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#Popsängerin Tracey Thorn und ihr neues Buch „Ein anderer Planet“

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Popsängerin Tracey Thorn und ihr neues Buch „Ein anderer Planet“

Ein junges Mädchen führt Tagebuch. Und schreibt darin auf, was nicht passiert. Sie kauft sich keine neuen Jeans. Sie küsst den Jungen nicht, in den sie verknallt ist. Es läuft nichts Interessantes im Fernsehen. Von der Schule ganz zu schweigen. Und trotzdem schreibt das Mädchen, Tracey Thorn heißt es und wird eines Tages eine einflussreiche Künstlerin werden, genau mit.

Es ist das England der siebziger Jahre, Tracey lebt in der Grafschaft Hertfordshire, in Brookmans Park, nah genug, dass die Leute zum Arbeiten nach London pendeln können, aber auch schon wieder zu weit weg: ein Dazwischen, nicht hier, nicht dort. Wie ein Teenager, letztlich. Damit Tracey weiß, wo sie ist, aber eben auch nicht ist, sind auf den vorderen Seiten ihrer Notizbücher Karten der großen Hauptstadt gedruckt. In die sie bald ziehen wird. Aber jetzt ist noch Brookmans Park. Und London – ein anderer Planet.

So heißt auch das neue Buch von Tracey Thorn: „Ein anderer Planet“. Es liest sich wie eine Landvermessung im Stil des momentan so beliebten „Nature Writings“, essayistisches Schreiben, das Mensch, Landschaft, Baum, Strauch und Tier ins Verhältnis zueinander setzt. Andererseits wirkt Thorns kurzes Buch aber wie eine englische Variante der berühmten „Rückkehr nach Reims“ des französischen Soziologen Didier Eribon. Nur versöhnlicher, unterhaltsamer, unideologischer, ohne es dabei aber weniger ernst zu meinen mit der Selbstanalyse.

Hier reist eine Frau von Mitte fünfzig, Angehörige der urbanen, intellektuellen Elite, heim an jenen Ort in der Provinz, den sie als junges Mädchen lieber heute als morgen hinter sich lassen wollte. Und reist zugleich zurück in der Zeit, sieht ihre Eltern und älteren Geschwister in der Konstellation der britischen Nachkriegsgeschichte, sieht sich selbst und ihren eigenen Aufbruch, ausgelöst durch die Punkbewegung Mitte der siebziger Jahre.

Thorn mildert die Konflikte dabei nicht nachträglich ab. „Ein anderer Planet“ ist ein Buch über Ort, Klasse und Gender, meidet aber solche großen Begriffe, sucht lieber nach Szenen, verdichtet Erkenntnis in Anekdoten: „In diesem Land verrät alles, auch der Vorgarten, welcher Gesellschaftsschicht man angehört“, schreibt sie einmal. „Es gibt einen vornehmen englischen Stil: mehrjährige Sträucher, Pflanzen, die angebunden werden müssen und über Stöcke und Stangen klettern, sich ranken und ausbreiten.“ Über eine Nachbarin ihrer Eltern wurde hinter deren Rücken getuschelt, die sei ja „so eine mit zu vielen Einjährigen im Vorgarten“. Also: oberflächlich. Nicht verwurzelt genug. Zugezogen.

In der Welt von Brookmans Park gelten Regeln, wie sie in einem Gesellschaftsroman von Proust nicht härter wirken würden, und ist der Ort auch noch so klein, so gibt es dort doch trotzdem eine gute und eine schlechte Gegend. „Anzustreben waren Anonymität und Unauffälligkeit, immer in der Hoffnung, dass solcherart Zurückhaltung auch diskret anerkannt und belohnt werden würde. Dies waren durch und durch vorstädtische Werte. Enthaltsamkeit und Pietät definierten die Vorstadt.“

Faschismusverdacht hinter jedem Strauch

Die junge Tracey vermutete den Faschismus hinter jedem Strauch von Brookmans Park, egal ob einjährig oder mehrjährig, und wollte alles andere als das haben, was ihre Eltern wollten und hatten. Die Tracey Thorn von heute twitterte im Oktober, wie sie ihren Garten winterfest machte. Beim Videointerview meldete sie sich jetzt aus ihrem Londoner Haus in Camden, im Hintergrund waren die Blumentöpfe säuberlich aufgereiht. „Je älter man wird“, sagt sie, „desto mehr arbeitet man sich durch sein Zeug, desto besser kann man seinen Frieden damit schließen: Darum geht es auch in diesem Buch: Frieden zu schließen.“ Auch mit der eigenen Rebellion.

„Ein anderer Planet“ ist schon das dritte von inzwischen vier Büchern, die Tracey Thorn seit 2013 geschrieben hat – nach einer erfolgreichen Karriere als Sängerin der Popgruppe Everything But The Girl. Eine Karriere, die Thorn auf dem Höhepunkt unterbrochen hatte, kurz vor der Jahrtausendwende, um mit ihrem Mann und Band-Partner Ben Watt eine Familie zu gründen. Und um herauszufinden, was jetzt noch folgen könnte: eine Frage, die sie sich in Form eines langen Textes selbst beantwortete, den sie erst einmal für sich selbst schrieb.

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