Nachrichten

#Sie wollen, dass die Ukraine aufgibt

Wer früher den Wehrdienst verweigerte, musste sich vom Kreiswehrersatzamt viele Fragen gefallen lassen. Die fieseste war: Man habe ja angegeben, keine Waffe in die Hand zu nehmen. Aber was, wenn jemand die eigenen Eltern bedrohen würde und man verhindern könnte, dass sie sterben? Würde man auch dann nicht schießen?

Oliver Georgi

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Generationen von Kriegsdienstverweigerern haben auf diese Fangfrage geantwortet: Nein, würde ich nicht. Das war natürlich eine Lüge. Aber man wollte ja nicht wegen eines einzigen falschen Satzes doch noch durch den Schlamm robben müssen.

Es gibt aber Menschen, glühende Pazifisten, die so einen Satz im Brustton der Überzeugung sagen, selbst jetzt noch, da Putin die Ukraine brutal überfallen hat. In keinem anderen europäischen Land gibt es so viele davon, das hat mit Deutschlands Geschichte zu tun. Nirgendwo wird so erbittert über Waffenlieferungen gestritten. Sollte die lang erwartete Gegenoffensive der Ukrainer scheitern und Kiew weiteres Material aus dem Westen brauchen, um nicht von den Russen überrannt zu werden, dann könnten diese Stimmen noch lauter werden.

Seht her, könnten sie sagen, wir haben es immer gewusst: All das militärische Gerät hat der Ukraine nicht geholfen, im Gegenteil. Es hat das Leiden aller Beteiligten nur verlängert. Warum also sollten wir noch mehr Waffen schicken?

Olaf Müller zum Beispiel denkt so, ein Philosophieprofessor aus Berlin, der letztes Jahr ein Buch zur „Verteidigung des Pazifismus“ veröffentlicht hat. Er findet: Der Westen hätte der Ukraine überhaupt keine Waffen liefern sollen, nicht einen Schuss Munition, schon wegen der Atomkriegsgefahr.

Er tue sich schwer mit dieser Haltung, sagt Müller, weil er wisse, wie schuldig er sich damit an den Ukrainern mache. Aber wenn Putins Truppen einfach durchmarschiert wären nach Kiew, wenn die Ukrainer die weiße Fahne gehisst und sich ergeben hätten, dann wäre vielleicht kein einziger Mensch gestorben, glaubt er: „Der Klügere gibt nach.“ Müller, ein freundlicher Mann, sagt solche Sätze ohne zu stocken, weil er offenkundig aufrichtig an sie glaubt.

Und was ist mit den brutalen Vergewaltigungen, den nach Russland verschleppten Kindern, den Massakern wie in Butscha, dem Völkermord? Soll man sich da auch wegducken und einfach hoffen, dass sie schnell vorbeigehen? Hauptsache, man schießt nicht zurück?

Der Krieg, sagt Müller, bringe eben das Schlimmste in den Menschen hervor. Aber wenn die Ukrainer sich gleich ergeben hätten, wäre ihnen das Meiste davon erspart geblieben, davon ist er überzeugt. „Viele halten das für naiv, aber ich glaube daran: Wem keine Gegenwehr entgegenschlägt, der schießt nicht so ohne weiteres auf Menschen. Das ist etwas ganz anderes als im Krieg.“

Den Feind solange gewähren lassen, bis er mürbe ist

Müller erzählt dann gern die Geschichte der Bewohner der ukrainischen Stadt Slawuwytsch. Im März 2022 demon­strierten sie gewaltfrei gegen die Einnahme ihrer Stadt durch die Russen und ließen diese sogar ihre Häuser nach Waffen durchsuchen. Damit, zu dem Schluss kam zumindest eine Studie des „International Catalan Institute for Peace“ (ICIP), erreichten sie angeblich, dass die Russen den Bürgermeister wieder freiließen und nach ein paar Tagen wieder aus der Stadt abzogen. Unabhängig überprüfen lässt sich all das nicht, aber für Müller ist es trotzdem Beleg genug, dass gewaltloser Widerstand viel entwaffnender sei als jede Haubitze.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!