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#„Die Impfpflicht ist ein milderes Mittel als die Durchseuchung“

„Die Impfpflicht ist ein milderes Mittel als die Durchseuchung“

Der Bundestag hat am Mittwoch mit der ersten ausführlichen Debatte über eine allgemeine Impfpflicht als Weg aus der Corona-Pandemie begonnen. Als erste Rednerin plädierte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dagmar Schmidt, für eine Impfpflicht ab 18 Jahren. „Die Impfpflicht ist ein milderes Mittel als die Gefährdung der Gesundheit durch Durchseuchung und auch als weitere Einschränkungen, die vor allem Kinder und Jugendliche, aber viele andere mehr treffen mit harten Folgen.“

Eine Alternative sei, die Pandemie laufen zu lassen, sagte Schmidt. „Das führt irgendwann zu einer Grundimmunität. Vorher aber führt es zu vielen Toten, Kranken und Long-Covid-Patienten.“ Die zweite Alternative seien neue Kontaktbeschränkungen und andere Maßnahmen bis hin zum Lockdown. Die dritte Alternative sei eine sehr hohe Impfquote. „Davon sind wir trotz aller Bemühungen noch sehr weit entfernt. Und deswegen brauchen wir für den Weg aus der Pandemie eine allgemeine Impfpflicht.“

Der Antrag auf eine Impflicht für alle Erwachsenen sieht drei Impfungen für alle ab 18 Jahren vor, bei denen keine Gegenanzeigen vorliegen. Ausnahmen sollen von einem Amtsarzt bestätigt werden müssen. Eine weitere Boosterimpfung für Vorerkrankte oder Ältere soll freiwillig bleiben.

„Boostern ohne Ende kann nicht die Option sein“

Die Unionsfraktion will sich keinem Gruppenantrag anschließen, sondern nach der Orientierungsdebatte einen eigenen Antrag einbringen. Das sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), kurz vor der Orientierungsdebatte. In der Debatte äußerte er, es fehle eine Richtungsvorgabe von Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD), deren Verhalten erinnere an ein „Versteckspiel“. Die Union begrüße die Debatte zur Impfpflicht, hätte sich aber gewünscht, dass sie früher geführt worden wäre. Es seien noch zu viele Fragen offen, etwa die nach nachlassendem Impfschutz, so Sorge. „Boostern ohne Ende kann nicht die Option sein.“ Statt das „Ob“ müsse das  „Wie“ der Impfpflicht diskutiert werden, etwa, ob ein Impfregister der richtige Weg sei.

Auch die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Andrea Lindholz (CDU) kritisierte die Ampel-Koalition deutlich. Wegen des Fehlens eines eigenen Gesetzentwurfs warf sie ihr „Arbeitsverweigerung“ vor. „Die Ampel ist in der Frage der Impfpflicht führungs- und orientierungslos.“ Die geplante Vielzahl von unterschiedlichen Anträgen im Parlament zeichne ein Bild der Planlosigkeit und führe zu Verunsicherung in der Bevölkerung.

Die AfD lehnt jede Form einer Impfpflicht ab. Ihr Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla erklärte, Impfstoffe hätten schon eine „fast religiöse Stellung“. „Wer nicht glaubt und von seinem Grundrecht auf Selbstbestimmung Gebrauch macht, wird ausgeschlossen.“ Ein nicht geimpfter, aber gesunder und getesteter Bundestagsabgeordneter dürfe von Donnerstag an nicht mehr den Bundestag betreten, das sei „eine Schande“. Seine Kollegin Alice Weidel sprach in ihrem Beitrag von einer Entscheidung „über die Körper der Bürger“ und einem „Zivilisationsbruch“.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) entgegnete, Chrupalla habe statt sachlicher Argumente nur „wüste Beschimpfungen“ geäußert. „Das war ein Schuss in den Ofen“. Mit Bezug auf die Kritik aus der Union sagte Buschmann, die Orientierungsdebatte sei der Sache angemessen. In Vereinen und Freundeskreisen werde das Thema leidenschaftlich debattiert, dieses Format sorge dafür, dass alle ihre Argumente vortragen könnten. „Es gilt eben nicht die Logik der Macht, sondern die des frei gesprochenen Wortes.“

Ein weiterer Antrag sieht eine Impfpflicht ab 50 und eine verpflichtende Impfberatung ab 18 Jahren vor, Parlamentarier um den FDP-Obmann im Gesundheitsausschuss, Andrew Ullmann, werben für diese Lösung. Ullmann sagte im Bundestag, eine verpflichtende Beratung sei „angemessen, verhältnismäßig und geeignet“ für das wichtige Ziel, eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden. Auch die sächsische Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta trat im Bundestag für diesen Mittelweg ein: Eine Begrenzung der Impfpflicht auf Menschen ab 50 Jahren könne die „gesellschaftlichen Nebenwirkungen“ minimieren.

Die FDP ist in der Frage der Impfpflicht gespalten. Eine Gruppe um den stellvertretenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP) und die ehemalige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg will eine Impfpflicht generell verhindern. Ihr Hauptargument: Eine Impfung, „die nicht zu einer sterilen Immunität führt“, sei verfassungsrechtlich nicht begründbar, so Kubicki. „Ich teile ausdrücklich die Auffassung dass eine Impfung vernünftig ist“, sagte Kubicki in der Orientierungsdebatte. „Trotzdem halte ich die Idee, der Staat lege für alle Bürgerinnen und Bürger fest, was vernünftig ist, zumindest für problematisch.“

Auch Gregor Gysi (Linkspartei) sprach sich gegen eine Impfpflicht aus. Bremen mit seiner linken Gesundheitssenatorin und einer Impfquote von mehr als 86 Prozent zeige, dass man mit Aufklärung viel erreichen könne. Zudem dürfe man Ungeimpfte nicht einsperren: „Das verträgt unsere Gesellschaft nicht.“ Gysi erntete Beifall aus der AfD-Fraktion.

Vor Beginn der Debatte hatten mehrere Hundert Menschen im Berliner Regierungsviertel gegen die Corona-Maßnahmen und eine -Impfpflicht demonstriert. In sozialen Netzwerken war zu der Demonstration mobilisiert worden. Angemeldet waren mehrere Gegendemonstrationen und Kundgebungen. Der Aufzug der in mehreren Gruppen und an unterschiedlichen Orten auftretenden Demonstranten sei weitgehend störungsfrei verlaufen, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei am frühen Nachmittag auf Anfrage. Unter anderem versammelten sich Demonstranten vor dem ARD-Hauptstadtstudio und auf der Straße Unter den Linden auf Höhe der Russischen Botschaft.

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