Nachrichten

#Präventionsprogramm Motherschools gegen Extremismus

Das Präventionsprogramm „Motherschool“ will Mütter im Kampf gegen Radikalisierung und Extremismus in der eigenen Familie stärken. Das Angebot in Frankfurt richtet sich unter anderem an Flüchtlinge und Migranten.

Für Farkunda Safar, Ärztin aus Afghanistan, ist es nicht die erste Graduiertenfeier, aber dennoch eine besondere, als sie ihre Urkunde als Absolventin der „Motherschool“ entgegennimmt. Es sei die einzige Schule, die die 30 Jahre alte Frau in den anderthalb Jahren, die sie schon in Deutschland ist, besucht hat, berichtet sie den Gästen der Feier im Frankfurter Amt für Multikulturelle Angelegenheiten. Die „Motherschool“, die Schule für Mütter, ist allerdings keine, in der Frauen über Babybrei, Schlafrituale oder Kinderbetreuung belehrt werden. Es ist ein geschützter Raum, in dem Frauen aus verschiedenen Kulturkreisen zusammenkommen, weil sie sich und ihre Familien gegen Bedrohungen schützen wollen, die im Verborgenen wachsen: den Extremismus, die Radikalisierung.

Monika Ganster

Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.

Die Idee stammt von Edit Schlaffer, die mit ihrer Organisation „Women without borders“ (Frauen ohne Grenzen) in den vergangenen zehn Jahren eine Mütterbewegung geschaffen hat, die schon in 16 Ländern agiert. Für Schlaffer, die für diese Feier aus ihrer Heimat Wien nach Frankfurt gereist ist, sind die 28 Absolventinnen der lebendige Beweis, dass Veränderung im Kleinen beginnt. Die Familie soll als demokratische Keimzelle wirken, die es zu stärken gilt. „Vertrauensvolle Beziehungen sind wirkungsvoll gegen Gewalt“, sagt Edit Schlaffer dazu. Müttern, die die Sozialwissenschaftlerin als „Leuchtturm im Leben ihrer Kinder“ bezeichnet, komme dabei eine besondere Rolle zu: „Es beginnt zu Hause, eine friedliche Gesellschaft zu festigen.“

Die österreichische Sozialwissenschaftlerin Edit Schlaffer hat mit der Organisation „Women without Borders“ den Grundstein für die „Motherschools“ gelegt.


Die österreichische Sozialwissenschaftlerin Edit Schlaffer hat mit der Organisation „Women without Borders“ den Grundstein für die „Motherschools“ gelegt.
:


Bild: Michael Braunschädel

In Frankfurt ist es der Verein Rumi Impuls, der die Idee der Motherschools bereits seit mehreren Jahren erfolgreich umsetzt. Frauen, die mit ihren Familien aus Syrien, Afghanistan, Pakistan oder der Türkei nach Deutschland geflohen sind, treffen sich mehrere Monate lang regelmäßig, begleitet von pädagogischen Mitarbeiterinnen, die Impulse geben und als Übersetzerinnen fungieren. Finanziert werden die Motherschools vom Hessischen Innenministerium, es ist eines von rund 120 Projekten, die im Rahmen des Landesprogramms „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ gefördert werden.

Bei der Graduiertenfeier werden Fotos aus den Kursen gezeigt: Frauen verschiedener Herkunft, teils mit Kopftuch, teils ohne, sitzen um einen großen Tisch mit überbordenden, liebevoll hergerichteten Speisen. „Essen ist immer wichtig“, sagt Hanifa Haqani, die Geschäftsführerin von Rumi Impuls und lacht. „Alle wollen etwas mitbringen. Sie sorgen füreinander.“ Die Mütter kommen so ins Gespräch, das gelingt den einen schon ganz gut auf Deutsch, manchen auf Englisch, anderes muss von den Kursbegleiterinnen aus Dari übersetzt werden.

Hanifa Haqani, Geschäftsführerin von Rumi Impuls, engagiert sich seit Jahren in der Extremismusprävention.


Hanifa Haqani, Geschäftsführerin von Rumi Impuls, engagiert sich seit Jahren in der Extremismusprävention.
:


Bild: Michael Braunschädel

Eine der Sozialpädagoginnen von Rumi Impuls ist Bisma Hanif, die selbst vor 13 Jahren von Afghanistan nach Deutschland kam. Sie möchte in den Gesprächsrunden der Motherschools vor allem einen offenen Dialog fördern: Dort dürfe auch darüber geredet werden, dass zu Hause nicht alles in Ordnung sei. Erst wenn die Frauen über Sorgen die eigenen Kinder betreffend sprächen, über Anzeichen der Distanzierung oder Furcht vor radikalen Einflüssen, sei der Weg offen für die eigentliche Arbeit.

Bisma Hanif will die Mütter zu einem ebenso offenen Dialog mit ihren Kindern ermutigen. Erziehungsberatung heißt hier: Wie fördere ich kritisches Denken bei meinem Kind, Toleranz und Empathie? Es gehe aber auch darum, dass die Frauen ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und lernen, ihnen Respekt zu verschaffen.

An der Graduiertenfeier nimmt die ganze Familie teil.


An der Graduiertenfeier nimmt die ganze Familie teil.
:


Bild: Michael Braunschädel

Die Teilnehmerinnen der Kurse sprechen die Mitarbeiterinnen von Rumi Impuls unter anderem in Flüchtlingsunterkünften an. Dort stießen sie bei Frauen, die nicht wüssten, was sie in einer Schule für Mütter erwarten sollen, häufig auf Skepsis. Mindestens ebenso hohe Hürden des Zweifels seien bei den Ehemännern zu überwinden, bis auch die ihre Einwilligung gäben. So dauere es oft Wochen, manchmal Monate des beharrlichen Wiederanklopfens, bis Vertrauen hergestellt sei, berichtet Bisma Hanif von ihren ausdauernden Bemühungen.

Hanifa Haqani hebt hervor, wie wichtig diese Arbeit gerade jetzt sei: „Wir leben in einem Zeitalter der Extremisten, in dem die Unterdrückung der Frau wieder salonfähig wird.“ Es gelte, die patriarchale Gewalt, die Frauen entwürdige und demütige sowie die Ohnmacht der Mütter zu bekämpfen, um innerhalb der Familie gegen Radikalisierung anzugehen. Die Motherschools leisteten dazu ihren Beitrag.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!