Wissenschaft

#Raffinierter Nano-Motor entwickelt

Video: So funktioniert der winzige Apparat. © Mathias Centola, Universität Bonn

Er schnappt auf und zieht sich dann immer wieder zusammen: Forscher haben einen Motor aus DNA-Bausteinen hergestellt, der durch einen raffinierten Mechanismus pulsierende Bewegungen vollführen kann. Dabei zieht eine RNA-Polymerase einen DNA-Faden zwischen zwei Teilen einer V-förmigen Federkonstruktion an und lässt das „Zugseil“ dann schlagartig los. Die Konstruktion könnte künftig als Antriebseinheit für den Bau molekularer Maschinen und Roboter zum Einsatz kommen, sagen die Wissenschaftler.

Massive Konstruktionen können Großes und Schweres bewegen – doch für manche technische Anwendungen sind bekanntlich auch sehr kleine Maschinen und Robotik-Systeme nötig. Das Verfeinern der Strukturen hat dabei bereits eine lange Tradition. In den letzten Jahren sind Forscher allerdings in immer extremere Bereiche vorgestoßen: Sie bauen mittlerweile sogar Maschinen und Roboter im Nano-Maßstab. Solche Winzlinge könnten unter anderem medizinische Mission im Körper erfüllen, so die Zukunftsvision. Dieses Thema bildet auch einen Teil der Titel-Geschichte „Die neuen Roboter“ in der November-Ausgabe 2023 von bild der wissenschaft.

Für das Design einiger dieser Nano-Maschinen kommt eine Technik zum Einsatz, die als DNA-Origami bezeichnet wird. Als Baumaterial nutzen die Molekular-Ingenieure dabei die Nukleotide des Erbguts. Durch ihre speziellen Bindungsaktivitäten untereinander lassen sich diese Einheiten bei dem Verfahren zu komplexen Konstruktionen zusammensetzten. So können Gebilde mit bestimmten funktionalen Strukturen und mechanischen Merkmalen aufgebaut werden. Doch um sie zu Maschinen zu machen, hapert es bisher an einem Aspekt: Die Entwicklung von Antriebssystemen hat sich als eine große Herausforderung für die Ingenieurskunst in der Nano-Welt herausgestellt. Eine mögliche Lösung des Problems präsentiert nun das internationale Team unter der Leitung der Universität Bonn: Die Forscher haben mittels der DNA-Origami-Technologie einen Nano-Motor gebaut, der in molekularen Konstruktionen als Antriebseinheit eingebaut werden könnte.

Ein Schnapp-Apparat aus genetischen Modulen

Das nur etwa 60 Nanometer kleine Gebilde besteht aus zwei länglichen Bauteilen, die über ein gekrümmtes Verbindungselement zu einer V-förmigen Struktur verbunden sind. Im entspannten Zustand nimmt diese Federkonstruktion dabei einen bestimmten, vorgegebenen Winkel ein. Um sie unter Spannung zu setzen, haben die Wissenschaftler ein Element der Genetik auf clevere Weise zweckentfremdet: die RNA-Polymerase. Dieses Enzym lagert sich an DNA-Strängen an und wandert dann durch mechanischen Vortrieb an ihnen entlang. Dabei erzeugt sie unter der Verwendung von Nukleotiden aus dem umliegenden Medium eine Abschrift der DNA.

„Wir haben nun eine RNA-Polymerase genommen und an einen der beiden Teile unserer Nano-Maschine geklebt“, erklärt Senior-Autor Michael Famulok von der Universität Bonn. „In direkter Nähe haben wir zudem zwischen den Stücken einen DNA-Faden gespannt. Die Polymerase greift sich dann diesen Faden, um ihn zu kopieren. Dabei zieht sie ihn an sich entlang. Der noch nicht abgeschriebene Teil wird somit immer kürzer. Dadurch bewegt sich das zweite Stück immer stärker auf das erste zu. Auf diese Weise baut sich dann Spannung in der V-förmigen Struktur auf“, erklärt Famulok.

Die Polymerase zieht am Seil und lässt es dann los

Damit sich der Federmechanismus schlagartig entspannen kann, haben die Wissenschaftler ein „Loslass-Element“ in das DNA-Zugseil eingebaut: Kurz vor dem Ende enthält es eine bestimmte Folge von DNA-Bausteinen, auf die die Polymerase reagiert: Trifft sie auf diese sogenannte Terminations-Sequenz, löst sie sich von dem Strang. Damit wird dann die angesammelte Spannungsenergie schlagartig freigesetzt: Die beiden länglichen Elemente des Federmechanismus schnappen auf. Dabei kommt dann die Start-Sequenz des Fadens wieder in die Nähe der Polymerase und der Anspannungsprozess kann erneut beginnen. „Dadurch vollführt unser Nano-Motor eine pulsierende Bewegung“, sagt Erst-Autor Mathias Centola von der Universität Bonn.

Die RNA-Polymerase kann also Arbeit in dem System verrichten – doch woher kommt dabei die Energie? Wie das Team erklärt, stammt sie aus der chemischen „Buchstabensuppe“, aus der die Polymerase die Transkripte herstellt: Die Nukleotide liefern bei ihrem Einbau die Energie für den Vortrieb. Dies beruht darauf, dass jedes dieser Moleküle über drei Phosphatgruppen verfügt, von denen die Polymerase zwei beim Einbau entfernt. Dabei wird Energie frei, die sie für die Verknüpfung des Buchstabens und den Fortschritt nutzt. „Unser Motor verbraucht also Nukleotid-Triphosphate“, sagt Famulok.

Dass das ganze tatsächlich so funktioniert, wie es die Theorie nahelegt, konnte das Team durch Beobachtung einzelner Nano-Motoren mittels Elektronenmikroskopie bestätigen: Die Schnapp-Bewegungen der Einheiten waren eindeutig zu erkennen. Die Forscher konnten auch bereits zeigen, dass sich der Motor mit anderen DNA-Origami-Strukturen koppeln lässt. Somit zeichnet sich nun Potenzial für Antriebe in der Nano-Welt ab: „Langfristig könnte der Motor zum Herzstück komplexer Nano-Maschinen werden. Bis dahin ist aber noch viel Arbeit zu leisten“, sagt Famulok abschließend.

Quelle: Universität Bonn, Fachartikel: Nature Nanotechnology, doi: 10.1038/s41565-023-01516-x

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