#Es fehlt ein verbindlicher Tilgungsplan
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„Es fehlt ein verbindlicher Tilgungsplan“
Russlands Überfall auf die Ukraine hat die Wahrnehmung äußerer Bedrohungen in Deutschland schlagartig verändert. Die Bundesregierung spricht von einer Zeitenwende und plant, künftig erheblich mehr für Verteidigung auszugeben. Zur Finanzierung der Mehrausgaben soll ein sogenanntes Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro eingerichtet werden. Inhaltlich besteht das Sondervermögen aus einer Ermächtigung, Kredite aufzunehmen. Die Einrichtung des Sondervermögens erfordert eine Änderung des Grundgesetzes, weil diese Kredite nicht zur Kreditsumme gezählt werden sollen, die durch die Schuldenbremse im Grundgesetz begrenzt wird.
Die mit dem Sondervermögen geplanten Mehrausgaben für Verteidigung beenden eine lange Phase eines rückläufigen Anteils der Verteidigungsausgaben in Deutschland. Nach der Wiedervereinigung war der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) schnell und deutlich gefallen. 1985 betrug der Anteil in der alten Bundesrepublik noch 3 Prozent. Zehn Jahre später hatte er sich im vereinigten Deutschland auf 1,5 Prozent halbiert, seither bewegt er sich zwischen 1,1 und 1,4 Prozent des BIP. Jahrelang wurde in dem anteiligen Rückgang der Verteidigungsausgaben eine Friedensdividende gesehen, die im Bundeshaushalt Spielräume für andere Ausgaben schafft. Wie wird sich der Wegfall der Friedensdividende auf den Bundeshaushalt auswirken?
Hohe Steuern, hohe Kosten
Ohne zusätzliche Kreditermächtigung würden höhere Ausgaben für Verteidigung voll auf die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt angerechnet. Strukturell, das heißt bei normaler Auslastung der volkswirtschaftlichen Produktionskapazitäten, ist die Nettokreditaufnahme des Bundes auf 0,35 Prozent des BIP begrenzt. Angesichts eines zukünftig ohnehin angespannten Bundeshaushalts – so steht etwa die Tilgung der in der Corona-Pandemie aufgenommenen Kredite in den Jahren 2028 bis 2058 an – wird die Grenze wohl auch ohne zusätzliche Verteidigungsausgaben erreicht. Sie müssten daher mit zusätzlichen Steuern finanziert oder Ausgaben müssten an anderer Stelle kurzfristig gesenkt werden.
Aus ökonomischer Sicht lässt sich gut begründen, einen plötzlich auftretenden Bedarf an staatlichen Mehrausgaben nicht allein durch kurzfristige Steuererhöhungen oder Kürzungen anderer Ausgaben zu finanzieren. Steuerlasten lösen legale und illegale Ausweichreaktionen aus, zum Beispiel Abwanderung ins Ausland oder in die Schattenwirtschaft. Diese Ausweichreaktionen führen zu volkswirtschaftlichen Kosten. Sie steigen nicht proportional zur Steuerlast, sondern deutlich überproportional. Ist die Steuerlast schon recht hoch, führen weitere Steuererhöhungen zu sehr hohen zusätzlichen volkswirtschaftlichen Kosten. Es bietet sich deshalb an, bei staatlichen Mehrausgaben die Steuern nicht kurzfristig kräftig zu erhöhen, sondern die zusätzliche Steuerlast zeitlich zu strecken und die Mehrausgaben zunächst zumindest anteilig mit Krediten zu finanzieren. Ökonomen sprechen von Steuerglättung.
Steuerglättung bedeutet nicht, Steuererhöhungen dauerhaft durch Kredite zu ersetzen. Vielmehr sollen staatliche Mehrausgaben nicht kurzfristig mit deutlich höheren Steuern finanziert werden, sondern über einen längeren Zeitraum mit moderateren Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen. Die grundgesetzliche Schuldenbremse erlaubt eine solche Strategie. Stellt der Bundestag eine außergewöhnliche Notsituation fest, wie 2020 und 2021 angesichts der Corona-Pandemie, darf die Nettokreditaufnahme die grundgesetzliche Kreditobergrenze überschreiten. Allerdings muss eine solche Überschreitung mit einem expliziten Plan verbunden werden, der festlegt, in welchem Zeitraum die zusätzlichen Schulden getilgt werden.
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