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#Rätselhafte Radiopulse

Rätselhafte Radiopulse

Im Kosmos gibt es viele Phänomene, die kurzlebige oder periodische Signale erzeugen – darunter Sternexplosionen, rotierende Neutronensterne oder veränderliche Sterne. Doch jetzt haben Astronomen Radiopulse von einem unbekannten Objekt in rund 4000 Lichtjahren Entfernung eingefangen, die zu keiner der bekannten Quellen passen. Die Radiopulse sind nur wenige Sekunden lang, haben aber einen Abstand von gut 18 Minuten. Zudem wechseln sich Phasen der Aktivität mit wochenlangen Ruhephasen ab. Denkbar wäre, dass diese Pulse von einem sich besonders langsam drehenden Magnetar erzeugt werden – einem stark magnetisierten Neutronenstern. Das aber ist bislang nur Spekulation.

Weltweit lauschen gleich mehrere große Radio-Observatorien ins All hinaus. Mit den sensiblen Antennen können diese Teleskope Phänomene im All beobachten, die langwellige elektromagnetische Strahlung aussenden. Solche Radiowellen entstehen unter anderem in den energiereichen Teilchenjets Schwarzer Löcher, bei Strahlenausbrüchen von Sternen, in Supernovae oder auch im Magnetfeld rotierender Neutronensterne. Astronomen bezeichnen kurzlebige, vorübergehende Phänomene als „transient“. Die Dauer der von einem Objekt eingefangenen Radiosignaturen verrät dabei meist, um was es sich handelt: Die transienten Signale von Sternexplosionen erscheinen plötzlich, halten aber über Tage bis Wochen an. Im Gegensatz dazu können die Signale von Pulsaren oder die ultrakurzen Pulse der sogenannten Fast Radiobursts nur Millisekunden andauern.

Radiopulse mit ungewöhnlicher Periode

Umso überraschender ist eine Entdeckung, die ein Team um Natasha Hurley-Walker vom International Centre for Radio Astronomy Research (ICRAR) in Australien gemacht hat. Für ihre Studie hatten die Astronomen archivierte Daten des Murchison Widefield Array (MWA), einem Radioteleskop im Outback von Westaustralien, mithilfe eines neuentwickelten Suchalgorithmus nach transienten Radiosignalen durchforstet. „Das breite Sichtfeld und die hohe Sensitivität des MWA sind perfekt dafür geeignet, den gesamten Himmel zu überwachen und auch, um Unerwartetes zu finden“, sagt Co-Autor Tyrone O’Doherty vom ICRAR. Bei ihrer Suche gingen dem Team 71 energiereiche Radiopulse ins Netz, die alle von derselben Quelle zu stammen schienen. Diese liegt rund 4000 Lichtjahre von uns entfernt – nach Maßstäben der Radioastronomie ist dies gewissermaßen in unserem galaktischen Hinterhof.

Die einzelnen Radiopulse waren jeweils 30 bis 60 Sekunden lang und wiederholten sich im Abstand von jeweils 18,18 Minuten. „Dies ist eine ungewöhnliche Periodizität, die unseres Wissens nach noch niemals zuvor beobachtet worden ist“, berichten die Astronomen. Denn diese Radioquelle liegt mit diesem „Blinkmuster“ genau zwischen den langsamen und schnellen Transienten. Ungewöhnlich auch: In zwei jeweils 30 Tage langen Phasen sendete die Quelle diese Radiopulse regelmäßig wie ein Uhrwerk. „Immer dann, wenn wir den nächsten Puls erwarteten, traf er auch ein – es gab keine Ausfälle zwischendurch“, so das Team. Zwischen diesen beiden „An“-Phasen gab es jedoch eine 26 Tage lange Pause, in der gar keine Pulse detektiert wurden. „Das ist völlig unerwartet“, sagt Hurley-Walker. „Für einen Astronomen ist das fast schon unheimlich, denn es gibt am Himmel nichts Bekanntes, das sich so verhält.“ Beide 30-tägigen Phasen der Radiopulse stammen von Anfang 2018. In den Daten seither konnte das Team keine weiteren dieser Signale mehr identifizieren.

Langsamer Magnetar als Quelle?

Bisher können die Astronomen nur darüber spekulieren, um was für ein Objekt es sich bei der Quelle dieser Radiopulse handelt. Aus der Tatsache, dass die Radiosignale stark linear polarisiert sind, schließen sie aber, dass die Quelle ein starkes Magnetfeld besitzen muss. Die Helligkeitsverteilung spreche zudem dafür, dass das Objekt kompakt und eher klein sei. Nach Ansicht des Teams könnte es sich bei der (GLEAM-X) J162759.5-523504.3 getauften Radioquelle um einen stark magnetisierten Weißen Zwerg oder Neutronenstern handeln. Wenn diese kompakten Sternenreste ein starkes Magnetfeld besitzen und rotieren, kann dies theoretisch zur Freisetzung von engen Kegeln aus Radiostrahlung an den Polen führen, die bei uns dann als Radiopulse ankommen. Allerdings haben bekannte Pulsare und Magnetare typischerweise Pulsperioden von weniger als zehn Sekunden, weil sie schnell rotieren.

Dennoch halten die Astronomen es für möglich, dass diese Radiopulse von einem sogenannten ultralangperiodischen Magnetar ausgehen. „Die Existenz solcher langsam rotierenden Neutronensterne wurde bereits theoretisch vorhergesagt“, erklärt Hurley-Walker. „Aber keiner hat erwartet, ein solches Objekt direkt detektieren zu können, weil sie als nicht sonderlich strahlungsintensiv galten.“ Dieser Magnetar müsste daher seine magnetische Energie auf besonders effiziente Weise in Radiostrahlung umwandeln. Die Astronomin und ihr Team überwachen die Quelle nun engmaschig, um zu schauen, ob das Objekt wieder aktiv wird. „Wenn es das tut, sind mehrere Teleskope auf der südlichen Hemisphäre bereit, es sofort anzuvisieren“, sagt Hurley-Walker. Sie wird zudem in den Archivdaten des Murchison Widefield Array nach möglichen weiteren Radioquellen dieser Art fahnden. „Mehr Funde könnten uns verraten, ob es sich um ein einmaliges Ereignis handelte oder um den ersten Vertreter einer ganzen Population“, so die Forscherin.

Quelle: Natasha Hurley-Walker (International Centre for Radio Astronomy Research, Bentley) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-021-04272-x

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