Wissenschaft

#Königlicher „Tandem-Lauf“ in Bernstein konserviert

Paarungsverhalten mit langer Tradition: Schon vor rund 40 Millionen Jahren bildeten Termiten-Paare ein besonderes Team bei der Suche nach einem Ort zur Staatsgründung, berichten Forschende. Dies geht aus der Untersuchung von zwei in einem baltischen Bernstein konservierten Termiten hervor. Experimente mit heutigen Pärchen beim sogenannten „Tandem-Lauf“ und Klebstoffen beleuchteten dabei, wie es zu der speziellen Lage der beiden Exemplare in dem fossilen Harz gekommen ist. Die Studie liefert ein weiteres Beispiel dafür, dass Bernsteinfossilien auch Hinweise auf Verhaltensweisen bei ausgestorbenen Tieren liefern können, sagen die Wissenschaftler.

Faszinierende Zeitkapseln einstiger Lebenswelten: In Bernstein konnten kleine Lebewesen und filigrane Strukturen die Jahrmillionen überdauern, die sonst keine fossilen Spuren hinterlassen haben. So haben Wissenschaftler in den letzten Jahren bereits spannende Einblicke in die Geschichte des Lebens gewonnen. In einigen besonderen Fällen lieferten Bernsteinfossilien dabei auch Hinweise auf die Entwicklung und Verhaltensweisen ausgestorbener Tiere. Beispielsweise wurden gerade schlüpfende Insekten durch das Harz konserviert oder Räuber, die sich in einer Beute verbissen hatten. Den seltenen „szenischen“ Bernsteinfossilien fügt nun das Forschungsteam um Nobuaki Mizumoto von der Auburn University in den USA ein interessantes Beispiel hinzu.

Fund in einem E-Shop für Fossiliensammler

Das „fossile Juwel“ stammt dabei aus einem Abbaugebiet bei Kaliningrad. Es handelt sich demnach um baltischen Bernstein, der aus Wäldern hervorgegangen ist, die in einer Warmzeit vor rund 40 Millionen Jahren im Bereich der heutigen Ostsee gewachsen sind. In die Hände der Experten kam das Fundstück durch eine Entdeckung auf dem Internet-Markt für Bernsteinfossilien: Dem Senior-Autor Aleš Buček vom Zentrum für Biologie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Budweis fiel die Beschreibung eines Objekts in einem Onlineshop für Fossiliensammler auf und er erkannte die mögliche wissenschaftliche Bedeutung. „Termitenfossilien sind eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber dieses Stück wirkte einzigartig. Denn ich hatte noch nie ein Paar gesehen“, erklärt Buček.

Nach dem Kauf des Fundstücks unterzogen es die Forschenden zunächst einer Untersuchung mittels Mikro-Computertomografie, um die Merkmale der beiden eingeschossenen Termiten genau zu erfassen. So stellte das Team fest, dass es sich um zwei Exemplare der ausgestorbenen Art Electrotermes affini handelt, die bereits aus anderen baltischen Bernsteinen bekannt ist. Die Untersuchungen deckten außerdem auf, dass nicht etwa zwei Termiten-Arbeiterinnen einst vom Harz erfasst worden waren, sondern ein junges königliches Paar. Die Individuen waren dabei seitlich angeordnet konserviert worden. Die Mundwerkzeuge des Weibchens berührten allerdings die Spitze des Hinterleibs des Männchens, berichten die Wissenschaftler.

Versuchsergebnisse belegen die Tandem-Theorie

So lag der Verdacht nahe, dass das Harz die beiden bei einem Verhalten eingeschlossen hat, das von heutigen Termitenarten bekannt ist: Wenn sich zwei Geschlechtstiere im Rahmen des Hochzeitsflugs gefunden und ihre Flügel abgestreift haben, folgen sie sich beim sogenannten Tandem-Lauf auf Schritt und Tritt: Sie bilden ein Gespann, bei dem ein Individuum in engem Kontakt dem Hinterleib des anderen folgt.

Während des Tandem-Laufs halten heutige Termiten-Pärchen engen Kontakt zueinander, um nicht getrennt zu werden. Aleš Buček (OIST/The Czech Academy of Sciences)

Bei manchen Arten übernimmt dabei das Weibchen die Führung, bei anderen hingegen das Männchen. Derart vereint machen sich die beiden dann auf die Suche nach einem geeigneten Platz für die Gründung ihres eigenen Termitenstaates.

Allerdings sind die Insekten beim Tandem-Lauf stets hintereinander unterwegs – die seitliche Lage der fossilen Individuen schien somit dem Erklärungsansatz zu widersprechen. Deshalb ging das Team der Vermutung nach, dass es sich um einen Effekt des tragischen Endes der beiden gehandelt hat. „Wir untersuchten die mögliche Entstehung des Fossils vor dem Hintergrund des Verhaltens der Insekten in einer entsprechenden Situation“, erklärt Mizumoto. Das Team führte dazu Experimente mit Termiten-Pärchen durch, die sie in klebrige Substanzen laufen ließen, die das einstige Baumharz simulieren sollten.

Dabei zeigte sich: Wenn das führende Individuum in der klebrigen Substanz hängen blieb, trennte sich das folgende nicht etwa. Noch stets mit dem Kopf an den Hinterleib geknüpft, bewegte es den Körper stattdessen seitlich um den Partner herum. Dabei landete es dann typischerweise ebenfalls im Kleber und so entstand eine Stellung wie bei dem Bernsteinfossil. Wie das Team resümiert, geht aus den Ergebnissen somit hervor: Schon die königlichen Pärchen der ausgestorbenen Termiten-Art Electrotermes affini waren im Tandem in den Wäldern des heutigen Ostseeraums unterwegs. „Die Studie verdeutlicht damit das Potenzial von Bernsteinfossilien zur Untersuchung des Verhaltens ausgestorbener Tiere“, so die Wissenschaftler.

Quelle: Okinawa Institute of Science and Technology (OIST) Graduate University, Fachartikel: PNAS, doi: 10.1073/pnas.2308922121

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