten“ zu­nehmendem Druck und An­feindungen ausgesetzt seien. Zudem würden die Me­dien Artikel veröffentlichten, die „Hass auf russischsprachige Bürger schüren“.

Vor der Demonstration hatte das niedersächsische Innenministerium mitgeteilt, dass die Versammlung „mit ihrem legitimen Anliegen“ von der Polizei geschützt werde, man aber konsequent gegen „pro-russische Kriegspropaganda“ wie das Symbol „Z“ vorgehen werde.

Auffallend war auf der Kundgebung, dass neben den russischen Flaggen auch zahlreiche deutsche Flaggen sowie die Flaggen früherer Sowjetrepubliken gezeigt wurden. Insbesondere die Flagge von Kasachstan war häufig zu erkennen. Ein Mann mit einer solchen Flagge sagte, er sei „gegen Krieg“ und habe „mit Russland nichts zu tun“. Ein Gruppe junger Leute, die ihr Auto mit Russland-Fahnen geschmückt hatten, äußerten im Gespräch, Moskau führe keinen Angriffskrieg in der Ukraine, sondern verteidige sich gegen Amerika und die NATO. Angesprochen auf die Kriegsgräuel in Butscha und Kramatorsk erwiderten sie, diese Vorgänge würden „im Westen anders dargestellt – wir sehen ganz andere Bilder“.

„Nur mein Taschentuch“

Eine Demonstrantin mit umgehängter Tschetschenien-Flagge verlor aus ihrer Handtasche ein langes schwarz-orangenes Georgsband – dieses russisch Militärabzeichen war vom Innenministerium zuvor neben dem „Z“ als unzulässig genannt worden, weil es als Symbol „der territorialen Expansion“ zu deuten sei. Darauf angesprochen sagte die Frau, während sie das Band eilig wieder in ihrer Handtasche verstaute: „Nein, das ist nichts, das ist nur mein Taschentuch“. Auch einer ihrer Begleiter trug ein solches Georgsband bei sich. Zu sehen war auch eine junge Frau mit einem T-Shirt mit dem Konterfei Wladimir Putins sowie der Aufschrift „Don’t tell papa how to f**k“. Das T-Shirt „hat schon seinen Grund“, ließ die Frau wissen.

Die Abfahrt des Autokorsos verzögerte sich dann erheblich, weil die Polizei noch verkehrsrechtlich Einwände hatte und nicht akzeptierte, dass russische Flaggen über die Motorhauben gespannt wurden. Verbotene Symbole registrierte die Polizei nach eigenen Angaben zunächst keine.

Gegendemonstration mit 3500 Teilnehmern

Parallel zum Autokorso fand in der Innenstadt eine Gegendemonstration statt, an der nach Einschätzung der Polizei in der Spitze 3500 Personen teilnahmen. Dort waren vorwiegend die Farben der Ukraine sowie Friedenssymbole wie der Regenbogen oder die Taube zu sehen. Unter den Teilnehmern waren viele Ukrainer, aber auch ein gemischtes deutsches Publikum. Eine Frau von den „Omas gegen Rechts“ erläuterte, sie demonstriere mit ihren Freundinnen schon seit geraumer Zeit, zunächst gegen Corona-Leugner. „Als die Querdenker dann Putin-Fans wurden, haben wir das Thema Ukraine mit eingebunden.“

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Auffällig war, dass unter den Gegendemonstranten kaum Angehörige der Antifa oder des „Schwarzen Blocks“ auszumachen waren, die zuvor bei den Protesten gegen Querdenkern oder die AfD stets Präsenz gezeigt hatten. Gleiches gilt für die Jugendorganisation „Solid“ der Linkspartei, die ebenfalls NATO-kritisch eingestellt ist. Die „Jusos“ waren vertreten, rollten aber rasch ihre Fahnen wieder ein, da man die Solidarität mit der Ukraine nicht parteipolitisch vereinnahmen wolle. Die „Grüne Jugend“ rollte ihre mitgebrachte Fahne nicht erst aus. Auf der Gegendemonstration wurden unter anderem ein komplettes Embargo gegen Russland sowie mehr Waffen für die Ukraine gefordert.

Auch in anderen Städten gab es Demos

Am Nachmittag blockierten dann einige Gegendemonstranten mit ihren ukrainischen Fahnen den Autokorso mit den Russland-Fahnen, kurz nachdem sich dieser sich in Bewegung gesetzt hatte. Einige Gegendemonstranten kesselten ein Fahrzeug des Korsos ein und bewarfen es mit Pferdemist.

Größere pro-russische Kundgebungen fanden am Sonntag auch in Frankfurt statt, wo mehrere Hundert Personen durch die Innenstadt zogen. Ein Autokorso in Lübeck mit 60 Fahrzeugen wurde von der Polizei wegen rechtswidriger Symbole gestoppt. An einem Autokorso in Stuttgart nahmen etwa 190 Fahrzeuge teil, in Lörrach waren es rund 120 Fahrzeuge.

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