Nawalnyj schafft es selbst noch vor Gericht, die Machenschaften des russischen Regimes zu enthüllen, und genau das macht ihn so gefährlich für Putin. Dass Nawalnyjs Richterin offenbar eng vom Kreml geführt wurde, wie seine Mitstreiter dargelegt haben, kann nicht überraschen, zeigt aber, wie nervös man in der Führung sein muss.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Putin stürzen könnte: Er wird ersetzt durch ein rationaleres Mitglied der Elite, oder er geht in einem Volksaufstand unter. Für letzteren Fall wäre Nawalnyj eine Identifikationsfigur, er könnte sogar ein möglicher Anführer sein. Indem ihn Putin für viele Jahre wegschließen und jetzt auch stärker isolieren lässt, will er sich diese Gefahr vom Hals schaffen.

Nawalnyjs Rückkehr nach Russland war nach dem Giftanschlag mit einem großen Risiko behaftet. Für seine Unerschrockenheit zahlt er jetzt einen hohen persönlichen Preis. Aber immerhin ist seine Organisation auch aus dem Ausland noch zu Enthüllungen in der Lage, wie die Recherchen zu einer Yacht zeigen, die womöglich Putin zugerechnet werden kann. Das Problem ist, dass solche Erkenntnisse für das russische Publikum immer schwerer zugänglich werden. Der Kahlschlag in der Medienlandschaft, zu dem Putin den Krieg genutzt hat, beschränkt auch die Reichweite von Nawalnyjs Mitstreitern.