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#“Ich bin in Selbstmitleid versunken“



Hinter Niklas Dorsch liegt ein Jahr voller Verletzungen. Der 26-Jährige fiel in ein Loch – und ist wieder da. Was er bewirken will und wer ihn gegen den FC Bayern motiviert.

Zum Start eine Frage, die Sie in den vergangenen zwölf Monaten öfter gehört haben dürften: Wie geht’s, alles gut?

Niklas Dorsch: Ja, endlich. Ich sage gerade immer: Im letzten Jahr haben wir meinen Körper generalsaniert. Jetzt ist er voll einsatzfähig.

Die aktuelle Vorbereitung war die erste, die Sie voll mitmachen konnten. Wird das die erste richtige Niklas-Dorsch-Saison?

Dorsch: Ich hoffe es. Es ist jetzt ein schönes Gefühl, mit einem richtigen Muskelkater nach Hause zu kommen. Ich muss nicht mehr in meinen Körper reinhören, kann ihn voll belasten. Ich habe richtig viel Bock, das Ganze in der Liga jetzt so fortzusetzen.

Woran lag es, dass dem FCA zum Ende der vergangenen Saison die Luft ausgegangen ist?

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Dorsch: Ja, hinten raus war es sehr knapp. Wenn man ehrlich ist, haben wir auch von anderen Vereinen profitiert. In diese Situation wollten wir nie kommen, aber es war so. Gründe dafür gibt es mehrere: Wir hatten einen Umbruch in der Mannschaft, für viele junge Spieler war die Situation am Ende nicht einfach. Es haben sich allgemein viele Fehler eingeschlichen und wir haben – das ist ein großer Punkt gewesen – viele Punkte in der Schlussphase verschenkt.

FC Augsburg Mannschaftsrat 2023 FC Augsburg Mannschaftsrat 2023: (von links) Mads Pedersen, Niklas Dorsch, Sven Michel, Finn Dahmen, Kapitän Ermedin Demirovic und Elvis Rexhbecaj.

Foto: Fc Augsburg

Vor allem die Partie in Wolfsburg dürfte doch so ein Knackpunktspiel gewesen sein: Kurz vor Schluss wurde aus einem 2:0 ein 2:2.

Dorsch: Ja, das macht natürlich etwas mit einer Mannschaft. Diese zwei verlorenen Punkte wären zu diesem Zeitpunkt brutal wichtig gewesen, wir wären schon deutlich näher am Klassenerhalt gewesen. Da fängst du an zu rechnen, zu hadern. Das hat man den Jungs einfach angemerkt.

Sie haben gesagt, dass Sie die Situation in der vergangenen Saison mit den vielen Verletzungen auch psychisch mitgenommen hat. Sie steckten in einem Loch, holten sich psychologische Hilfe. Wie sehen Sie diese Phase heute?

Dorsch: Diese Phase war wirklich nicht einfach. Ich war verletzt, habe alles getan, um schnell zurückzukommen – und habe wieder den nächsten Rückschlag erlitten. Ich wollte unbedingt auf dem Platz stehen und war wieder monatelang raus. Irgendwann habe ich mir gedacht: Wie soll mein Körper das überhaupt noch schaffen? Ich habe an meinem Körper gezweifelt, an meiner Ernährung, meinem Umfeld, an allem. Ich habe in dieser Zeit viel mit meinem Vater gesprochen und ihn auch gefragt: Ich habe mir das Schlüsselbein und zweimal den Mittelfuß gebrochen – was ist denn, wenn der Fuß jetzt das dritte Mal bricht? Ich bin doch erst 25 gewesen zu dem Zeitpunkt. Ich war zu Hause, bin in Selbstmitleid versunken und habe mal gemerkt, wie schnell das alles gehen kann: Wenn du spielst, klopfen dir alle auf die Schulter. Und wenn du raus bist, interessiert sich kein Schwein für dich.

Was hat Ihnen in dieser Phase geholfen?

Dorsch: Vor allem die Gespräche mit meinem Vater und meiner Freundin haben mir gutgetan. Das Wichtigste war mein Umfeld, das mir geholfen hat, wieder klar im Kopf zu werden. Diese Erfahrung war hart, aber sehr wertvoll für mich.

Viele Spieler stehen vor einer ungewissen Situation – ob Berisha, Gouweleeuw, Uduokhai und Iago auch im September noch im Verein sind, ist unklar. Es kann passieren, dass fast die komplette Abwehrkette neu formiert wird. Optimal ist das nicht.

