Wissenschaft

#Neuer Blick in den Marskern

Seismische Wellen können verraten, wie der Kern eines Planeten beschaffen ist. Jetzt haben Messdaten der NASA-Sonde Mars InSight erste genauere Einblicke in das Innenleben des Mars geliefert. Demnach ist der Kern des Roten Planeten höchstwahrscheinlich komplett flüssig und etwas kleiner und dichter als zuvor angenommen – er hat einen Radius von 1780 bis 1810 Kilometer. Außerdem enthält das flüssige Eisen des Marskerns deutlich mehr leichtere Elemente wie Schwefel, Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff als der flüssige Erdkern: Sie könnten einen Anteil von 20 bis 22 Gewichtsprozent haben, wie das Forschungsteam berichtet.

Obwohl der Mars unser Nachbarplanet ist und er in seiner Frühzeit der Erde in vielem ähnelte, wissen wir bisher nur wenig über sein Innenleben. Klar scheint, dass er grundsätzlich ähnlich zusammengesetzt ist wie die Erde und eine ähnliche Schichtstruktur aus einem eisenhaltigen Kern, einem silikatreichen Mantel und einer Kruste besitzt. Doch die Dicke, Zusammensetzung und Struktur dieser Schichten konnten Planetenforscher lange nur grob abschätzen, unter anderem mithilfe von Modellen und Messdaten von Orbitalsonden. Erst mit der im November 2018 auf dem Mars gelandeten NASA-Raumsonde Mars InSight hat sich dies geändert. Denn ihr Seismometer registrierte in den rund vier Jahren ihres Betriebs mehr als 1300 Marsbeben, darunter auch einige Erschütterungen durch Meteoriteneinschläge. Die Laufzeit und Form solcher Wellen erlaubt Rückschlüsse auf Beschaffenheit, Dichte und Temperatur des Materials, durch das diese seismischen Signale gelaufen sind.

Zwei seismische Ereignisse mit Kernwellen

Im Sommer 2021 haben Wissenschaftler auf Basis dieser Daten ein erstes Modell der Marsanatomie erstellt. Damals fehlten jedoch wichtige Messdaten, um die Zusammensetzung und Größe des Marskerns genauer bestimmen zu können. Denn dafür sind seismische Wellen von der gegenüberliegenden Seite des Mars nötig, die auf ihrem Weg zum InSight-Seismometer direkt durch den Kern gelaufen sind. „Solche Farside-Ereignisse sind schwer zu detektieren, weil sie auf ihrem Weg viel Energie verlieren“, erklärt Erst-Autorin Jessica Irving von der University of Bristol. „Wir brauchten viel Glück und Erfahrung, um diese Ereignisse einzufangen.“ Erst nach rund drei Jahren – an Missionstag 976 und Tag 1000 – detektierte das Seismometer zwei solcher kerndurchlaufenden Signale.

„Wir haben damit erstmals seismische Wellen eingefangen, die durch den Kern eines anderen Planeten gelaufen sind“, so Irving. Das erste seismische Signal stammte von dem stärksten während der gesamten Missionszeit von Mars InSight registrierten Marsbeben. Der zweite seismische Wellenschub wurde von einem Meteoriteneinschlag auf der anderen Marsseite verursacht. „Dieses zweite Signal war besonders hilfreich, weil wir genau wussten, wo die Quelle der seismischen Wellen lag“, erklärt Irving. Dennoch erforderte es einiges an Aufwand und seismologischer Erfahrung, um die schwachen Kernwellen aus den unzähligen Störgeräuschen und komplexen Seismogrammen herauszulösen und zu analysieren.

Mehr leichte Elemente im Marskern

Jetzt liegen die Ergebnisse der seismischen Analysen vor. „Dank Mars InSight können wir endlich ermitteln, wie das Zentrum des Mars beschaffen ist und warum er der Erde so ähnlich, aber doch verschieden ist“, sagt Co-Autor Vedran Lekic von der University of Maryland. Den neuen Daten zufolge ist der Marskern wahrscheinlich flüssig und hat anders als die Erde keinen festen inneren Metallkern. Der Radius des Marskerns liegt bei 1780 bis 1810 Kilometern – er ist demnach nicht einmal halb so groß wie der Erdkern und etwa 20 Kilometer kleiner als noch 2021 geschätzt, wie das Team berichtet. Neue Werte gibt es auch für die Dichte des Marskerns: Mit 6,16 bis 6,35 Gramm pro Kubikzentimeter liegt sie etwas höher als die zuvor ermittelten 6,0 Gramm pro Kubikzentimeter. Aus dieser Dichte und aus den Laufzeiten der seismischen Wellen konnten die Wissenschaftler auch neue Hinweise auf die chemische Zusammensetzung des Marskerns gewinnen.

„Diese ersten Messungen der elastischen Eigenschaften des Marskerns haben uns dabei geholfen, seine Zusammensetzung zu ermitteln“, sagt Irving. Bisher gingen Planetenforscher davon aus, dass der Marskern aus flüssigem Eisen, vermischt mit geringen Anteilen von Schwefel besteht. Die neuen Messdaten legen jedoch nahe, dass es darüber hinaus noch andere leichte Elemente im Marskern geben muss – und dass der gesamte Anteil solcher Elemente relativ hoch ist: „Wir kommen zu dem Schluss, dass der Marskern im Mittel insgesamt 20,3 bis 21,4 Gewichtsprozent leichte Elemente enthalten muss“, berichten Irving und ihre Kollegen. „Der flüssige äußere Erdkern hat damit einen nur rund halb so hohen Anteil leichter Elemente wie der Marskern.“ Welche Elemente dies genau sind, lässt sich allein anhand der seismischen Daten nicht bestimmen. Ausgehend von der Zusammensetzung des Marsmantels und geophysikalischen Modellen gehen die Wissenschaftler aber davon aus, dass Schwefel mit rund 16,5 Gewichtsprozent den größten Teil dieser Beimischungen zum Kerneisen ausmacht. Dazu kommen geringe Mengen von Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff.

„Diese neuen Ergebnisse sind wichtig, um zu verstehen, wie sich die Entstehung und Entwicklung des Mars von der der Erde unterscheidet“, sagt Irving. Denn obwohl beide Planeten ähnliche Ausgangsbedingungen hatten, zeigen sie entscheidende Unterschiede. So hat die Erde beispielsweise ein Magnetfeld und eine Plattentektonik, der Mars hingegen nicht.

Quelle: Jessica Irving (University of Bristol) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2217090120

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