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#Schillernder Apfel, unweit vom Stamm

Man wird dem Maler Johannes Heisig nicht zu nahe treten, wenn man feststellt, im Berliner Paul-Löbe-Haus gleich neben dem Parlament im Reichstag hänge in der Galerie der Bundestagspräsidenten sein bekanntestes Werk. Wolfgang Thierse, nur zehn Jahre vor Heisig 1943 geboren, sitzt darauf in einem Stuhl dynamisch schräg in der Bilddiagonale. Der aufgerissene blassrote Raum an den Seiten scheint sich wie ein Ehrenvorhang in barocker Manier aufzurollen und rahmt das Porträt bilateral.

Obwohl Heisig in der Gesichtszeichnung unverkennbar in einer starken Familientradition expressiver Figürlichkeit steht – sein Großvater Walter, der Vater Bernhard und sein Bruder Walter Eisler waren ebenfalls schon Maler und sein Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst tat ein Übriges –, erweist sich im aufblitzenden Weiß der Leinwand neben Verlaufsspuren und gestischen, vielfach übermalten Pinselschlägen doch die absolute Zeitgenossenschaft des Bildes. Heisig macht das Staatsporträt zu einem persönlichen Anliegen. Zudem scheinen alle Formen des Bildes zu tanzen.

Der wilde Punk-Schlagzeuger trommelt den Mauerfall hervor

Auch alle Teile von Heisigs Triptychon „BeBerlin oder die einende Kraft der Musik“ lassen dieses unablässige Vibrieren eines treibenden Sounds der Pinselstriche spüren. In den Jahren 2009 bis 2011 entstanden, ist es die direkteste Übersetzung eines persönlich eingefärbten Rhythmus der Geschichte in Farbe, die sich auf Leinwand denken lässt. Der Volkspolizist auf der rechten Seite mit seinem im Stile Francis Bacons in Farb-Säure aufgelösten Gesicht steht so instabil wie die Todesmauer hinter ihm. Auf deren Beton baumeln die Beine der friedlichen Revolutionäre, in Jeans natürlich, als lebhafter Kontrast zum fahltoten Giftgrün der Uniform.

Die Figuren treten extrem pastos aus Bildgrund und Geschichte hervor, das Lagerfeuer könnte auch von Anselm Kiefer gemalt sein: Johannes Heisigs „Ausblick“, 2021/22, Öl auf Leinwand, 170 mal 210 Zentimeter


Die Figuren treten extrem pastos aus Bildgrund und Geschichte hervor, das Lagerfeuer könnte auch von Anselm Kiefer gemalt sein: Johannes Heisigs „Ausblick“, 2021/22, Öl auf Leinwand, 170 mal 210 Zentimeter
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Bild: Die Galerie

Während sich links ein altes, fast aus den Angeln gehendes Sprossenfenster für einen Flüchtenden öffnet, schlägt im Zentrum ein nackter Gasmaskenbewehrter mit Rot-Kreuz-Fahne über dem Schoß wie wild auf das einzige Becken eines Schlagzeugs ein – vor dem Trümmerfeld der DDR und unter den wachen Blicken der Engel der Geschichte, Heiner Müller und Gottfried Benn. Hätten sich Otto Dix, George Grosz und Hendrick Goltzius in den Röhrenden Zwanzigern zusammengetan, um das Mirakel des Mauerfalls, das über die Bande gemalt ja Glutkern dieses Triptychons aus der Rückschau ist, allegorisch zu fassen – es wäre vermutlich ein ähnliches Schlüsselwerk herausgekommen.

Heute wird der Voll- und Herzblutmaler Johannes Heisig als Vertreter einer anderen, punkigeren Version der Leipziger Schule siebzig Jahre alt.

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