Dorsch: Wie sich das auswirkt, wird man erst nach den ersten Spielen sehen. Wichtig ist, dass die Jungs, die da sind, Bock haben. Und die Defensive ist ja auch eine Aufgabe für die ganze Mannschaft, nicht nur für die Abwehrkette. Ich würde mir wünschen, dass wir es als Mannschaft hinkriegen, dass wir defensiv so stabil stehen, dass jeder Gegner das Gefühl hat: Dass gegen uns ein Tor fällt, dafür muss schon einiges passieren. Offensiv haben wir eine enorme Qualität, da kann immer mal ein Schuss reingehen, aber unser Anspruch muss es sein, so stabil zu stehen. Das fängt ganz vorne an, nicht nur bei der Abwehrreihe.

Zugleich wäre es aber dennoch gut, wenn die Spieler, die jetzt da sind, auch Mitte September noch für den FCA spielen würden.

Dorsch: Vielleicht sind die dann ja auch noch hier. Es ist ohnehin noch unklar, wie die Startelf aussieht, wir haben hier mittlerweile einen brutalen Konkurrenzkampf. Das ist neu und wertvoll, es bringt jeden an sein Limit.

Für Trainer Maaßen ist es die zweite Bundesliga-Saison. Was hat sich bei ihm geändert, mit der Erfahrung eines Bundesliga-Jahres?

Dorsch: Unser Coach geht unglaublich akribisch an die Arbeit heran. Ich glaube, er war gar nicht im Urlaub. Auch er sucht immer nach der noch besseren Lösung, ist nie zufrieden. Ich mag das, so bin ich auch. Ganz konkret ist er vielleicht von seiner Ansprache her noch etwas deutlicher geworden. Er zeigt noch deutlicher, dass er der Chef ist. Wir haben ein paar Jungs in der Mannschaft – und da zähle ich mich auch dazu – die ab und zu ihr Fett weg brauchen und eine deutliche Ansage vertragen können. Das ändert nichts daran, dass wir ein super Verhältnis mit ihm haben.

In der Jugend des FC Bayern führte Dorsch den FCB als Kapitän aufs Feld.

Foto: Ralf Lienert

Sie sind beim FC Bayern ausgebildet worden – eine richtige Chance haben Sie aber nie bekommen. Tut das noch weh?

Dorsch: Der einzige Trainer, bei dem ich wirklich eine Chance bekommen habe, war Jupp Heynckes. Das war in der Phase, als er nochmal ein letztes Mal ausgeholfen hat nach dem Ancelotti-Aus. Alle anderen Trainer müssen sich beweisen, sofortigen Erfolg haben – und dann wagst du eben keine Experimente, setzt die vielen Weltklassespieler im Kader ein. Heynckes war das egal, er hat gesagt: Du hast gut trainiert, also spielst du am Wochenende. Nach meinem einzigen Einsatz habe ich dann im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid auf der Bank gesessen. Das war ein Traum, der auf einmal so greifbar war. Ich dachte mir: Hey, Leistung wird ja doch belohnt. Letztlich war es aber dann doch klar, dass mein Weg bei den Bayern nicht weitergeht. Mein Vertrag lief aus, ich bin zu Heidenheim und konnte spielen, das ist das Wichtigste gewesen.

Aber gibt es speziell bei den Spielen gegen die Bayern nicht den Impuls, zu zeigen: Ihr habt euch in mir getäuscht?

Dorsch: Zu 100 Prozent! Ich bin natürlich in jedem Spiel motiviert. Aber wenn ich vom Spielfeld aus Hasan Salihamidzic auf der Bayern-Bank gesehen habe, der ja damals die Entscheidung über meine Bayern-Zukunft getroffen hat – da habe ich mir gesagt: Jetzt erst recht. Und mit dem FCA haben wir ja auch mein erstes Spiel gegen die Bayern gewonnen, es waren immer hitzige Duelle.

Sie haben beim DFB ab der U15 alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen. Ist es denn so, dass alles zu technisch, zu sehr nach Systemen ausgerichtet ist und die Individualität auf der Strecke bleibt?

Dorsch: Das ist auch ein Punkt. Aber was mich am meisten beschäftigt, ist die Emotionalität. Jeder Spieler kann irgendwie jede Position spielen, ist taktisch perfekt geschult. Aber wenn ich an meine Zeit bei der U21 mit Trainer Stefan Kuntz denke: Da war eigentlich klar, dass wir individuell nicht die beste Mannschaft waren. Aber wir haben uns vor jedem Spiel so gepusht. Wir haben uns so heiß gemacht, dass wir am liebsten schon im Hotel losgelegt hätten. Ich würde mir wünschen, dass es wieder in diese Richtung geht und nicht nur darum, welche Formation man spielt und was der Gegner macht. Es muss darum gehen: Wer hat richtig Bock, für sein Land zu spielen? Wer hat das Feuer in den Augen?

Das ganze Gespräch mit Niklas Dorsch gibt es hier zum Nachhören:

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