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#Sachverständiger empfiehlt Sicherungsverwahrung für Stephan E.

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Sachverständiger empfiehlt Sicherungsverwahrung für Stephan E.

Im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hält der vom Gericht bestellte Psychiater den Hauptangeklagten Stephan E. für schuldfähig und empfiehlt, eine Sicherungsverwahrung anzuordnen. Der Angeklagte habe einen Hang, schwere Gewalttaten zu begehen, das gelte unabhängig davon, welcher der von ihm verbreiteten Tatversionen das Gericht folge. Eine Abkehr von der „tief eingeschliffenen“ Ausländerfeindlichkeit und der Bereitschaft, Straftaten zu begehen, sei nicht erkennbar.

Marlene Grunert

Bei der Sicherungsverwahrung handelt es sich um eine Rechtsfolge-Entscheidung, über die das Gericht am Ende des Verfahrens zu entscheiden hat. Wenn eine Gesamtwürdigung ergibt, dass ein Täter zum Zeitpunkt der Verurteilung eine Gefahr für die Allgemeinheit ist, müssen die Richter eine Sicherungsverwahrung anordnen; ein Ermessen steht ihnen dann nicht zu. Zu lebenslanger Freiheitsstrafe werden in Deutschland laut Kriminologischer Zentralstelle jährlich etwa 100 Menschen verurteilt; 45 Anordnungen zur Sicherungsverwahrung gab es im Jahr 2018.

Die Bereitschaft, schwere Straftaten zu begehen, zeigte sich bei Stephan E. schon in dessen Jugend. Als er 15 Jahre alt war, zündete er ein von Türken bewohntes Mehrfamilienhaus an. Mit 19 stach er einen türkischen Iman auf einer Bahnhofstoilette nieder. Ein Jahr später baute der Angeklagte eine Rohrbombe und deponierte sie in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft; im Gefängnis schlug er mit einem abgebrochenen Stuhlbein auf einen ausländischen Mitgefangenen ein. Eine Abkehr von der rassistisch motivierten Gewaltbereitschaft hat der Psychiater Norbert Leygraf nicht festgestellt – trotz aller Beteuerungen des Angeklagten.

Leygraf hatte neun Stunden lang mit Stephan E. gesprochen und ihn im Gerichtssaal beobachtet. Immer wieder hatte E. dort Phasen eines vermeintlichen Gesinnungswandels beschrieben. Auf den Gutachter wirkten diese Angaben jedoch weder glaubhaft noch plausibel. Zum einen illustrierten die begangenen Straftaten selbst eine Kontinuität, so Leygraf. Im Mord an Walter Lübcke – eine Verurteilung vorausgesetzt – komme das zum Ausdruck. E. selbst hatte angegeben, den Politiker wegen dessen liberaler Haltung in der Flüchtlingspolitik erschossen zu haben. Sollte E. auch den Iraker Ahmed I. niedergestochen haben, wie es ihm die Bundesanwaltschaft vorwirft, wäre das ein weiterer Beleg. Ein in der Jugend etabliertes Wertesystem entwickle sich zudem häufig zu einem festen Bestandteil der Persönlichkeit, so der Sachverständige.

Dass E. zwischenzeitlich nicht mehr in der rechtsextremen, gewaltbereiten Szene, sondern „allenfalls bei AfD oder Pegida“  aktiv gewesen sei, hält Leygraf für einen Ausdruck von „Zweispurigkeit“. Äußerlich habe E. bis zu seiner Verhaftung ein bürgerliches Leben geführt, mit Familie, Haus und fester Arbeit. Zugleich sei er eine Person mit zutiefst rechtsradikalen Ansichten geblieben, die sich in Vorbereitung auf einen angeblich bevorstehenden Bürgerkrieg ein Waffenlager zulegte.

Zweifel an Reue

Der Sachverständige stellte klar, dass der Mord an Walter Lübcke nicht mit psychosozialen äußeren Faktoren zusammenhänge. Ausschlaggebend seien allein E.s persönliche Überzeugung gewesen. Der Angeklagte hatte mehrmals hervorgehoben, die rassistische Grundhaltung von seinem alkoholabhängigen und gewaltbereiten Vater übernommen zu haben.

Auch an der Reue, die E. zuletzt gegenüber der Witwe des Ermordeten äußerte, hat der Psychiater Zweifel. Er beschreibt den Angeklagten als einen „kühlen“ und „kontrollierten“ Menschen, der seine Worte bewusst wähle, nicht „offen“ sondern „final“ antworte, auf die Wirkung seines Ausdrucks bedacht. „Die Dramatik seiner Worte stehen für mich im Gegensatz zu geringer affektiver Beteiligung“, so Leygraf. Dass eine direkte Konfrontation mit der Witwe „etwas in Bewegung“ setze, könne er sich durchaus vorstellen. Im Übrigen sei ihm der Angeklagte in den wenigen und kurzen emotionalen Momenten vorgekommen wie „an- und ausgeknipst“.

Es hatte am Donnerstag einige Zeit gedauert, bis der Gutachter beginnen konnte. E.s Anwalt hatte angegeben, sein Mandant habe Kopfschmerzen, konzentrieren könne er sich auch nicht – mit anderen Worten: Er sei verhandlungsunfähig. Corona könne es auch sein, hatte Mustafa Kaplan hinterhergeschoben, eine ärztliche Untersuchung ergab aber weder darauf Hinweise noch auf eine sonstige Verhandlungsunfähigkeit.

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