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#Ronya Othmann über Applaus von der falschen Seite

Man weiß schon gar nicht mehr, wie man in diesen Text reinkommen soll. Mit der Stimme der Mahnerin, wehret den Anfängen. Aber das sind ja ganz schön lange Anfänge: Der NSU mordete schließlich schon 2000, davor waren die Anschläge in Mölln und Solingen und davor die Wehrsportgruppe Hoffmann. Und die AfD feierte ja diesen Februar auch schon zehnjähriges Jubiläum. Und wenn das nur der Anfang sein soll, ist es nicht schon schlimm genug?

Mit der Stimme der Empörten, ja, klar ist man empört. Aber wird die Empörung zur Routine, nutzt sie sich ab. Man bezieht Position, bekennt Farbe, wie es immer so schön heißt, aber wem will man was beweisen. Also bleibt nur noch der Spott. Dem Spott allerdings haftet ein wenig der Vorwurf an, man würde die Sache nicht so ernst nehmen. Das ist allerdings ein Missverständnis. Sieht man sich diese Rechten an, von Terror-Rechten wie Zschäpe (auch bekannt als Diddelmaus) über Schnellroda-Rechten (auch bekannt als Nazis mit Bücherregalen), bis zu Partei-Rechten (von Storch und andere Vögel), dann sind es doch ziemliche Witzfiguren, obgleich gefährlich. Ein wenig vom Typus Horror-Clown. Obwohl sie sich dafür nicht einmal verkleiden müssen.

Es wird zu Unrecht geschwiegen

So richtig gruselig wird es aber erst mit der bröckelnden Brandmauer, den fehlenden Ermittlungen, den geschredderten Akten, den wegschauenden Mitbürgern. Und weil das Lachen einem im Hals stecken bleibt und der Spott sich ein wenig so anhört wie ein trockener Husten, bleibt einem nur noch die heisere Stimme der Ratlosigkeit. Angesichts dieses gesamtdeutschen und andere Teile der Welt ergreifenden Rechtsrucks hört man oft den gut gemeinten Ratschlag, dieses oder jenes nicht zu thematisieren, das könne den Falschen in die Hände spielen. Fragwürdig aber, ob dieses Mittel wirksam ist oder, im Gegenteil, nicht ein Einknicken, eine Anpassung des Diskurses an das rechte Klima – wie man so sagt. Hat man nicht schon längst verloren, wenn man die öffentliche Debatte nur noch als Taktikspiel begreift, nicht mehr als demokratischen Diskurs, als Austausch von Argumenten? Warum sollte man sich auch von der Angst vor dem Applaus von der falschen Seite in die Debatte reindiktieren lassen? Wenn man doch weiß, dass die Rechten das gezielt als Instrument einsetzen.

(In den vergangenen Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass man, schreibt man etwa über Islamismus, schon mal Applaus von der falschen Seite – also von rechts – bekommt und dass dieser dann von anderer Seite auch gegen einen verwendet wird, um einen zu diskreditieren: Da klatschen die falschen Leute, da kann es ja nur falsch sein. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass der Applaus von rechts wieder verstummt, wenn man sie merken lässt, dass es nichts zu holen gibt.)

Ein frommer Wunsch

Vor ein paar Tagen war zu lesen, das LWL-Museum Zeche Zollern in Dortmund hätte seine Ausstellung „Das ist kolonial“ Samstagvormittag vier Stunden ausschließlich für „Black, Indegenous and People of Colour“ reserviert. Das Ganze sei – so heißt es auf der Website des Museums – als Safer Space gedacht, als „Raum, in dem sich Menschen, die von Rassismus betroffen sind, vor weiteren (auch unbewussten) Diskriminierungen schützen können“. In den sozialen Medien, auch das war zu lesen, war das Museum von rechter Seite dann mit wütenden Kommentaren überzogen worden. Daraufhin wurde der Staatsschutz eingeschaltet.

Nun könnte man hier über Sinn und Unsinn solcher Safer Spaces diskutieren, sich fragen, wer denn mit diesem aus dem US-amerikanischen Diskurs importierten Begriff „BIPoc“ eigentlich gemeint sei? Man könnte auch fragen, wie denn in diesem Kontext das Osmanische Reich zu verstehen sei, das selbst schwarze Sklaven verschleppte? Oder wie man auf die Idee kommt, dass man nur die Weißen aussperren muss, damit ein Raum diskriminierungsfrei wird? Wo doch die sogenannte BIPoc-Community eben keine homogene Gruppe ist und es auch in dieser nicht homogenen Gruppe Rassismen gibt, man denke an den antischwarzen, den antikurdischen, anti­armenischen Rassismus. Wo doch die Grauen Wölfe eine der größten rechtsextremen Gruppierungen Deutschlands ist, und das ist ja nur ein Extrembeispiel.

Nun sieht man aber vor dem Museum Polizisten stehen. Und in Berlin-Mitte sieht man türkische Männer mit Nazi-Tattoos (Runen und Wölfe). Und im Spreewald sieht man deutsche Männer mit Nazi-Tattoos (Runen und schwarze Sonnen). Und man weiß nicht mehr, wie man aus diesem Text rauskommen soll. Außer mit dem frommen Wunsch, dass es doch vielleicht eine Art von Safe Space bräuchte, in dem man sich bewegen kann, ohne Angst, beleidigt zu werden oder gar auf die Mütze zu kriegen. In dem ein Politiker, der Erdogan kritisiert, wieder ohne Sorge ins Taxi steigen kann. In dem keine Läden mehr mit rassistischen Beleidigungen beschmiert werden; Lehrer, die rechtsextreme Vorfälle anprangern, nicht mehr die Stadt verlassen müssen. Und in dem man auch wieder debattieren kann, ohne dass ständig von rechter Seite reinkrakeelt wird.

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