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#Wie Säugetiere riesig wurden

Kurz nach dem Aussterben der Dinosaurier wogen die meisten Säugetiere weniger als zehn Kilogramm. Doch innerhalb weniger Millionen Jahre entstanden riesige Arten mit einem Gewicht von mehreren Tonnen. Besonders eindrucksvoll verlief diese Entwicklung bei den Brontotheren, auch Donnerhuftiere genannt. Diese nashornähnlichen Pflanzenfresser zählten zu den ersten, die Riesenarten hervorbrachten. Anhand von Fossilien haben Paläontologen nun aufgedeckt, welche evolutionären Mechanismen der Evolution der Brontotheren zugrunde lagen.

Im Eozän vor rund 56 bis 33,9 Millionen Jahren lebten in verschiedenen Teilen der Welt die sogenannten Brontotheren, auch Donnerhuftiere genannt. Sie ähnelten Nashörnern, sind aber näher verwandt mit heutigen Pferden. Fossilien aus Nordamerika, Asien und Osteuropa zeigen, dass die Brontotheren innerhalb weniger Millionen Jahre ihre Körpergröße vervielfacht haben. Waren die ersten bekannten Exemplare mit einem Gewicht von etwa 18 Kilogramm nur ungefähr so groß wie ein Reh, brachten spätere Arten mehrere Tonnen auf die Waage. Ähnliche Entwicklungen zeigten sich im Laufe des Eozäns bei zahlreichen weiteren Säugetierlinien – wenn auch meist langsamer und weniger extrem als bei den Donnerhuftieren.

Drei Hypothesen zum Größenzuwachs

„Die evolutionären Prozesse, die der raschen Größenzunahme von Tierlinien zugrunde liegen, sind jedoch kaum bekannt“, schreibt ein Team um Oscar Sanisidro von der Universität Alcalá in Madrid. Eine Hypothese, die auf den US-amerikanischen Paläontologen Edward Cope zurückgeht und als „Copes Gesetz“ bekannt ist, besagt, dass Lebewesen allgemein eine Tendenz zur Größenzunahme im Laufe der Zeit haben, da größere Tiere im inner- und zwischenartlichen Konkurrenzkampf überlegen sind. Eine weitere Hypothese besagt, dass der Größenzuwachs vor allem dadurch bedingt war, dass sich die Tiere immer wieder an neue, aufeinander aufbauende adaptive Zonen angepasst haben, die nach und nach größere Arten bevorzugt haben.

Eine dritte Hypothese geht davon aus, dass sich die Arten ungerichtet differenzieren, wobei ein Größenzuwachs dadurch zustande kommen kann, dass durchschnittlich mehr größere als kleinere Arten überleben – beispielsweise, weil sie ökologische Nischen besetzen können, in denen weniger Konkurrenzdruck herrscht. Um herauszufinden, welche dieser Hypothesen die Evolution der Brontotheren am besten beschreibt, haben Sanisidro und sein Team einen Datensatz von 276 Brontotheren-Fossilien analysiert, der die Zeit vom Aufkommen der Brontotheren bis zu ihrem Aussterben vor rund 33,9 Millionen Jahren umfasst. Anhand dieser Daten modellierten sie die Merkmalsentwicklung und analysierten, wie sich die Linie diversifiziert hat.

Ungerichtete Diversifizierung

Das Ergebnis: „Das dritte Modell, bei dem Veränderungen hauptsächlich bei Artbildungsereignissen ohne bevorzugte Richtung auftreten, ist mindestens viermal wahrscheinlicher als die anderen Szenarien“, so die Forscher. „Der ungerichtete Charakter der Größenevolution in der Gruppe wird besonders dadurch veranschaulicht, dass bis ins jüngste Eozän immer wieder auch kleinere Arten von Brontotheren neu entstanden, einige davon sogar unter 100 Kilogramm.“ Dies widerspricht der These von sukzessiven adaptiven Zonen, die immer größere Tiere bevorzugen. Überdies zeigten die Analysen, dass sich die Körpermasse innerhalb einzelner Arten im Laufe der Zeit kaum steigerte – im Gegensatz zu den Vorhersagen von Copes Gesetz.

Doch warum starben mehr kleinere als größere Arten aus? Um diese Frage zu klären, untersuchten Sanisidro und seine Kollegen zwei wichtige ökologische Umweltfaktoren: die Nischensättigung und den artspezifischen Prädationsdruck. Dazu bezogen sie Informationen über 680 Pflanzen- und Fleischfressern ein, die zur gleichen Zeit wie die Brontotheren die gleichen Lebensräume besiedelten. „Wir fanden heraus, dass die Nischensättigung die beste Erklärungsvariable für Diversifizierungsverzerrungen bei Brontotheren war“, so die Forscher. Arten in stärker besetzten ökologischen Nischen diversifizierten sich demnach öfter, starben allerdings auch schneller wieder aus. Neuentstehende große Arten hatten den Vorteil, dass sie ökologische Nischen nutzen konnten, die noch wenig besetzt waren und in denen weniger Konkurrenzdruck herrschte. Daher war ihr Aussterberisiko geringer.

Aussterben durch Umweltveränderungen

Gegen Ende des Eozäns verlangsamte sich die Körpermassenevolution der Brontotheren. Zudem starben mehr Arten aus als neu hinzukamen, sodass sich die Artenvielfalt in dieser Tiergruppe verringerte. Die Forscher führen das auf Veränderungen des Klimas und der Vegetation zurück: „In der zweiten Hälfte des Eozäns kam es in der nördlichen Hemisphäre zu einem schrittweisen Übergang zu trockeneren und weniger bewaldeten Bedingungen, was zu einem noch nie dagewesenen Selektionsdruck auf die letzten grasenden, waldbewohnenden Brontotheren führte“, so die Autoren. Weitere Untersuchungen, die auch Klimamodelle und die mutmaßliche Ernährung der Brontotheren einbeziehen, könnten klären, inwieweit die Umweltveränderungen zum Aussterben der Brontotheren geführt haben.

Quelle: Oscar Sanisidro (Universidad de Alcalá, Madrid, Spanien) et al., Science, doi: 10.1126/science.ade1833

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