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#Pilz-Virus verwandelt Feind in Freund

Pilz-Virus verwandelt Feind in Freund

Auch Pilze können sich Viren einfangen und das kann erstaunliche Folgen haben, berichten Forscher: Ein berüchtigter Schadpilz an Rapspflanzen mutiert durch die Infektion mit einem Virus vom Krankheitserreger zu einem Wohltäter der Pflanzen, zeigt die Studie. Der infizierte Pilz lebt friedlich in den Pflanzen und stärkt dabei ihr Immunsystem, wodurch sie gesünder und widerstandsfähiger gegen Krankheitserreger werden. In diesem Effekt steckt erhebliches Potenzial für die Entwicklung von Verfahren zum biologischen Pflanzenschutz, sagen die Wissenschaftler.

Sklerotinia-Befall! Für Raps-Bauern ist das eine erschreckende Diagnose. Der auch als Rapskrebs bekannte Schadpilz Sclerotinia sclerotiorum kann den Ertrag buchstäblich zum Einknicken bringen: Der Erreger führt zum Kollaps der Pflanzen, indem er vor allem Gewebe im Stängelbereich zerstört.

Der Sclerotinia-Pilz zerstört vor allem die Stängel von Pflanzen und macht sich dabei durch weißen Flaum bemerkbar (Pfeile). (Bild: Daohong Jiang)

Sclerotinia verursacht dadurch weltweit erhebliche Verluste im Rapsanbau, denn die Bekämpfung durch Fungizide und andere Maßnahmen ist problematisch oder wenig wirksam. Vor diesem Hintergrund haben die Forscher um Daohong Jiangvon der Huazhong Agricultural University in China nun das Potenzial eines speziellen Bekämpfungsansatzes ausgelotet: Könnte man den Krankheitserreger bekämpfen, indem man ihn selbst krank macht?

Ein Wolf wird zum Schaf

Im Visier der Forscher standen dabei die sogenannten Mykoviren. So wie uns Coronaviren und Co beeinträchtigen, können diese speziellen Viren verschiedenen Pilzarten zu schaffen machen. Oft existieren sie allerdings auch in ihren Wirten, ohne deutliche Schadeffekte hervorzurufen. Im Rahmen ihrer Studie haben Jiang und seine Kollegen nun untersucht, wie sich der Schadpilz Sclerotinia durch die Infektion mit dem Mykovirus SsHADV-1 verändert.

Es zeigte sich, dass die Infektion zwar nicht zum Absterben des Pilzes führt, sie entwaffnet Sclerotinia aber: Versuche der Forscher zeigten, dass infizierte Pilzstämme Rapspflanzen zwar besiedeln, sie aber nicht mehr schädigen. „Das Virus kann den Pilz von einem tödlichen Erreger in einen sogenannten endophytischen Pilz verwandeln. Sclerotinia behandelt die Pflanze dann wie eine Heimat, anstatt sie abzutöten“, sagt der Jiang. Es gibt zahlreiche Beispiele solcher endophytischen Organismen, die in Pflanzengeweben leben, ohne Krankheiten zu verursachen. Manchmal nutzen sie ihren Wirten sogar – sie werden zu Symbiosepartnern.

Und genau das ist offenbar auch bei den virusinfizierten Sclerotinia-Pilzen der Fall, wie weitere Untersuchungen der Forscher zeigten: Die Besiedelung mit den viral gezähmten Pilzen stimuliert demnach das Immunsystem der Pflanzen, wodurch sie gesünder und widerstandsfähiger gegen Erkrankungen werden. Dieser Effekt macht sich auch deutlich bemerkbar: Auf Versuchsfeldern konnten die Wissenschaftler durch eine Behandlung der Pflanzen mit den virusinfizierten Sclerotinia-Pilzen eine Ertragssteigerung von 6,9 bis 14,9 Prozent erzielen. „Das Virus kann den Feind in einen Freund verwandeln“, resümiert Jiang.

Impfung gegen Pflanzenkrankheiten in Sicht?

Die Wissenschaftler konnten auch aufzeigen, auf welchen Prozessen der Effekt beruht. Aus ihren genetischen Untersuchungen geht hervor, dass das Virus die Aktivität von Genen des Pilzes drosselt, die eine Rolle bei seiner Schadwirkung spielen. Die Besiedlung der Pflanzen mit diesen viral entwaffneten Pilzen führte beim Raps zur Aktivierung von Erbanlagen, die eine Rolle bei der natürlichen Krankheitsresistenz spielen, berichten die Forscher. Durch die virusinfizierten Sclerotinia-Pilze lässt sich somit eine Art Impfeffekt erzielen: „Wenn man das Saatgut mit diesen Pilzen behandelt, wachsen sie während der gesamten Lebensdauer der Pflanze mit. So wie bei manchen Impfungen beim Menschen entsteht dadurch ein lebenslanger Schutz“, sagt Jiang.

Er und seine Kollegen wollen das Potenzial der Mykoviren für den Pflanzenschutz nun weiter ausloten. Wie sie erklären, scheint es möglich, dass diese Erreger auch bei anderen Schadpilzen einen ähnlichen Effekt hervorrufen. Wie sie betonen ist die Bedeutung dieser Pathogene gewaltig: Die hartnäckigen pilzlichen Erreger verursachen mehr als 80 Prozent aller Pflanzenkrankheiten und zerstören jährlich ein Drittel aller Nahrungsmittelpflanzen. „Unser Ansatz zur Krankheitsprävention kann nun der Forschung im Pflanzenschutz zugutekommen und somit letztlich hoffentlich auch der landwirtschaftlichen Produktion“, sagt Jiang.

Quelle: Cell Press, Fachartikel: Molecular Plant, doi: Molecular Plant, doi: 10.1016/j.molp.2020.08.016

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