Wissenschaft

#Nebel sauber eingefangen

Wassergewinnung und Aufbereitung raffiniert kombiniert: Forscher haben ein speziell beschichtetes Metallgeflecht entwickelt, das Wasser aus Nebel effizient gewinnen und gleichzeitig reinigen kann. Für den Abbau von Substanzen aus der Luftverschmutzung sorgen dabei sogenannte photokatalytisch wirkende Titanoxid-Partikel. Zur Aktivierung dieses Effekts ist nur zeitweise Sonnenenergie nötig. Die neue Technologie könnte somit auch in Trockenregionen mit starker Luftverschmutzung eine Nebel-Nutzung mit geringem Aufwand ermöglichen, sagen die Wissenschaftler.

Einfach nur den Wasserhahn aufdrehen – dieser Luxus steht vielen Menschen auf der Welt nicht zur Verfügung: Die mangelnde Verfügbarkeit von sauberem Wasser ist in vielen Trockenregionen ein großes Problem. Eine effiziente Nutzung aller verfügbaren Wasserressourcen ist dort deshalb gefragt. So zapft man auch bereits in manchen Regionen die Luft an: Wo wenigstens gelegentlich Nebelschwaden durch die Landschaft ziehen, lassen sich die schwebenden Tröpfchen einfangen und sammeln. Dazu dienen Netze oder Gittersysteme, an denen sich das Wasser ablagert und dann in Sammelbehälter rinnt. Durch einen nur wenige Quadratmeter großen Nebelkollektor lassen sich so an manchen Tagen bis zu mehrere hundert Liter Wasser gewinnen.

In eher abgelegenen Regionen hat das Nebel-Wasser meist Trinkwasserqualität. Doch gerade in dicht besiedelten Bereichen, wo diese Wasserressource besonders gefragt wäre, ist das nicht der Fall. Denn dort reichern sich die Nebeltropfen oft mit hohen Belastungen aus der Luftverschmutzung an. Was Kollektoren in urbanen Trockenregionen sammeln, ist deshalb meist nicht sauber genug, um es zum Trinken oder zum Kochen zu verwenden. Eine anschließende Reinigung würde das Konzept jedoch wieder kostspielig und wenig praktikabel machen.

Effektiv gesammelt und gereinigt

An diesem Problem setzt nun die Innovation des internationalen Forscherteams unter der Leitung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) an: Ihre Methode sorgt für eine effektive Wassergewinnung und Reinigung gleichzeitig. Der Schlüssel ist dabei das spezielle Design des Kollektoren-Materials. Es handelt sich um ein engmaschiges Geflecht aus Metalldraht, das mit einem Gemisch aus Polymeren und Titandioxid beschichtet ist. Die Maschenweite und die Merkmale des Polymerstoffes sind dabei so konzipiert, dass sich Nebel-Tröpfchen besonders effektiv anlagern und möglichst schnell in einen Sammelbehälter abfließen, damit sie der Wind nicht wieder mitnimmt.

Die Benetzungs-Merkmale und damit die Verweildauer des Wassers im Geflecht haben die Wissenschaftler aber auch an die Reinigungs-Funktion des Systems angepasst. Sie basiert auf einer besonderen Eigenschaft des integrierten Titandioxids. Es fungiert als ein chemischer Katalysator, der zum Abbau von organischen Schadstoffmolekülen führt. Der Clou ist dabei: Dieser Effekt basiert auf dem Einfluss von Lichtenergie. Bestrahlung löst bei Titandioxid-Molekülen eine strukturelle Veränderung aus, durch die sie wiederum die Bildung von stark reaktionsfreudigen Molekülen – Radikalen – in ihrem Umfeld verursachen. Diese bewirken dann den Abbau von organischen Schadstoffen zu harmlosen Substanzen.

Licht sorgt für die Reinigungs-Funktion

Bei diesem Prozess wird das Titandioxid nicht verbraucht, sondern kann sich durch eine erneute Lichtaktivierung immer wieder regenerieren. Wie die Wissenschaftler berichten, kommt ihrem System dabei das sogenannte photokatalytische Gedächtnis der Substanz zugute: Wird Titanoxid mit UV-Licht aktiviert, bleibt es für eine längere Zeit auch im Dunkeln katalytisch aktiv. Eine halbe Stunde Sonne reicht demnach aus, um 24 Stunden lang die Funktion zu gewährleisten. Dadurch kann die Beschichtung auch beim Nebelfang in der Nacht oder im Dämmerlicht für eine Reinigungs-Leistung sorgen.

Die Wissenschaftler konnten bereits belegen, dass ihr System hält, was es verspricht: Sie haben den Nebelfänger im Labor sowie in einer Pilotanlage in Zürich erfolgreich getestet. Dabei zeigte sich eine im Vergleich zu bisherigen Verfahren gute Wasserausbeute – trotz der Zusatzfunktion. Bei der Reinigungs-Leistung ergaben die Auswertungen: Das Geflecht konnte 94 Prozent der organischen Verbindungen abbauen, die das Team dem Nebel beigemischt hatte. Unter den getesteten Schadstoffen waren dabei etwa feine Dieseltröpfchen sowie die berüchtigte Weichmacher-Substanz Bisphenol A. Somit handelt es sich bei ihrer Entwicklung um einen erfolgreichen Schritt zu ihrem Ziel, resümieren die Entwickler: „Indem wir das Nebelsammeln mit der Wasseraufbereitung kombiniert haben, könnte es auch in Regionen mit Luftverschmutzung genutzt werden, zum Beispiel in dicht besiedelten Ballungszentren“, sagt Erst-Autor Ritwick Ghosh von der ETH Zürich.

Wie das Team abschließend hervorhebt, könnten die Nutzungsmöglichkeiten des Konzepts sogar über die Trinkwassergewinnung hinausgehen: Es könnte in der Industrie genutzt werden, um Wasser zurückzugewinnen, das in der Form von Dampf etwa aus Kühltürmen steigt. „Es wäre sinnvoll, einen Teil dieses Wassers aufzufangen, und dabei sicherzustellen, dass es schadstofffrei ist, falls man es wieder in die Umwelt zurückführen möchte“, sagt Seniorautor Thomas Schutzius von der ETH Zürich.

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Fachartikel: Nature Sustainability, doi: 10.1038/s41893-023-01159-9

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