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#Muss die Pendlerpauschale weichen?

Muss die Pendlerpauschale weichen?

Die Pendlerpauschale gehört für Millionen Bürger in Deutschland so selbstverständlich zur Steuererklärung wie die Identifikationsnummer: Rund 18,4 Millionen Pendler nutzten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes das Auto mindestens für einen Teil der Strecke zur Arbeit und können dadurch ihre Steuerlast senken.

Der Automobilclub ADAC verweist auf eine Schätzung des Bundesfinanzministeriums, wonach im Jahr 2019 auf diese Weise 11,6 Millionen Steuerzahler um 5,1 Milliarden Euro entlastet wurden. Das entspricht einem Durchschnitt von 440 Euro je Kopf. Erst Anfang des Jahren wurde die Pauschale für Vielfahrer von 30 Cent auf 35 Cent erhöht, jedenfalls ab dem 21. Kilometer. Das sollte einem „sozialen“ Zweck dienen: Die CO2-Abgabe und steigende Benzinkosten treiben die Kosten, da kommen viele Normalverdiener nicht mit.

Doch die Kritik an der Pendlerpauschale wird immer lauter, schließlich offenbart sich an ihr so deutlich wie sonst kaum der Konflikt zwischen bewährten Steuerregeln und einem effektiven Klimaschutz. Das Umweltbundesamt führt sie deshalb unter der Kategorie der „klimaschädlichen Subvention“, wobei der Begriff der Subvention hier eigentlich unangebracht ist, wie Steuerrechtler nicht müde werden zu betonen. Das ganze Ausmaß der klimaschädlichen Subventionen und damit fehlgeleiteten Mittel beziffert die Behörde auf 65 Milliarden Euro im Jahr.

Setzt die Pendlerpauschale falsche Anreize?

„Die Pendlerpauschale wirkt als Zersiedlungsprämie“, urteilt etwa Andreas Burger, Leiter des Fachgebiets Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Umweltfragen beim Umweltbundesamt, im F.A.Z. Podcast für Deutschland. Sie schaffe für Menschen einen Anreiz, aus den Innenstädten in die Speckgürtel zu ziehen. Ähnlich sieht das auch Christian Hochfeld, Direktor der Denkfabrik Agora Verkehrswende: Im Bezug auf den Klimaschutz sei sie „natürlich kontraproduktiv“.

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Er nennt noch ein anderes Argument: Er hält sie schlicht für „unfair“, weil Menschen mit höheren Einkommen auch stärker davon profitierten, und plädiert für eine grundlegende Reform: Um eine „faire Verteilung“ zu erreichen, sollte man die Pendlerpauschale zu einem „Mobilitätsgeld“ umbauen – mit einem Pauschalbetrag von 10 Cent je Kilometer, unabhängig vom Steuersatz. Auch das Umweltbundesamt will die Pendlerpauschale so reformieren, dass nur noch die unteren Einkommen profitieren.

Nicht nur für viele Arbeitnehmer auch für den Fiskus ist die Entfernungspauschale eine finanziell bedeutsame Größe. Eine Erhöhung der Entfernungspauschale um 10 Cent auf 40 Cent je Kilometer beziehungsweise 45 Cent (vom 21. Kilometer an) kostet den Fiskus nach einer Faustformel der Bundesregierung 2,6 Milliarden Euro im Jahr, davon entfallen 1,2 Milliarden Euro auf den Bund. Die Höhe der Entlastungswirkung hängt von der Strecke zur Arbeit ab, vom Verdienst und ob weitere berufsbedingte Ausgaben anfallen – nicht aber vom Verkehrsmittel.

Anders als früher ist es egal, wie jemand zu seinem Arbeitsplatz kommt, ob mit dem Fahrrad, dem Zug oder mit dem Auto. Nur wer mehr als 4500 Euro Fahrkosten geltend macht, muss nachweisen, dass er mit dem Auto fährt. 1000 Euro an Werbungskosten berücksichtigt das Finanzamt ohnehin („Arbeitnehmerpauschalbetrag“), wer also nur Fahrtkosten geltend macht, muss täglich mehr als 15 Kilometer von seinem Wohnort zum Arbeitsplatz fahren, damit sich die Entfernungspauschale überhaupt auswirkt. Und auch für alle andere gilt: Auch wenn sich der Fiskus an den Tankkosten beteiligt, ein Teil des Aufwands bleibt stets bei den Arbeitnehmern hängen – von der verlorenen Zeit ganz zu schweigen.

Steuersystematisch ist die Entfernungspauschale ein Zwitter: Einerseits sind die Fahrkosten beruflich bedingt, denn ohne die Arbeit gäbe es diesen Aufwand nicht. Andererseits gibt es zuweilen private Gründe, warum jemand im Grünen lebt mit Distanz zur Fabrik, dem Verwaltungssitz oder dem Dienstleistungsort. Es gibt aber auch Fälle, in denen sich solche Wege nicht vermeiden lassen, etwa den einer Familie, in der einer in Köln und einer in Koblenz arbeitet. Sie kann in einer der beiden Städte oder in Bonn dazwischen wohnen, Fahrten und Kosten sind in ihrem Fall unvermeidlich. Die Entfernungspauschale berücksichtigt die gemischte Motivlage, indem nur der einfache Arbeitsweg berücksichtigt wird.

Ob die Ampel-Regierung eine Reform wirklich anstrebt, scheint zweifelhaft: FDP-Parteichef Christian Lindner hält es für unangebracht die Pendlerpauschale zu streichen, denn dies würde zu „einer Belastung der arbeitenden Mitte“ führen. „Ich bin deshalb dankbar, dass sich auch die Grünen sehr realistisch geäußert haben und da nicht ran wollen“, sagte er der F.A.Z. „Es wäre eine Belastung, die zur Unzeit käme, da wir an vielen Stellen mit einer grünen Inflation, einer grünen Preissteigerung umgehen müssen.“

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