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#Niemand steht über dem Gesetz

„Niemand steht über dem Gesetz“

Es gibt keinen Präzedenzfall für das, was sich dieser Tage in Washington ereignet. Der Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Erstürmung, der monatelang hinter verschlossenen Türen Informationen sammelte und nun öffentlich tagt, hat keine Strafverfolgungsfunktion. Die neun Mitglieder des Ausschusses – zwei von ihnen konservative Never-Trumper – arbeiten gegen die Zeit.

Die Republikaner hoffen, in den Kongresswahlen im Herbst die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu gewinnen, und erwägen, den von ihnen boykottierten Ausschuss dann aufzulösen. Die Demokraten, jedenfalls die meisten von ihnen, glauben nicht daran, dass es ihnen gelingen wird, die Wahlen noch einmal drehen zu können, indem sie den Scheinwerfer auf den 6. Januar 2021 richten. Ihr Ziel ist es, mit dem Abschlussbericht den Druck auf die Justiz zu erhöhen, Anklage gegen Donald Trump zu erheben. Er wäre der erste Präsident, gegen den nicht nur zwei Impeachment-Verfahren eingeleitet wurden, sondern der auch wegen seiner Amtshandlungen strafrechtlich verfolgt würde.

Im Fall Richard Nixon kam dessen Nachfolger Gerald Ford einer Klage zuvor. 1974, einen Monat nach dem Rücktritt wegen der Watergate-Affäre, wandte Ford sich in einer Ansprache an das amerikanische Volk und verwies darauf, dass ein langwieriger Rechtsstreit gegen den früheren Präsidenten die Stimmung im Land wieder aufheizen und die Bevölkerung weiter polarisieren würde. Dann griff er zum Füller und unterschrieb eine uneingeschränkte Begnadigung für alle Verbrechen, die Nixon als Präsident möglicherweise begangen hatte.

Die Last des Justizministers

Auch Joe Biden könnte Trump präventiv begnadigen – und so Merrick Garland von der Last befreien, entscheiden zu müssen, ob er als erster Justizminister der Vereinigten Staaten gegen einen früheren Präsidenten Anklage erhebt. Doch ist der Fall Trump nun einmal ganz anders gelagert als die Watergate-Affäre: Biden würde jenem Mann die Strafverfolgung ersparen, der bereit war, das Gesetz zu brechen, um die Machtübergabe an ihn zu verhindern.

Eine besondere Ironie bestünde darin, dass Trump von jenem Präsidenten begnadigt würde, dessen Legitimität er bis heute bestreitet. Politisch wäre ein solcher Schritt folgenreich: Zwar ist eine Begnadigung kein Freispruch, doch würde Trump sie als genau solchen werten. Wieder könnte er dem Kongress eine Hexenjagd vorwerfen und aus seiner Sicht gänzlich entlastet in den Wahlkampf 2024 ziehen – mutmaßlich wieder gegen Biden.

Dass es so kommt, ist äußerst unwahrscheinlich: Biden soll intern schon vor Monaten geäußert haben, er sei dafür, Trump anzuklagen. Garland wird also entscheiden müssen – auch wenn er theoretisch die Option besitzt, sich für befangen zu erklären und einen Sonderermittler einzusetzen. So oder so, der Justizminister steht vor einem Dilemma: Kommt es zur Anklage, wird sich der Riss, der durch die amerikanische Gesellschaft geht, vertiefen. Zwar befürworten fast sechzig Prozent der Amerikaner, dass der frühere Präsident sich vor Gericht verantworten muss. Der harte Kern des anderen Lagers lässt sich aber leicht mobilisieren.

Trump ist alles zuzutrauen – auch ein Auftritt auf einer Kundgebung vor seinem ersten Gerichtstermin. Es gibt keine Gewähr dafür, dass die demokratischen Institutionen dem Druck ein zweites Mal standhalten. Entscheidet Garland sich aber gegen eine Anklage, stünde Trump noch besser da als im Falle eines Gnadenaktes. Zudem wäre ein Präzedenzfall geschaffen: Künftige Präsidenten könnten sich ermutigt fühlen, auf die „checks and balances“ zu pfeifen.

Belastende Aussagen republikanischer Zeugen

Trump selbst rechnet offenbar mit einer Anklage. Er hat sich inzwischen Rechtsbeistand geholt und baut vor: Er habe „das Gefühl“ gehabt, die Wahl sei manipuliert worden. So will er dem Vorwurf begegnen, er habe in „krimineller Absicht“ gehandelt. Er weiß, die Justiz muss anders als der Ausschuss auch entlastende Umstände berücksichtigen. Dagegen stehen die Schilderungen vornehmlich republikanischer Zeugen vor dem Ausschuss: So hat man dem abgewählten Präsidenten erklärt, dass der Vorwurf der Wahlfälschung „Schwachsinn“ sei, wie es der damalige Justizminister William Barr ausdrückte.

Auch bedeutete man ihm, sein Versuch, die Machtübergabe zu verhindern, sei eindeutig illegal. Ein Bundesrichter hat schon befunden, der frühere Präsident habe sich mit großer Wahrscheinlichkeit der betrügerischen Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten und der Behinderung des Kongresses bei der Beglaubigung des Wahlergebnisses schuldig gemacht.

Der amerikanische Rechtsstaat muss demonstrieren, dass niemand über dem Gesetz steht. Trump muss angeklagt werden – auch wenn der Prozess eine neuerliche Belastungsprobe für die Demokratie in Amerika wird.

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