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Plötzlich Freunde

Nicht jede Rivalität muss für immer bestehen, manche erbitterte Gegner entwickeln sich gar zu Geschäftsfreunden, wenn die Umstände stimmen. Rolf Buch, der Vorstandsvorsitzende des Bochumer Wohnungsbauunternehmens Vonovia, und Michael Zahn, Chef des Berliner Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen, haben über die Pfingsttage hart gerungen, doch zur Vorstellung der Fusionspläne gaben sie sich ganz zahm. „Das kann der Michael besser beantworten“, sagte Buch in der telefonischen Pressekonferenz am Dienstag, Rücksichtnahme und Vortritt lassen war angesagt.

2015 klang das noch ganz anders, als Vonovia in einer feindlichen Übernahme für 14 Milliarden Euro den Konkurrenten schlucken wollte. Den Kaufpreis fand Zahn damals zu niedrig, das Angebot sei „wertvernichtend“ und das Synergiepotential von 80 Millionen Euro „unmöglich“. Die Aktionäre folgten der Lesart und dienten Vonovia weniger als ein Drittel ihrer Anteile an. Das abermalige Angebot von Vonovia, mehr als 18 Milliarden Euro für die Aktien von Deutsche Wohnen zu bezahlen, finden Vorstand und Aufsichtsrat des Berliner Wohnungskonzerns nun aber gut. Sie empfehlen ihren Anteilseignern ausdrücklich die Transaktion.

Übernahmeversuche „nicht vergleichbar“

Der frühere Übernahmeversuche sei mit dem heutigen nicht vergleichbar, argumentiert Zahn. „Die Unternehmen haben sich strategisch deutlich aufeinander zubewegt“, sagte der Deutsche-Wohnen-Chef in der Telefonkonferenz. Ebenso wie der Berliner Konzern ist auch Vonovia in den vergangenen Jahren durch Zukäufe gewachsen. „Wir haben gezeigt, dass unser Geschäft Größenvorteile generieren kann“, sagte Buch. Das wiederum soll sich dann auch in den Kosten niederschlagen, jetzt sind sogar Synergien von 105 Millionen Euro nicht mehr unmöglich, sondern fest eingeplant. Mit besserem Einkauf, einfacheren IT-Systemen und so weiter, Vonovia hat das zuletzt mit einem Zukauf in Schweden vorgemacht, die Mitarbeiter soll es jedenfalls bis Ende 2023 nicht mit einem Stellenabbau treffen.

Den Vorstandsvorsitz des Gemeinschaftsunternehmens, das Vonovia heißen soll, wird dann Buch innehaben, Zahn soll sein Stellvertreter werden. Seinen Finanzchef bringt Zahn mit, Vonovias Finanzvorständin soll dafür ein neu geschaffenes Vorstandsressort für Innovation und Digitalisierung bekommen.

Bei Berlinern unbeliebt

Ein Zusammenschluss von Dax-Konzernen ist selten, noch seltener kommt es vor, dass sich die Vorstandschefs kurz nach der Verkündung ihrer Pläne mit Bezirkspolitikern auf eine Bühne setzen. Die Übernahme von Deutsche Wohnen durch den Konkurrenten Vonovia ist allerdings auch in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahme: Mitten in die Wahlkampfzeit platzen die Unternehmen mit ihrem Plan hinein, ein wichtiger Schauplatz ist zudem Berlin, das auch wegen des Mietendeckels wie keine andere Stadt die Debatte um Wohnraum prägt. Drei Viertel seiner Wohnungen hat Deutsche Wohnen in Berlin, in der Hauptstadt ist der Konzern bei vielen Bewohnern unbeliebt. „Der Zusammenschluss hat sicherlich nichts zu tun mit Enteignung“, sagte Zahn am Dienstag in Anspielung auf die Unterschriftensammlung von Kritikern der Wohnungsbaukonzerne in Berlin. Die Polemik der Aktivisten habe mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun, sagte der Deutsche-Wohnen-Chef, der bekannt dafür ist, auch auf Podiumsdiskussionen nicht gerade empathisch mit seinen Kritikern umzugehen. Gleichwohl sei es nun die Aufgabe, verloren gegangenes Vertrauen in die Geschäfte der Wohnungsbaukonzerne wieder aufzubauen.

Während Vonovia nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel gleich ankündigte, ihnen zustehende Mieten nicht nachzufordern, pochte Deutsche Wohnen auf ihr Recht. Schon in den vergangenen Monaten hat sich Buch eher als Vermittler in der angespannten Diskussion versucht. „Wir sind uns bewusst, dass wir dort eine große Verantwortung haben“, sagte Buch. „Wir müssen den Mietern die Ängste und Sorgen nehmen“, sagte nun auch Zahn, der den Immobilienkonzern seit 2008 führt.

Zwei Wohnungsbaukonzerne im Dax

Der 1963 geborene Zahn kennt Berlin schon lange, nach dem Volkswirtschaftsstudium in Freiburg fasste er dort in der Nachwendezeit Anfang der neunziger Jahre beruflich Fuß. Seine erste Wohnung war ein Altbau im Kreuzberger Oranienkiez, 80 Quadratmeter, die er sich mit einem Freund teilte. 1997 heuerte Zahn bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gehag an, die kurz darauf privatisiert wurde und über Umwege bei der Deutsche Wohnen landete. Dort baute Zahn das Portfolio immer weiter aus. Auch er scheiterte mit Übernahmen wie etwa des nordrhein-westfälischen Immobilienkonzerns LEG, doch führte er seinen Konzern bis in den Dax.

Buch, der als Maschinenbauer anders als Zahn nicht aus der Immobilienwirtschaft kommt, hatte den Dax-Aufstieg schon vorgemacht. Als Chef des Bertelsmann-Tochterunternehmens Arvato wechselte Buch 2013 an die Spitze der damaligen Deutschen Annington, die zwei Jahre später in Vonovia umbenannt wurde und in die höchste Börsenliga aufstieg. Mit der gescheiterten feindlichen Übernahme hatte der heute 56 Jahre alte Manager seine Lektion gelernt. Buch versucht es seit längerem eher mit dem kooperativen Ansatz statt mit der Brechstange. Auch im Umgang mit seinen Kunden, ob es da um Mieterhöhungen oder energetische Sanierung geht, hat sich der Vonovia-Chef vor allem im Corona-Jahr 2020 handzahm gegeben. Die angespannte Stimmung im Wahlkampf ist dem Manager bewusst, Zurückhaltung war Teil seiner Strategie. Umso überraschender kommt da die Übernahme.

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