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#Ein Leben „davor“ und ein Leben „danach“

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Ein Leben „davor“ und ein Leben „danach“

Er wollte nicht gefunden werden. Er wollte sterben. Einfach nicht mehr sein, nicht mehr den nächsten Tag erleben müssen. Dem ganzen Druck entfliehen. Per Mail verschickte er Worte des Abschieds an Freunde und Familie. Sie sollten Trost und Antworten in den Zeilen finden – und von jeder Schuld befreit werden. Für einen handgeschriebenen Brief hatte er keine Zeit. Er handelte schnell, fast automatisch in dieser Nacht, als er in einer Kurzschlusshandlung beschloss, sich das Leben zu nehmen. Seine hastig getippten Zeilen würden nicht vor dem Morgengrauen gelesen werden, da war er sich fast sicher. Und zu diesem Zeitpunkt, so hoffte er, sei er schon längst nicht mehr da. „Tot.“

Marie Lisa Kehler

Marie Lisa Kehler

Stellvertretende Ressortleiterin des Regionalteils der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Das Wort auszusprechen fällt ihm heute, zwei Jahre nach seinem Suizidversuch, noch immer schwer. Erst im Krankenhaus begriff er die Tragweite seines Handelns. Aber in dieser einen Nacht schien der Suizid für ihn der letzte Ausweg, um allem, was ihn zu erdrücken drohte, zu entfliehen.

Die Idee, sich beispielsweise durch eine Krankmeldung der hauptsächlich beruflich bedingten Überforderung zu entziehen, ist dem Mann, der zum Zeitpunkt seines Suizidversuchs noch nicht einmal 30 Jahre alt war, nicht gekommen. Er, der Leistungsträger, der Lebemann, mit dem sich andere gerne umgeben, meldet sich doch nicht arbeitsunfähig, nur weil er ein bisschen gestresst ist. Aber die Angst, im Beruf zu versagen, die Angst, den Ansprüchen nicht zu genügen, hatte ihn damals fest im Griff. Timm Wiesmann, der eigentlich anders heißt, arbeitet in der Frankfurter Finanzbranche. Zahlen, Fakten, Konkurrenzkampf. Leistungsdruck.

„Davor“ und „Danach“

Sein Leben teilt er in ein „Davor“ und ein „Danach“ ein. Jeden Morgen, wenn er vor dem Suizidversuch seinen Mitarbeiterausweis zückte und sich die große Tür des Bürogebäudes öffnete, war er sich sicher, am Ziel angekommen zu sein. Doch der Stolz wich bald Selbstzweifeln. Wiesmann sucht nach Worten, wenn er beschreibt, wie er sich in den Tagen vor dem Suizidversuch gefühlt hat. Es scheint, als sei ihm die Person, die er damals war, fremd geworden. Als lägen nicht zwei Jahre zwischen dem Ereignis, sondern ein ganzes Leben. Freunde alarmierten damals Polizei und Rettungsdienst, nachdem sie seine Mail gelesen hatten. Er wurde rechtzeitig gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Danach folgte ein mehrmonatiger Aufenthalt in der Psychiatrie der Universitätsklinik Frankfurt, im Anschluss besuchte er weitere zwei Monate eine Tagesklinik.


Hilfe bei Suizidgedanken


Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie – auch anonym – mit anderen Menschen über Ihre Gedanken sprechen können.
Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222.

Der Anruf bei der Telefonseelsorge ist nicht nur kostenfrei, er taucht auch nicht auf der Telefonrechnung auf, ebenso nicht im Einzelverbindungsnachweis.

Ebenfalls von der Telefonseelsorge kommt das Angebot eines Hilfe-Chats. Die Anmeldung erfolgt auf der Webseite der Telefonseelsorge. Den Chatraum kann man auch ohne vereinbarten Termin betreten, mit etwas Glück ist ein Berater frei. In jedem Fall klappt es mit einem gebuchten Termin.

Das dritte Angebot der Telefonseelsorge ist die Möglichkeit der E-Mail-Beratung. Auf der Seite der Telefonseelsorge melden Sie sich an und können Ihre Nachrichten schreiben und Antworten der Berater lesen. So taucht der E-Mail-Verkehr nicht in Ihren normalen Postfächern auf.




Jährlich nehmen sich deutschlandweit etwa 9500 Menschen das Leben – allein in Frankfurt sind es etwa 100 pro Jahr. Die F.A.Z. sammelt deshalb für das Projekt LoKi. Die Abkürzung steht für „Lokale, niedrigschwellige Krisenintervention in Frankfurt“. Unter anderem sollen Hausärzte geschult werden, damit sie besser erkennen können, wann sich ein Patient in einer akuten Krisensituation befindet. Außerdem soll der Zugang zu Gesprächs- und Therapieangeboten erleichtert werden. Um das zu erreichen, ist geplant, in Stadtteilen mit einer besonders hohen Suizidrate unentgeltliche Sprechstunden anzubieten. Die Ansprechpartner fungieren als „Lotsen“, indem sie den Kontakt zu einer Beratungsstelle oder in einer akuten Notsituation auch eine Therapie oder eine stationäre Behandlung vermitteln.

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