Wissenschaft

#Neuartige Beschichtung gegen Kalkablagerungen

Wo warmes Wasser mit Oberflächen in Kontakt kommt, lagert sich mit der Zeit Kalk ab. Im Haushalt kennen wir diesen Effekt von Wasserkocher, Waschmaschine und Co. Besonders bedeutsam ist er in thermischen Kraftwerken, wo die Ablagerungen erheblich die Effizienz verringern. Als mögliche Lösung haben Forschende nun eine kalkabweisende Beschichtung entwickelt, die durch mikroskopisch kleine Rillen verhindert, dass sich Kalkkristalle ablagern. Als Vorbild diente die Haut von Haien.

An unserem Wasserkocher können wir den Effekt regelmäßig beobachten: Im Inneren des Geräts bildet sich mit der Zeit eine immer dicker werdende weiße Kalkschicht. Wenn der Kalk die Heizelemente bedeckt, dauert es länger, bis das Wasser heiß wird. Mit etwas Essig oder einem anderen Entkalker lassen sich die Beläge wieder auflösen und der Wasserkocher gewinnt seine Effizienz zurück. Im industriellen Maßstab stellen Verkalkungen allerdings ein größeres Problem dar: Gerade in thermischen Kraftwerken, die beispielsweise zur Stromerzeugung eingesetzt werden, sorgen die Effizienzverluste für einen höheren Brennstoffbedarf, höhere Kosten und mehr Emissionen. Bisherige Methoden zu ihrer Entkalkung sind oft teuer und erfordern den Einsatz umweltschädlicher Chemikalien.

Effizienzverluste vermeiden

„Kalkablagerungen können zu enormen Energieverlusten führen, mindestens zwei Prozent der gesamten Weltenergieproduktion pro Jahr, da die Effizienz der Wärmeübertragung und der Strömungsleistung sinkt“, berichtet ein Team um Julian Schmid von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dadurch müssen Millionen Tonnen Steinkohle zusätzlich verbrannt werden. Die Forschenden haben nun eine mögliche Lösung für das Problem entwickelt: eine Beschichtung, die die Anlagerung von Kalkkristallen verhindert.

Obwohl bereits zahlreiche Forschungsteams an solchen Oberflächen gearbeitet haben, kam bislang kein wirksames Material zustande, das im industriellen Maßstab einsetzbar wäre. „Das liegt zum Teil an dem mangelnden Verständnis dafür, wie sich Mikroverunreinigungen in dynamischen wässrigen Umgebungen ablagern und anhaften“, erklären Schmid und seine Kollegen. Bevor sie sich an die Entwicklung einer entsprechenden Oberfläche machten, untersuchten sie daher im Detail, wie einzelne wachsende Kalkkristalle, die umgebende Wasserströmung und die Oberfläche auf mikroskopischer Ebene zusammenwirken.

So kamen sie zu dem Ergebnis, dass statt einer festen Beschichtung ein weiches Oberflächenmaterial wahrscheinlich am wirksamsten gegen Kalkablagerungen ist. Daher entschied sich das Team für ein Polymer-Hydrogel, das durch einen hohen Wasseranteil flexibel ist. Damit die Kalkkristalle sich nicht anlagern können, muss die Mikrostruktur des Materials feiner sein als der Durchmesser eines einzelnen Kalkkristalls, wie die Voranalysen ergaben. „Wir variierten die Oberflächenstruktur des Materials, um die größte Effizienz zu erzielen und führten die Kristallexperimente mit dieser optimalen Strukturgröße durch“, berichtet Schmid.

Beschichtung nach natürlichem Vorbild

Die Oberfläche der Beschichtung orientiert sich dabei an einem natürlichen Vorbild: Sie weist mikroskopisch feine Rillen auf, ähnlich wie Haischuppen, die mit dem gleichen Trick verhindern, dass sich Schmutz oder Algen anlagern können. Auf entsprechend beschichteten Oberflächen haben Kalkkristalle kaum Halt und werden zum größten Teil vom vorbeiströmenden Wasser abgetragen. Dadurch können sie sich nicht zu einer Schicht zusammenlagern.

„Mit dieser Beschichtung lassen sich bis zu 98 Prozent der Kalkablagerungen verhindern“, schreiben die Forschenden. „Wir gehen davon aus, dass diese Ergebnisse wichtige Hinweise für das Design von kalkabweisenden Oberflächen liefern.“ Die Beschichtung ließe sich mit gängigen industriellen Verfahren auch in großem Maßstab aufbringen. Zudem ist das Hydrogel biokompatibel und könnte somit eine umweltschonendere Alternative zu bisher üblichen Entkalkungsmethoden bieten.

Quelle: Julian Schmid (ETH Zürich) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adj0324

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