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#Nach nur 23 Minuten endet Scallywags Traum

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Nach nur 23 Minuten endet Scallywags Traum

Gut 23 Minuten dauerte es, bis die diesjährige Sydney-Hobart-Regatta das zeigte, was sie ausmacht: ein Drama. Plötzlich schlug das Vorsegel auf der Scallywag, die die Regattaflotte aus der Bucht von Sydney geführt hatte, unkontrolliert: Auf dem Vordeck war ein Beschlag gebrochen. Abgefallen und nur unter Großsegel bemühte sich die Crew, das riesige Tuch zu bändigen. Bei zwei Meter Welle dümpelte die 30-Meter-Rennjacht, während die Konkurrenten auf und davon segelten.

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Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

In normalen Rennen ringen die Segler mit Wetter, Wellen und, wie Scallywag, mit dem eigenen Boot. In diesem Jahr aber hatten alle Teilnehmer des 76. Sydney-Hobart-Regatta eine noch größere Herausforderung zu nehmen: Sie mussten es schaffen, in Sydney ohne das Coronavirus an Bord zu kommen. Denn für die nächsten mindestens 36 Stunden würden sie auf dem Schiff bleiben müssen – manche der langsameren Boote werden eine Woche für die 628 Seemeilen (1163 Kilometer) im Süden Australiens brauchen. Die Infektionszahlen aber steigen auch auf dem Fünften Kontinent rasch. Und so fielen auch einige der gemeldeten Boote noch in den letzten Stunden vor dem Start aus, weil ein oder mehrere Mannschaftsmitglieder „positiv“ getestet worden waren oder noch keine Testergebnisse vorlagen.

Trotzdem war der Startschuss um 13.00 Uhr Ortszeit über der Bay schon der erste Sieg: Denn ausgerechnet bei der Jubiläumsregatta im vergangenen Jahr hatte das Traditionsrennen zum ersten Mal seit 1945 ausfallen müssen. Nun aber wagten sich zumindest wieder 88 Jachten aufs Wasser, beobachtet von fast einer Million Zuschauer auf Booten und an den Hängen über Watsons Bay. Sie sahen Olympiasieger, Weltumsegler und Weltmeister, die auf den Spitzenbooten als Steuerleute und Taktiker verpflichtet wurden.

Supermaxis bestimmen den Start

Aber auch Segler wie Tony Ellis, der zum 53. Mal an den Start ging, in diesem Jahr auf der No Limit: „Kein Rennen gleicht dem anderen, da sich die Wetterverhältnisse an der Küste ständig ändern“, sagt er. Matt Allen, der 2017 und 2019 als Skipper der TP52 Ichi Ban die Traditionsregatta über alles gewonnen hatte, rechnet in diesem Jahr aufgrund der Wetterbedingungen mit besonderen Herausforderungen: „Ganz sicher hat jedes Hobart-Rennen ist ganz eigen. Normalerweise sind zwei oder drei große Entscheidungen gefordert. In diesem Rennen aber dürften es eher sechs oder sieben werden.“

Bestimmt wird der Start in der vielleicht schönsten Bucht der Welt von den Supermaxis. Das Wichtigste beim Start ist, die Linie nicht zu früh zu überqueren – denn die Rennleitung teilt den Regelverstoß erst fünf Minuten später mit, was ein langes Zurücksegeln erforderte. In diesem Jahr fanden sich nur drei der aufsehenerregenden 100-Fuß-Jachten (30,48 Meter) ein – alle drei bekannte Schiffe, die durch mehrere Hände gingen und von ihren jetzigen Eignern umbenannt und für dieses Rennen umgebaut wurden.

Die bis zum Mittag führende Law Connect gehört Christian Beck, einem Self-Made-Mann aus Sydney. Bislang lief sie als Info Track, davor als Perpetual Loyal. Niemand vor Beck bestritt sein erstes Hochseerennen auf seiner eigenen Supermaxi im Neuwert von rund 100 Millionen Dollar und beendete es in einer Rekordzeit, die dasselbe Boot im Jahr zuvor schon ersegelt hatte.

Der Mann, der es als Programmierer ohne Studium auf einen Wohlstand von heute geschätzten 600 Millionen Dollar brachte, sagt über sich selbst, er werde das Rennen als „glücklicher Passagier“ mit einer rund um die Welt verpflichteten Mannschaft bestreiten. Die aus Hongkong gemeldete Scallywag wird von David Witt gesegelt und galt, bis zum Bruch, als Favorit. Skipper der Black Jack im Eigentum von Peter Harburg ist der Segelmacher Mark Bradford in seinem elften Rennen nach Hobart.

Unter allem, was der Mast trägt, jagte das Trio am Mittag des Zweiten Weihnachtstages bei halbem Wind mit 18 Knoten Wind über die Linie. Noch in der Bucht auf dem Weg zur ersten Tonne ging Scallywag mit fast 20 Knoten Bootsgeschwindigkeit in Führung, vor Black Jack und Law Connect. Black Jack hatte – wie nach ihr noch eine ganze Reihe von Jachten – Probleme, die Genua einzurollen und verlor enorm an Höhe gegenüber ihren beiden Konkurrenten. Vielen Mannschaften schien in diesem Corona-Jahr Training zu fehlen, wie sich bei den Manövern gleich zu Beginn zeigte.

Mit einem Reff im Großsegel aber hetzte Scallywag aus der geschützten Bucht hoch am Wind aufs offene Meer und entlang des weltbekannte Strands von Bondi Beach. Als die frühere Raggamuffin dann aber aufgrund des Bruchs zurückfiel, schlug die Stunde von Becks Law Connect. Das blau-weiß Boot hatte freie Bahn und vergrößerte seine Führung vor Black Jack mit jeder Welle.

Scallywag blieb unterdessen nichts, als die orange Sturmfock von North Sails zu setzen – damit verfügte sie über eine so geringe Segelfläche, dass jede Chance auf die Führung schon eine gute halbe Stunde nach dem Start vergangen war. Unter der Dauerdusche mit Salzwasser versuchten die Vorschiffsleute zu reparieren, was nur ging, während sich das Feld auseinanderzog.

Ein Zeitrekord für die Strecke ist in diesem Jahr aufgrund der Windrichtung unerreichbar; die führende Jacht wird für die Feiern in Hobart, dem Hafen der australischen Insel Tasmanien, am Dienstagnachmittag Ortszeit erwartet. Jenseits aller Rekorde gilt im Corona-Jahr 2021 nicht nur für Scallywag der alte Seglerspruch: „Um als erster die Ziellinie zu überqueren, musst du sie erstmal erreichen.“

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